Rhein-Pfalz Kreis Bürgerprotest und neue Vorschläge

„Wir möchten keine Offenlegung oder Renaturierung des Eckbachs in der Kändelgasse. Die Gemeinde würde sich auf Jahrzehnte hoch verschulden aufgrund der Mehrausgaben, und die Situation der Anwohner wird sich nicht verbessern, sondern verschlechtern.“ Das haben Bewohner von 15 Häusern in der Kändelgasse dem Ortsbürgermeister, den Großkarlbacher Fraktionen und der Verbandsgemeindeverwaltung geschrieben. Sie sind der Meinung, dass es nicht mehr sinnvoll sei, das im November vom Gemeinderat einstimmig beschlossene Projekt umzusetzen. Wie Anfang Mai berichtet, war entdeckt worden, dass die Kostenschätzung des Ingenieurbüros Pappon & Riedel der Realität nicht standhält. Statt 1,6 Millionen Euro muss die Gemeinde jetzt mit mehr als zwei Millionen rechnen. Die Kändelgässler, die zuvor mit der Planung im Großen und Ganzen einverstanden schienen, stellen jetzt eine Menge kritischer Fragen. Das Vertrauen in die Planer sei erschüttert, erläutert Hilde Sklubal. „Die Anwohner haben Angst, dass ihre Gebäude während der Bauarbeiten trotz Gutachtens des Büros nicht unversehrt bleiben“, sagt die Großkarlbacherin, die außerdem wissen will, wie es zu der Fehlkalkulation kommen konnte. Das Protestschreiben macht deutlich: Die Anwohner treibt vor allem die Sorge um, ob sie die Neugestaltung der Kändelgasse am Ende mitfinanzieren müssen und ob die Dorfgemeinschaft den Verlust von ohnehin kostbaren Parkplätzen verkraften kann. Hilde Sklubal stellt darüber hinaus die Steuerzahlerfrage: „Selbst wenn noch mehr Zuschüsse von Land oder EU für das Projekt möglich sind: Das ist doch auch Geld der Bürger!“ Erwin Fuchs, Leiter der Bauabteilung der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land, erläutert auf RHEINPFALZ-Anfrage den Grund, warum eine Bachfreilegung eine halbe Million Euro teurer kommt als gedacht: „Zum einen haben wir noch Arbeiten am Eckbach einbezogen, die bei der Renaturierung des betreffenden Abschnitts mitgemacht werden müssen“, zum anderen seien bei der Massenberechnung Fehler gemacht worden, die sich bei der ausgereifteren Statik offenbart hätten. Für Letzteres könne man das Büro aber nicht zur Verantwortung ziehen. „Solche Fehler passieren, und es ist der Gemeinde ja dadurch kein Schaden entstanden“, sagt Fuchs. Die Firma Pappon & Riedel hält er für hoch qualifiziert. Viel wichtiger sei die Frage, wie die Gemeinde nun verfahren will. Im Prinzip steht sie vor derselben schweren Entscheidung wie im Herbst 2015, nur mit ungünstigeren Vorzeichen. Der großzügige Zuschuss des Landes für eine Offenlegung des Bachs war laut Fuchs auf 1,2 Millionen Euro festgeschrieben. Mehr Geld wird es wohl nicht geben, „auch wenn wir natürlich darum kämpfen würden“. Aber der Widerstand der Anwohner sei beim Verhandeln von Nachteil. Bleibt es bei dem Festbetrag aus Mainz, steigt der Eigenanteil der Gemeinde. Die Alternative wäre eine Erneuerung des Bachprofils mit anschließender Überbauung, ähnlich wie jetzt. Dafür waren im Herbst Kosten von 1,12 Millionen Euro und ein weitaus geringerer Zuschuss angesetzt worden. Erwin Fuchs und Ortsbürgermeister Ralf-Peter Riegel (SPD) weisen darauf hin, dass es noch einiges zu überlegen, recherchieren und rechnen gibt, bevor man den tatsächlichen Kostenanteil der Gemeinde für beide Varianten gegenüberstellen könne. Nach der Sommerpause soll das Ergebnis den politischen Gremien und den Bürgern vorgestellt werden. Riegel berichtet von weiteren Vorschlägen aus dem Dorf. So hätten zwei Bürger dafür plädiert, die jetzige Straßenfläche über dem einsturzgefährdeten Gewölbe durch glasfaserarmierten Hochleistungsbeton zu ersetzen. Nach Ansicht von Bauamtsleiter Fuchs bringt das nichts, denn man könne das 70 Meter lange Sandsteingewölbe aus Gründen des Hochwasserschutzes nicht einfach zusammenfallen lassen. Ebenso wenig halten Riegel und Fuchs im Moment von der Idee der FWG-Fraktion, das Gewölbe von innen heraus zu sanieren, ohne dass die Straßendecke abgenommen wird. „Wir werden vermutlich keinen Statiker finden, der für das Gelingen garantiert und die Verantwortung übernimmt“, meint Fuchs. Paul Schläfer, Sprecher der FWG-Fraktion, ist da zuversichtlicher. „Wir haben uns das Bauwerk jetzt mal mit Leuten, die auch was vom Bauen verstehen, angesehen“, berichtet er. „Da gibt es nichts, was nicht repariert werden könnte.“ Ein Fachmann soll für die FWG prüfen, ob sie mit dieser Meinung richtig liegt. Wichtig sei, dass die Kosten reduziert werden und das Projekt den Anwohnern gerecht wird. Ob und in welcher Form diese beitragspflichtig werden könnten, ist noch unklar. Für den Fall, dass Straßenausbaubeiträge zulässig sein sollten, gibt Bürgermeister Riegel zu bedenken, dass eine erneute Überbauung des Bachs dann für die Bürger teurer wird, weil mehr Verkehrsfläche anfällt.

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