Rhein-Pfalz Kreis Dicke leben kürzer, dafür essen sie länger

Flucht vor der NSU, Fitnesstraining für Hausfrauen oder auf dem Weg zur Torte? Alice Hoffmann bringt Action ins Alte Rathaus in
Flucht vor der NSU, Fitnesstraining für Hausfrauen oder auf dem Weg zur Torte? Alice Hoffmann bringt Action ins Alte Rathaus in Schifferstadt.

«Schifferstadt.» „Passen Sahnetorte, Burka und Demokratie nebeneinander in das deutsche Wohnzimmer?“ Dieser Gemengelage ist Kabarettistin Alice Hoffmann auf der Muttertagsmatinee im Alten Rathaus von Schifferstadt auf den Grund gegangen. Vor ausverkauftem Haus begeisterte die Wahlsaarländerin mit rheinischem Migrationshintergrund durch viel Wortwitz und körperlichen Einsatz.

Es ist immer noch viel von „Es Hilde“ aus der Familie Heinz Becker, das die in Kittelschürze und Strickjacke auftretende Künstlerin bei ihrem Publikum in Erinnerung ruft. Es ist die Rolle des treu-doofen, sich immer wieder in sprachlichen Untiefen verheddernden Hausmütterchens, das dabei ganz nebenbei originelle Perspektiven für unangepasstes Denken freischaufelt. So präsentiert sich die Kabarettistin als eine Art weiblicher Schwejk, der die Logik der herrschenden Meinung gekonnt, doch scheinbar ungewollt ad absurdum führt. Jeden Tag studiere sie die Zeitung, und da gehe sie ganz chromosomisch ran, verrät sie. „Zuerst die Todesanzeige, dann die Rezepte und dann, was die Prominenten so machen.“ Allerdings hat sie so manche Probleme mit komplizierten Wörtern. Da liest sie statt Randalierer Radierer, da bekommen Ferienjobber eine Feuerbestattung, statt der Steuererstattung. Ihr Angebot, Hochdeutsch zu sprechen, weist das Publikum zurück. Die Pfälzer haben mit dem Dialekt des Nachbarstammes keine Probleme. Auch das Radio informiert und unterhält die aktive Hausfrau, beispielsweise beim „Bischle“ – dem Bügeln, das sie als Brettspiel für eine Person beschreibt. Dabei wurde sie vom Anruf des Vorsitzenden der NSU – „äh CSU – is ja a egal“ gestört. Ein Strom würde uns überrollen, vom Untergang der abendländischen Kultur habe der Mann gewarnt. „Hab isch mir gedenkt, bei dene Strompreise“, kommentiert sie schlagfertig. Und der andere spricht davon, dass die Grenzen dicht gemacht werden müssten. „Ja 50 Prozent der Deutschen fahren doch ins Ausland in Urlaub“, überlegt da die saarländische Hausfrau, „uff die akribische Inseln und die Sardinen – von wege Grenze dicht mache.“ Von dem Mann aus der Politik geht es zum Mann in ihrem Bett. Oder doch nicht ...? „Mit em Herbert hab ich ein reines Bums-Verhältnis“, verrät sie. Aha! „Ja, wann was zu mache ist, ruf ich an und bums isser do.“ Im zweiten Teil ihres Auftritts begeistert die Künstlerin zunächst im Burkini – einem „Ganzkörperbikini“ und hinterfragt die Lage der Frau im Deutschland früherer Zeiten. Ein Ratespiel bringt schließlich zum Vorschein, dass eine verheiratete Frau bis 1976 kein eigenes Bankkonto haben konnte, dass der DFB bis 1972 Frauenfußball verboten hatte, dass unsere Mütter und Omas doch auch ein Kopftuch trugen. Und dass in Bayern und Baden-Württemberg Lehrerinnen lange im Zölibat lebten, nach der Heirat den Job aufgeben mussten. Zum Ende ihres Programms bricht Hoffmann eine Lanze für die Eigenständigkeit des Saarlandes und für die Galionsfigur AKK – Annegret Kramp-Karrenbauer. „Wo sollt mer auch mit dene ganze Politiker hin?“, gibt sie zu Bedenken. Mit Bauchtanz, einer gekonnten Stripeinlage, wie einem hausfrauengerechten Fitnesstraining bringt sie zu den vielen Gesellschaftsfragen noch Bewegung ins Spiel. Doch „Turne bis zur Urne“ sei für sie nichts. Genüsslich verzehrt sie eine Muttertagstorte mit viel, viel Sahne. „Dicke leben kürzer – jo sag isch – dafür essen se länger.“

x