Rhein-Pfalz Kreis Alles was (ge)recht ist

Böhl-Iggelheim. Menschenrechte – das Thema hat gestern bei allen Schülern der Peter-Gärtner-Realschule in Böhl-Iggelheim auf dem Stundenplan gestanden. Anlass: der 10. Dezember vor 66 Jahren. Da haben die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung eben dieser Menschenrechte verabschiedet. Wir haben geschaut, was in den Klassenzimmern am Morgen so alles los war. Ein Rundgang.

„Kinder haben Rechte!“ Gabriele Schmitt betont diese Worte, denn die Schüler sollen sich diese Tatsache bewusst machen. Gerade haben die Siebtklässler sich das Lied „Sind so kleine Hände“ von Bettina Wegner angehört und aufgeschrieben, was man alles Kindern eben nicht antun darf. An der Tafel steht, welche Erkenntnis die Jungen und Mädchen dadurch gewonnen haben: „Kinder sollen frei und behütet aufwachsen, damit sie zu verantwortungsbewussten Menschen heranwachsen.“ So wie die Klasse 7b beschäftigen sich an diesem Mittwoch alle Schüler der Peter-Gärtner-Realschule in Böhl-Iggelheim auf irgendeine Art und Weise mit dem Thema Menschenrechte. Als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ war es Schulleiterin Elisabeth Kasprowiak eine Herzensangelegenheit, einen solchen Aktionstag zu veranstalten. Wie das Thema umgesetzt wird, liegt bei den Lehrern und Schülern. Und so erlebt die Schulleiterin bei ihrem Rundgang durch die Klassen eine Ideenvielfalt, die sie fasziniert. „Es zeigt sich, dass Kollegium und Schüler bereit sind, den Titel ernst zu nehmen“, sagt sie erfreut. Denn egal, ob die Klassen sich dem Themenkomplex eher theoretisch durch Recherche und Referate nähern, oder aber durch Rollenspiele selbst ein Gefühl für Menschenrechtsverletzungen bekommen, alle sind mit Interesse bei der Sache und lassen sich darauf ein. In der 10a hat Lehrerin Martina Teutsch-Körper die „Human Rights“ in den Englischunterricht integriert. Doch der Diskussionsbedarf ist so groß, dass die Schüler sich gegen Ende der Stunde auf Deutsch austauschen. Vor allem die Frage, ob es die Todesstrafe geben darf, bewegt die Schüler. „Wir waren hin- und hergerissen“, berichtet Ronja. Aber die meisten teilen Richards Meinung: „Der Staat darf nicht das tun, was er den Bürgern verbietet.“ Die Schüler der Klasse 7c sitzen derweil im EDV-Raum konzentriert vor den Computer-Monitoren. Sie recherchieren im Internet. Dabei haben sie viel darüber erfahren, wie es andernorts Kindern ergeht. „Ich finde es blöd, dass viele Kinder zu Zwangsarbeit gezwungen werden oder von Menschenhändlern verkauft werden“, sagt Katharina. Eva hat etwas über Kindersoldaten gelesen und ist betroffen. „Ich wusste das schon, aber nicht, dass es so arg ist.“ Es läutet zur großen Pause. Axel Kirchhardt sowie Ulrike Lösch-Schölles kommen ins Lehrerzimmer. Sie haben gleich zu Beginn des Schultags ein Experiment mit den Jugendlichen der Klasse 8c gewagt und sind selbst beeindruckt, welche Auswirkungen es gezeigt hat. Ohne ihnen den Hintergrund zu erklären, haben sie die Klasse nach Jahrgängen sortiert. Die einen durften als „Elite-Gruppe“ für einen bevorstehenden Test üben. Alle anderen sollten den Schulhof kehren. „Der Aufschrei war so groß, dass wir gar nicht anfangen mussten“, berichtet Kirchhardt. Alle hatten über die ungerechte Behandlung geklagt. Die „Elite“ habe sich anfangs sehr gut gefühlt, sagt Lösch-Schölles, die Gesellschaftslehre unterrichtet. „Aber dann hat einer bemerkt: ,Das ist doch ziemlich rassistisch, was wir hier machen.’“ Und genau darum ging es in dem Experiment. Kurz darauf haben die Lehrer die Jugendlichen darüber aufgeklärt, dass ein ganz ähnliches Sortieren der Menschen in der Nazizeit stattgefunden hat und es auch heute noch Diskriminierung gibt. „Eine Schülerin war den Tränen nahe, als herauskam, worauf es hinauslief“, sagt Kirchhardt. Diese Erfahrung müssen die Schüler nun erst einmal verdauen. In der Klasse 10b steht die 17-jährige Diana vor ihren Mitschülern und erzählt lebhaft, wie es den Menschen ergeht, die gerade vor der Terrormiliz IS im Irak und Syrien fliehen. Diana kommt selbst ursprünglich aus dem Irak und hält nicht einfach ein Referat, sondern streut jede Menge eigene Erfahrungen und Berichte über Schicksale ein, die sie in den Nachrichten gesehen hat. Für die Schüler sind diese Informationen doppelt spannend, weil seit kurzem zwei Flüchtlingskinder aus Syrien eine sechste Klasse der Schule besuchen und auf die Hilfe und Rücksichtnahme ihrer Mitschüler angewiesen sind. So facettenreich wie das Thema ist, sind auch die Beiträge zum Aktionstag. Den wohl lautesten Part haben dabei die fünften und eine sechste Klasse: Gemeinsam mit Matthias Philipzen, Dozent an der Hochschule für Musik in Würzburg, trommeln sie für die Menschenrechte. Und dabei hat sogar das Instrument selbst einen Bezug zum Motto: Cajons (zu Deutsch: Kisten) waren ursprünglich in Peru das Instrument der Sklaven.

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