Rhein-Pfalz Kreis Speyer noch vor Köln entdeckt

Persönliche Gegenstände, die ihn in den Weltraum begleitet haben, bringt Astronaut Alexander Gerst am Wochenende als Leihgaben ins Speyerer Technik-Museum. Das hat der 38-Jährige der RHEINPFALZ vor seinem Besuch der Weltraum-Ausstellung berichtet. Gerst hält ab Freitag in Speyer Vorträge und gibt Autogramme.

„Ich erledige derzeit viele administrative Aufgaben, etwa das Erstellen und Überarbeiten von Berichten über das Funktionieren verschiedener Systeme bei meinem Weltraumflug“, erzählt Alexander Gerst, derzeit in Köln am Europäischen Astronautenzentrum (EAC) stationiert. „Außerdem helfe ich Kollegen mit Tipps, die sich gerade auf ihren Flug in den Weltraum vorbereiten“, berichtet der Astronaut. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Auswertung der weit über 100 Experimente, die der promovierte Geophysiker in der Internationalen Raumstation (ISS) durchführte. Auf seinen Vortrag im Technik-Museum freut sich Gerst. „Die Darstellung der Perspektive, die ich im Weltraum als Mensch bekomme, gehört zu meinen Aufgaben als Astronaut. Das finde ich sehr wichtig.“ Dem Raumfahrer aus Baden-Württemberg geht es darum, die Einmaligkeit und Schutzwürdigkeit unseres blauen Planeten zu betonen und Wissen über Experimente auf der Raumstation zu vermitteln, die nirgendwo sonst möglich sind. „In Speyer gibt es ein sehr interessiertes Publikum, die Besucher dort sind Technik-Fans wie ich selbst“, sagt der in Künzelsau, rund 100 Kilometer östlich der Domstadt im Nordosten Baden-Württembergs geborene Astronaut. Vor etwa zwei Jahren besuchte er schon einmal das Technik-Museum und schaute sich neben der Raumfahrt-Ausstellung die vielen Flugzeuge, Autos und Lokomotiven mit Begeisterung an. Diesmal will Gerst mehrere persönliche Gegenstände, die er im Weltraum dabei hatte, mitbringen und als Leihgaben überreichen. Als der 38-Jährige Ende Mai 2014 auf der ISS angekommen war, suchte er beim Blick auf die Erde aus rund 400 Kilometern Entfernung zunächst nach Köln – der Stadt, in der er den Großteil seiner Astronauten-Ausbildung absolvierte – und fand stattdessen Speyer: „Ich habe einen Abschnitt des Rheins mit vielen Altrheinschleifen entdeckt und fotografiert. Später bemerkte ich, dass es sich um Speyer handelt“, berichtet Gerst. Denn vom Weltraum aus gesehen, seien die Räume auf der Erde klein. Beim Blick auf Köln etwa könne man zugleich Island und die Türkei sehen. Mit Begeisterung spricht der Geophysiker über seine Experimente im Forschungslabor der ISS. So nahm er einen Schmelzofen in Betrieb, der die Herstellung von Legierungen – Mischungen von Metallen – aufgrund der Schwerelosigkeit ohne Kontakt zu einem Gefäß ermöglicht. Mit der Methode könnten neue Verbindungen gefunden werden, etwa zum Bau effizienterer Turbinen-Schaufeln für Flugzeuge. Neueste Halbleiter seien ein weiterer Forschungsgegenstand gewesen. Sie könnten die nächste PC-Generation begründen. Andere Untersuchungen drehten sich laut Gerst um Stoffwechselvorgänge bei Muskel- und Knochenschwund – Phänomene, die bisher nach einiger Zeit in der Schwerelosigkeit zu beobachten waren. Dank neuartiger Kraftübungen hat der 38-Jährige nach eigener Auskunft in seinen fast sechs Monaten auf der ISS aber sogar an Muskelmasse zugelegt. Menschen, die unter Muskelschwund leiden, könnten von der neuen Trainingsmethode profitieren. Außerdem dürften Patienten mit Knochenschwund (Osteoporose) auf verbesserte Medikamente aufgrund von Erkenntnissen aus der Weltraumforschung hoffen. Geophysiker Gerst stünde für weitere Weltraummissionen zur Verfügung, wie er auf Nachfrage sagt. Vorausgesetzt, er erfreue sich weiterhin guter Gesundheit und bleibe von schweren Verletzungen und deren Folgen verschont.

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