Rhein-Pfalz Kreis Die neue Sachlichkeit

Christiane Stillger ist 51 Jahre alt und geht für die SPD ins Rennen.
Christiane Stillger ist 51 Jahre alt und geht für die SPD ins Rennen.
Altrip ist ein streitbares Dörfchen. Der größte und inzwischen längste Kampf wird gegen den Bau des Polders geführt. Wie führen Sie, falls Sie Bürgermeister werden, den Kampf weiter und wie lautet Ihre Strategie? Stillger:

Mir gefällt das Wort Kampf in dem Zusammenhang nicht. Wir Altriper vertreten unsere legitimen Rechte in diesem Verfahren. Und um das klarzustellen, ich bin gegen den Bau des Polders. Leider hat die emotionale Zuspitzung des Themas den Blick auf den örtlichen Hochwasserschutz verstellt, der immens wichtig ist. Der Damm zwischen dem Riedhof und der Gaststätte Rheinblick etwa ist nur für ein 100-jähriges Hochwasser ausgelegt und niedriger als in Mannheim. Dieser Bereich muss erhöht werden. Das Schöpfwerk, das den Neuhofener Altrhein reguliert, ist marode. Und es fehlt ein kleineres Schöpfwerk an der K12, um die Gräben zu entwässern. Zum Polder-Prozess: Gegen die Pläne der SGD gab es Hunderte Einwände. Im Herbst wird es einen Erörterungstermin geben, dann muss das Gericht in Koblenz entscheiden und der Gemeinderat überlegen, wie er mit dem Urteil umgeht. Mansky: Der Kampf um den Polder muss meiner Meinung nach unbedingt und hoffentlich für Altrip erfolgreich zu Ende geführt werden. Nachdem die neuen Pläne zum Bau von der Struktur- und Genehmigungsdirektion vorgelegen haben, wurden seitens der Poldergegner innerhalb der Einspruchsfrist rund 350 Einsprüche erhoben. Das Erörterungsverfahren wird aber erst gegen Anfang 2020 beginnen. Hier hoffe ich auf starken Rückhalt durch unseren neuen Gemeinderat, der sich dann hoffentlich noch an die Wahlversprechen erinnern kann, die momentan überall auf den Werbeplakaten und Flyern sowie in den sozialen Netzwerken zu finden sind. Gerne zitiere ich hier Berthold Brecht: „Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Streit gibt es auch gerne, wenn gebaut wird. Oder gebaut werden soll. Das Ärztehaus ist das jüngste Beispiel. Verstehen Sie diesen Knatsch? Stillger: Sehen Sie, Sie haben in der RHEINPFALZ ja selbst darüber berichtet: Da werden Eigeninteressen und kommerzielle Interessen über das Allgemeinwohl gestellt. Schade! Es geht um unsere ärztliche Versorgung in Altrip. Dass bei diesem Thema die emotionalen Wellen hochschlagen, hatte ich erwartet. Leider musste das Projekt einen zeitlichen Rückschlag hinnehmen, aber ich denke, wir haben jetzt einen Weg gefunden, das Ärztehaus so schnell wie möglich zu bauen. Was ich bedauere, ist die Tatsache, dass die Zusammenarbeit im Gemeinderat von dieser Angelegenheit in den letzten Wochen der Legislaturperiode überschattet wird. Ich werde mich dafür einsetzten, dass wir das hinter uns lassen und wieder gut miteinander arbeiten – für Altrip. Mansky: Grundsätzlich verstehe ich diesen Knatsch (zwischen den Parteien) nicht. Alle Entscheidungen zum Bau des Ärztehauses wie Standort, Verkauf der Fläche und Vergabe an einen Bauunternehmer wurden seitens des Rats einstimmig beschlossen. Die baurechtlichen Fehler, die begangen wurden, gehen meiner Meinung nach klar auf das Konto der Bauabteilung Rheinauen sowie der Kreisverwaltung Ludwigshafen. Diese Fehler führen nun zu einer massiven Verzögerung des Baubeginns. Mit der Aussage der zuständigen Abteilungen: „In 70 Prozent der Fälle wäre das so durchgegangen“, kann nun leider auch niemand mehr etwas anfangen. Ein solch wichtiges Projekt muss zu 100 Prozent in trockenen Tüchern sein. Auch gegen die Erweiterung des Hotels Darstein erheben Anlieger des Adriaweihers und Naturschützer ihre Stimme. Wie stehen Sie zu den Plänen der Darsteins? Stillger: Wenn das Hotel Darstein erweitert werden soll, so ist das zunächst ein legitimer Wunsch des Eigentümers. Bis jetzt haben wir im Rat den Planentwurf angenommen, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit beschlossen und über einen Aufstellungsbeschluss abgestimmt. Dabei werden auch die Bedenken der Anwohner und Naturschützer berücksichtigt. Meine persönliche Meinung steht da zunächst völlig außen vor. Wenn es unterschiedliche Interessen gibt, so muss abgewogen und eine Entscheidung des Gemeinderats herbeigeführt werden. So arbeitet eine Verwaltung in einer demokratischen Struktur und so werde ich das mit allen Projekten ohne Ansehen der beteiligten Personen halten. Ich wünsche mir da weniger Emotion und mehr Sachlichkeit. Mansky: Hier meine eigene Meinung als Grundlage einer Bewertung zu nehmen, sehe ich als absolut falsch an. Der Bürgermeister einer Gemeinde darf meiner Meinung nach keinesfalls und zu keiner Zeit in irgendeiner Art Partei für oder gegen private Projekte ergreifen. Hier gilt das selbe Recht wie beispielsweise beim Bau des Ärztehauses oder – im Kleinen – beim Bau einer Garage durch einen Anwohner. Die Frage darf also immer nur lauten: Ist das Projekt baurechtlich okay oder nicht? Welches Thema brennt Ihnen als Bürgermeisterkandidat/in unter den Nägeln? Stillger: An dieser Stelle fällt es mir schwer, nur ein Thema zu nennen. Es gibt Einiges, was ich gerne verbessern oder weiterentwickeln würde. An erster Stelle steht für mich die Sicherstellung der Kinderbetreuung und der Betreuenden Grundschule nach dem Unterricht. Ebenso ist mir wichtig, dass wir in Altrip gut miteinander alt werden können (demografischer Wandel) und die Jugend besser ins lokalpolitische Leben einbinden und an Entscheidungen teilhaben lassen. Dazu gehört auch, dass sich mehr junge Leute für Politik interessieren. Meine Partei hat es geschafft, dass auf unserer SPD-Liste mehr junge Leute kandidieren. Ich bin gespannt, wie die Wähler darauf reagieren. Mansky: Diese Frage ist nicht in zwei Sätzen zu erklären, hier muss an vielen Stellen angesetzt werden. In unserer Kommune gilt es zunächst einmal, offene Arbeiten zu beenden. Versprechungen, die zwar schön klingen, aber nicht einzuhalten sind, helfen keinem weiter. Natürlich sind Themen wie Finanzen und Gemeindehaushalt vorne dabei, aber auch Themen wie soziales, bezahlbares Wohnen, Kitas und Schulbetreuung. Die Spielplätze sowie das Angebot für Jugendliche müssen verbessert werden. Das Erscheinungsbild unseres Ortes ist mir ebenfalls sehr wichtig und im Vergleich zu den anderen Ortsgemeinden der VG besteht hier Handlungsbedarf. Altrip ist aber nicht nur streitbar, sondern auch liebenswert, oder? Was sind die schönen Seiten des Dorfs? Stillger: Natürlich, wir leben alle gerne hier, Altrip ist unsere Heimat! Kommen Sie einfach zu uns und schauen Sie sich um. Wir liegen nicht nur im Zentrum der Metropolregion, wir sind auch das Naherholungsgebiet für die Region. Wasser, Natur, Fahrradwege, alles was das Herz begehrt. Altrip ist einfach liebenswert, weil es seinen eigenen dörflichen Charakter entwickelt hat und die Stadt nicht weit ist. Wir haben uns Altrip bewusst ausgesucht, als wir aus Mannheim wegziehen wollten. Durch unser Engagement im Verein, der protestantischen Kirche oder in der Partei haben wir auch schnell Anschluss gefunden. Für mich ist Altrip zur neuen Heimat geworden. Deshalb will ich mich mit meinen Erfahrungen aus mittlerweile fünf Jahren im Gemeinderat Altrip, Verbandsgemeinderat Rheinauen und im Kreistag für die Altriper einsetzten. Mansky: Altrip ist ein Dorf und soll es auch bleiben. Mit seinen stolzen 1650 Jahren zählt es immerhin zu den ältesten Gemeinden in Rheinland-Pfalz. Ich bin Altriper durch und durch. Lebe ich doch schon seit meiner Geburt 1977 und somit seit 41 Jahren in der Kommune. Altrip hat neben seinen landschaftlichen Schönheiten auch noch seinen dörflichen Charakter bewahrt, dies trotz der Nähe zum Ballungsgebiet Ludwigshafen/Mannheim. Altrip verfügt über einen stark ausgeprägten Zusammenhalt, nicht nur innerhalb der Vereine, sondern unter den Bürgern. Ich mag es, mich auf der Straße, in der Gaststätte oder bei einem unserer schönen Dorffeste mit Menschen zu unterhalten. |

Volker Mansky ist 41 Jahre alt und tritt als unabhängiger Kandidat an.
Volker Mansky ist 41 Jahre alt und tritt als unabhängiger Kandidat an.
Idylle im Ortskern: Es sind die dörflichen Strukturen, die beide, Christiane Stillger und Volker Mansky, an Altrip schätzen.
Idylle im Ortskern: Es sind die dörflichen Strukturen, die beide, Christiane Stillger und Volker Mansky, an Altrip schätzen.
Altrip ist nah am Wasser gebaut, aber gerade deshalb schön.
Altrip ist nah am Wasser gebaut, aber gerade deshalb schön.
Amtswechsel – aber der Polder-Prozess geht weiter.
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