Pirmasens „Wir sind eine Band ohne Rumgezicke“
„Völlig losgelöst“ war seinerzeit nicht nur Major Tom in dem NDW-Hit, sondern am Samstag auch die Band „Saftwerk“, die im Dahner Kurpark unter anderem eben diesen Klassiker von Peter Schilling zum Besten gaben. Bei ihrem Jubiläumskonzert – seit stolzen 20 Jahren gibt es die Formation um den Sänger Markus Eisel – ließen sich rund 3000 Besucher gerne anstecken von der Lockerheit und Frische, mit der die Formation das Gelände rockte. Über 20 Jahre „Saftwerk“ sprach unser Redakteur Christian Hanelt mit Markus Eisel.
Ja, das ist für eine Rockband schon eine lange Zeit. Wir haben einen sehr guten Weg gefunden für unser Miteinander, das wirklich sehr freundschaftlich ist. Wir haben voreinander viel Vertrauen und Respekt, bei allem Flachs, der permanent blüht. Wir haben natürlich immer auch genug Pausen voneinander. Wir sind auch nicht immer einer Meinung, aber wir sprechen über alles und gehen offen und ehrlich miteinander um. Wie kamen Sie vor 20 Jahren auf die Idee, diese Band zu gründen? Am Anfang wollte ich mit einem Kollegen ein Duo mit Piano und Gitarre machen. Wir haben zweimal geprobt und gemerkt, dass uns etwas fehlt. Wir haben dann einige Kollegen aus der Szene gefragt, ob sie mit uns eine Band gründen. Deutsche Musik zu spielen, war von Anfang klar. Warum machen Sie überhaupt Musik? Musik mache ich mein Leben lang. Ich bin mit Musik aufgewachsen, mein Vater war ein toller Pianist und spielte auch viele Jahrzehnte die Kirchenorgel. Schon als Kind habe ich Klavier gelernt und später etwas traurige Versuche an der Posaune absolviert. Musik ist für mich etwas wundervolles und ein Privileg. Und als kleiner Nebeneffekt ist es schon unglaublich, was man so alles sieht und erleben darf. Musik gibt mir unheimlich viel Kraft und ist eine Lebenseinstellung. Und warum gerade Deutsch-Rock? Das war und ist einfach eine Marktlücke, denn das Verwunderliche ist ja: Wir leben in Deutschland und es macht keiner Deutsch-Rock. Oft wird diese Musik sogar belächelt. Viele Bands nehmen mal einen deutschen Hit im Programm auf – aber das war es dann auch. Den Mut, diese Nische zu besetzen, haben die wenigsten. Was ist das Besondere an „Saftwerk“? Wir sind vor allem eins: Eine Band ohne Rumgezicke und Gemachs. Wir wissen, was wir aneinander haben und sind auch für die Veranstalter eine unheimlich einfache und entspannte Band. Und so sind wir dann auch im Umgang mit dem Publikum. Wir wollen einfach Spaß haben und den mit dem Publikum teilen. Wie sind Sie eigentlich auf diesen Bandnamen gekommen? Wir haben damals viele Wochen ziemlich viele bekloppte Ideen gehabt. Es gab eine Liste, die nicht enden wollte und nicht besser wurde. Der Bandname war eine Erfindung unseres damaligen Drummers Jürgen Schädler. Eines Abends hat er es in einer Probe einfach vorgeschlagen. Die Affinität zum Deutsch-Rock durch „Kraftwerk“ war gegeben und der Name war geboren. Welche Band, welcher Musiker ist Ihr persönlicher Favorit? Natürlich ist Herbert Grönemeyer mein Favorit. Ich mag aber sehr viel. Rio Reiser, Cro, „Fanta 4“, „Rammstein“, „Ärzte“, „Hosen“… Im Englischen bin ich eher der Classic-Rock-Fan: „Deep Purple“, „Whitesnake“, „Rainbow“, „Queen“, „Supertramp“ oder Manfred Mann. Bei englischen Songtexten kann man leichter über Unsinn oder Plattheiten hinweghören. Bei deutschen Texten geht das kaum und deshalb ist schnell die Schubladen „Gut“ oder „Schlecht“ aufgezogen. Teilen Sie diese Ansicht und ist es deshalb nicht besonders schwer, ein Programm zu erarbeiten? Das ist eine gute Frage. Im Englischen gibt es ganz viele Songs, die unterstes Schlagerniveau haben, aber vom Publikum als solches nicht wahrgenommen werden. Wenn man im Deutschen singt „Ich liebe Dich immer noch“ ist es kitschig. Wenn man das Gleiche im Englischen „I’m Still Lovin’ You“ singt, dann ist es Classic-Rock. Prinzipiell haben wir uns irgendwann dazu entschieden, auch mal im Stile eines Guildo Horn oder Dieter Thomas Kuhn ein paar Schlager zu verrocken. Wichtig ist uns immer, die Songs gut zu präsentieren – auch mit etwas Respekt dem Song und dem Künstler gegenüber. Unser Repertoire umfasst aktuell sicher 70 Songs, die wir durchwechseln. Deutsche Musik wird zwar oft belächelt kann aber sehr viel. Wenn man sich intensiver damit beschäftigt, wird einem das schon bewusst. Von daher ist es kein so großes Problem ein griffiges Programm zu gestalten. Vermissen Sie in der aktuellen deutschen Rockmusik nicht auch etwas den Rock? Ihr Repertoire stützt sich ja doch mehr auf die Klassiker des Genres. Absolut. Der kernige Rock stirbt leider aus. Den vermissen wir alle sehr. Darum machen wir bei aktuellen Songs auch unsere eigenen Versionen – mit ein bisschen mehr Härte. Wie steht es mit eigenen Liedern? In unserer Band haben alle schon viele Jahre eigene Songs geschrieben, arrangiert und produziert und tun es immer noch. Die maßgebenden Köpfe von Bands wie „Circles“, „Wet Desert“ oder „Magda Beinhoch-Bande sind ja bei uns. Kreativität ist sicher genug vorhanden. Aber das mit dem Programm von „Saftwerk“ zu vermischen, wäre nicht der richtige Weg. Damit würden wir weder unserem Publikum noch den eigenen Song einen Gefallen tun. Was waren im Negativen wie im Positiven die herausragenden Erlebnisse in diesen 20 Jahren mit der Band? Oh da gibt es im Positiven wirklich sehr viele. Herausragend ist es immer, wenn die Energie von Band und Publikum eins werden. Das passiert wirklich oft und setzt viele Endorphine frei. Es ist schon ein Privileg, mit dem Publikum so viel Spaß haben zu dürfen. Negatives gibt eigentlich nichts. Das hört sich komisch an, ist aber so. Das hängt wohl auch mit unserem Selbstverständnis zusammen, uns nicht so wichtig zu nehmen. Wir lachen lieber statt uns aufzuregen. Sie haben jetzt in Dahn gespielt. Was ist das Besondere an diesen Heimspielen? Ein Heimspiel ist immer etwas Besonderes, weil man ganz viele Menschen trifft, die man kennt. In einer vertrauten Umgebung ist es einfach etwas wohliger. Zumal die Konzertmuschel im Kurpark der Platz überhaupt ist – diese einmalige Kulisse und das wunderbare Ambiente. Wirklich einzigartig. Es waren am Samstag ganz viele Freunde, langjährige Wegbegleiter und Bekannte da. Da macht es einfach unheimlich viel Spaß, zusammen zu feiern. Und umwerfend für uns alle ist die Resonanz auf das Konzert. Das ist schon sehr besonders und auch ein bisschen emotional. Müssen Sie sich um Konzerte bemühen, oder sind die Nachfragen ausreichend, so dass Sie auswählen können? Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir angerufen werden. Anfragen kommen aus dem gesamten Bundesgebiet, vereinzelt sogar aus der Schweiz und aus Österreich. Das ist auch sicher ein Resultat der langen Zeit, die es die Band gibt. Wir sagen viel mehr ab als wir spielen. Was wünschen Sie der Band für die nächsten 20 Jahre? Die nächsten 20 Jahre? Ich kann mir das im Moment gar nicht so richtig vorstellen, in 20 Jahren noch das zu tun. Wenn es nicht mehr glaubwürdig ist, sollte man aufhören. Aber ein bisschen dauert das ja schon noch. Ich wünsche uns als Band, dass wir noch ganz lange zusammenbleiben, weiterhin so viel Spaß an dem haben, was wir tun und alles menschlich weiter so gut funktioniert. Infos www.saftwerk.de