Pirmasens Verschmitzt und virtuos

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Das sind schon aufreizend klangverliebte Gesellen, diese „Lords Of The Chords“ um den Pirmasenser Bezirkskantor Maurice Antoine Croissant, die am Samstag in der gut besetzten Johanneskirche mit ihrem A-cappella-Programm „Heimat und Fremde – Von Jungfrauen, Jägern und schwedischen Blaubeeren“ das Publikum begeisterten.

Man hatte ja schon beinahe vergessen, was für ein verschmitzt-virtuoses Ensemble mit Jochen Patscheke (Altus) Daniel Schreiber (Altus, Tenor) Maurice Croissant (Altus, Tenor), Henning Jensen (Tenor, Bariton), Florian Schmitt (Tenor), Tobias Brommann (Bariton) Christoph Drescher, (Bariton, Bass) Marcus Stäbler ( Bass) und Joe Roesler (Bass) auch ohne den zehnten Mann Frederik Diehl da zu Werke geht. Das letzte Mal war es 2011, dass die „Lords Of The Chords“ in Pirmasens gesungen hatten. Das Ensemble gründete sich im Januar 2004 in Bad Bergzabern in Anlehnung an das große Vorbild, die britischen „King`s Singers“. Wie diese schreiten auch die „Lords Of The Chords“ mit ihrem Repertoire munter durch die Jahrhunderte und Stile und sind mit einem traumhaft sicheren Gespür für wirkungsvolle Vorlagen und Chor-Sätze gesegnet. Das darf man nicht mit Beliebigkeit verwechseln, wenn sich Heinrich Isaacs „Innsbruck, ich muss dich lassen“ aus dem 15. Jahrhundert neben Silchers „Ännchen von Tharau“ aus dem 19. Jahrhundert, Bernd Engelbrechts Bearbeitung von „Ein Jäger längs dem Weiher ging (Lauf, Jäger Lauf)“ aus den 80er Jahren, Liedern aus Schweden, Finnland, dem Baskenland, Frankreich Brasilien oder England finden und auch vor Freddy Quinns Heimweh-Schlager „Junge komm bald wieder“, im Satz von Friedrich Buck, nicht halt macht. Nicht zu reden von der dritten und letzten Zugabe, das katholische Vaterunser „Notre Père“ von Maurice Duruflé – musikalische Ökumene, sozusagen. Die „Lords OF The Chords“ sind stets auf der Suche nach den klangvollsten und – mit großer Lust – herausforderndsten Stücken und Arrangements. Unüberhörbar sitzt den „Herren der Akkorde“ stets auch der Schalk im Nacken. Immerhin ist das Programm „Heimat und Fremde“ die musikalisch Reise eines jungen Liebhabers durch Länder, Zeiten und Stile, Herzschmerz und Liebe. Einerseits. Andererseits sind es aber hochpräzise, bestens aufeinander eingestellte Sänger, die vom tiefsten Bass bis zum engelsgleichen Altus (der von Männern gesungenen weiblichen Alt- oder Sopran-Lage) Resonanzen und Reibungen finden, im Tempo und Rhythmus ohne Fehl und in den Einsätzen messerscharf auf dem Punkt – ohne Stütze durch Schlagwerk oder Dirigenten. Das ist schlechthin großartig. Rechnet man dann noch die Komplikationen hinzu, die sich aus den Texten in Schwedisch, Finnisch, Baskisch, Französisch und Englisch ergeben, ahnt man, was gemeint ist. Als Beispiel mag „Ein Jäger längs dem Weiher ging“ dienen, das – im selben Arrangement – der ein oder andere noch von „Man(n) singt“ bei der letztjährigen Pirmasenser Fabrikmusik im Neufferanum im Ohr hatte. Der Satz des ehemals aufmüpfigen Volksliedes ist nun eng geführt, voller Reibungen und querständiger Intervalle, die rhythmische Gestaltung so bildhaft wie widerborstig. Die gewiss großartige Wiedergabe von „Man(n) singt“ verblasst indes vor der Noblesse der „Lords Of The Chords“, die mit einer geradezu lässigen Nonchalance ein listiges Virtuosen-Stückchen ohne Schaut-her-Attitüde gestalten. Schade, dass man dieses großartige Ensemble nur so selten in Pirmasens hören kann.

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