Rhein-Pfalz Kreis Schon beim Frühstück am Schreiben

Wolfgang Wenisch schreibt am liebsten in seinem Arbeitszimmer.
Wolfgang Wenisch schreibt am liebsten in seinem Arbeitszimmer.

«Dannstadt-Schauernheim.» Manchmal schreibt er sogar E-Mails in Versmaß. Bereits in der Schule hat sich Wolfgang Wenisch für Lyrik und Poesie begeistert. Mittlerweile hat der 71-Jährige mehr als 10 000 Stücke verfasst. Themen findet er überall – die große Politik oder seine beiden Wellensittiche. Einige seiner Werke stellt er bei Lesungen vor. Nun wurde sein Gedicht „Lustwandeln“ veröffentlicht.

Schwierigkeiten beim Schreiben hat er nicht – im Gegenteil: „Ich muss nicht nach Worten suchen. Ich habe eine Vision im Kopf, ein Bild und schreibe einfach los“, sagt Wolfgang Wenisch. Seit Jahrzehnten schreibt der 71-Jährige leidenschaftlich gerne Poesie, insbesondere Lyrik, aber auch Prosa. Während seiner Schulzeit entdeckte Wenisch Talent und Leidenschaft für die deutsche Lyrik und das Schreiben. Schon damals las er sehr viel und der Deutschunterricht machte ihm viel Spaß. Mit 20 begann er, regelmäßig selbst Stücke zu verfassen. Seit seinem Ruhestand widmet der ehemalige Diplomverwaltungswirt seinem großen Hobby so viel Zeit wie nur möglich. Mit Lehrmaterial aus dem Internet, Biografien, Werken deutscher Autoren aus der Zeit vom 18. bis zum 20. Jahrhundert und Lehrbüchern der deutschen Sprache hat er sich das Schreiben selbst beigebracht. Vor allem Autoren wie Heinrich Heine oder Erich Kästner inspirieren ihn. „Mit der Biografie von Heine habe ich mich drei Monate lang beschäftigt. So kann ich mich in diese Zeit und Denkweise hineinfühlen, einen Blick für die damalige Zeit bekommen“, sagt Wenisch. „Ich hatte irgendwann das Gefühl, an der Seite von Heine zu leben.“ Schon beim Frühstück hält er seine Gedanken schriftlich fest und schreibt alles auf, was ihm in den Sinn kommt. In seinem ordentlichen Arbeitszimmer bewahrt er alle seine Werke ausgedruckt und nach Jahr geordnet auf. Was er morgens auf Papier festgehalten hat, arbeitet der 71-Jährige anschließend am Computer weiter aus. „Inspiration für Themen finde ich überall“, erzählt Wenisch. „Politische Themen wie der Wahlkampf, Alltagsthemen oder auch meine zwei Wellensittiche, Sokrates und Platon, inspirieren mich täglich.“ Er lacht und erzählt, dass er an vielen Dingen etwas auszusetzen hat – daher ist es nicht ungewöhnlich, dass er drei bis vier Stücke pro Tag verfasst. Wöchentlich schickt er seinen Newsletter mit dem Titel „Poem“ und einer Auswahl seiner Texte an Verwandte und Bekannte. Die Stücke sind häufig gesellschafts- oder regierungskritisch, in „Wo habt ihr nur Sondieren gelernt?“ etwa setzt er sich mit den gescheiterten Vor-Verhandlungen einer Jamaika-Koalition auseinander. Wichtig ist Wenisch, dass er sich treu bleibt: „Ich schreibe nicht, um zu gefallen, sondern um mich auszudrücken.“ Neben dem Schreiben macht der 71-Jährige gerne Fahrradtouren und hält sich mit Kraftsport fit. In seinem Keller hat er eine regelrechte Turnhalle mit Fitnessgeräten. Gerne verbringt er auch Zeit mit Bekannten und seiner Familie. Seinen zwei Enkelkindern hilft er hin und wieder, wenn es um das Verfassen von Texten für den Deutschunterricht geht. Dass das Schreiben ein Teil seines Lebens ist, wird deutlich, als er erzählt, dass er Bekannten ab und zu auf E-Mails oder Briefe in Versmaß antwortet. Einmal hat er sogar einen Widerspruch gegen einen Strafzettel an die Polizei in Gedichtform geschickt. „Geholfen hat es aber leider nichts“, erzählt der Dannstadt-Schauernheimer lachend. Dass sein Gedicht „Lustwandeln“ von der Brentano Gesellschaft für die Frankfurter Bibliothek des zeitgenössischen Gedichts veröffentlicht wurde, freut ihn sehr. Seit 2001 veröffentlicht die Gesellschaft jedes Jahr ein Buch mit Gedichten, die Hobby-Autoren bei einem Wettbewerb eingereicht haben. Nach eigenen Angaben archiviert die Frankfurter Bibliothek die lyrische Volkskultur für die Zukunft. Dieses Jahr erscheinen 1900 Gedichte in dem Jahrbuch, die aus rund 5000 eingesendeten Texten ausgewählt wurden. Das Gedicht „Lustwandeln“ von Wolfgang Wenisch handelt von der Digitalisierung und der damit einhergehenden Veränderung der Gesellschaft. Es vergleicht klassische Autoren mit dem Selfie-Wahn von heute. „Menschen lesen heutzutage viel weniger und beschäftigen sich viel im Internet. Die deutsche Sprache wird häufig nur auditiv wahrgenommen und das spiegelt sich in der Rechtschreibung wider“, sagt der Autor. Das Schreiben begleitet Wolfgang Wenisch tagtäglich und überall. Er gesteht, dass er sich sogar manchmal ein bisschen übernimmt. „Deshalb mache ich eine kleine Schreibpause zwischen Weihnachten und Silvester“, erzählt er. „Zu dieser Zeit ist sowieso jeder mit sich beschäftigt, aber danach geht es direkt weiter.“

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