Schifferstadt Was Menschen im Krieg erleiden müssen: Schifferstadter Schüler auf Spurensuche

Auf der Kriegsgräberstätte in Niederbronn-les-Bains erfahren die Schüler viel über die Einzelschicksale der hier Bestatteten.
Auf der Kriegsgräberstätte in Niederbronn-les-Bains erfahren die Schüler viel über die Einzelschicksale der hier Bestatteten.

Schüler des Paul-von-Denis-Gymnasiums in Schifferstadt haben das Elsass besucht. Landrat Clemens Körner (CDU) als Pate der Schule hat das Projekt unterstützt, denn die Mission war wichtig. Die Jugendlichen haben Orte erkundet, die vom Krieg berichten. Aber auch von Versöhnung. Die Tour hat die Jugendlichen so beeindruckt, dass sie einen Bericht für die Zeitung verfasst haben.

22 Schülerinnen und Schüler von der achten bis zur zwölften Jahrgangsstufe hatten in der Projektwoche vor den Ferien das Thema „Europa“ gewählt, um Orte zu erkunden, die vom Gedenken an Krieg und dessen Opfer bis hin zur Versöhnung und Zusammenarbeit in Europa reichen. Die erste Station auf unserer Reise durch die jüngere Geschichte Europas führte uns an den Four-à-Chaux in Lembach, eine ehemalige Bunkeranlage der berühmten Maginot-Linie, der Verteidigungsanlage der Franzosen zum Schutz gegen Deutschland.

Da die Maginot-Linie 1940 im Norden durchbrochen wurde, waren viele der Anlagen im Elsass nur kurz im Einsatz. Die Besatzung des Four-à-Chaux wurde nie im Gefecht besiegt. Das 1935 vollendete Artilleriewerk umfasst zwei Stockwerke mit unterschiedlichen Eingängen für Soldaten und Munition. Seine Gänge erstrecken sich über 4,5 Kilometer Länge. Durch die engen, kalten Gänge und die hohe Luftfeuchtigkeit begleitete uns die gesamte Führung hinweg ein beklemmendes Gefühl. Da die Anlage bis vor Kurzem im Besitz des französischen Militärs war, ist sie noch immer sehr gut erhalten.

Eine gebastelte Kette aus Draht und Blättern

Danach besuchten wir eine Kriegsgräberstätte in Niederbronn-les-Bains im Elsass, wo auch unsere Unterkunft war, das Albert-Schweitzer-Haus. Auf diesem Friedhof befinden sich die sterblichen Überreste vieler Menschen, die dasselbe Schicksal teilten – den Tod im Zweiten Weltkrieg. Die meisten von ihnen waren deutsche und französische Soldaten oder hatten eine ganz andere Nationalität. Es liegen aber auch einige Zivilisten dort, die durch Bombenanschläge ums Leben kamen. Sobald man durch das Tor der Anlage tritt, wird man sowohl von einer wunderschönen als auch bedrückenden Stimmung erfasst. Ein langer Weg führt zu einem großen Kreuz in der Mitte. Von dort aus verläuft ein Weg nach rechts zu einer großen Kuppel, einer Gedenkhalle. Die restliche Fläche besteht aus unzähligen Gräbern, wobei unter einem Grabstein immer vier Personen bestattet sind.

Wir durften bei der Einführung auch persönliche Gegenstände der Personen sehen, etwa Briefe, die sie nach Hause geschickt hatten oder eine alte Mütze der damaligen Uniform sowie eine selbstgebastelte Kette aus Draht und Blättern. Uns wurde erklärt, dass Angehörige der hier Bestatteten, die noch private Dinge oder Kopien von Briefen besitzen, diese mitbringen können, damit sie im Archiv aufbewahrt und aufgearbeitet werden können und andere dadurch noch mehr über diese Person erfahren können.

Wir fanden es interessant, mehr über die Einzelschicksale zu erfahren, denn wenn man ohne solches Hintergrundwissen über diesen Friedhof gegangen wäre, hätte man nur Namen mit Geburts- und Todesdatum gesehen. Auf den ersten Blick wirkte es dort sehr idyllisch. Aber wenn man hört, was diese einzelnen Personen durchgemacht haben, wird man doch nachdenklich. Wir finden es wichtig, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigt haben, weil viele nur die Gräber sehen und denken: „Ja, da ist jemand gestorben“. Aber wodurch und warum fragen sich die wenigsten. Doch wenn man das alles hört, kann man vielleicht besser nachvollziehen, was vielen Menschen heutzutage Angst macht, zum Beispiel die Kriege in der Ukraine oder im Gazastreifen. Rund 15.500 Tote liegen in Niederbronn–les–Bains unter der Erde begraben. Jeder von ihnen hat eine Geschichte, jeder von ihnen hatte Angehörige, die um sie trauern.

Tiefe Erschütterung im ehemaligen KZ

Am folgenden Tag waren wir im ehemaligen Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. Auf dem Gelände befanden sich neben dem Wall aus Drahtzaun, welcher das Lager umschloss, unter anderem noch vier Baracken, die von den früheren 17 Baracken noch übrig geblieben sind und besichtigt werden können. In der ersten ist ein Museum, in dem das Lager und der allgemeine Aufenthalt mit Schlafplätzen und Toiletten der Insassen beschrieben wird. Zudem werden die zuständigen SS-Männer des Lagers benannt und aufgezeigt, wie die Gefangenen mittels Marken kategorisiert und voneinander unterschieden wurden. Danach liefen wir zum ehemaligen Gefängnis und dem Krematorium samt Krankenzimmer, vorbei an den Stellen, wo zuvor die Baracken standen, in welchen die Insassen untergebracht waren. Im Gefängnis konnten wir die einzelnen Zellen, den „Bestrafungsraum“ sowie die engen Einzelzellen für die zum Tode Verurteilten besichtigen.

Das Krematorium mit dem historisch originalen Ofen, in dem die vielen Leichen verbrannt wurden, und den „Waschstätten“, in denen neue Gefangene geschoren wurden, sahen wir ebenfalls. Die letzte Baracke mit der Küche konnten wir aufgrund von Sanierungsarbeiten nicht betreten. Die Eindrücke und Emotionen, die uns während unserer Besichtigung widerfuhren, waren unter anderem tiefe Erschütterung. Wir fanden es erschreckend, zu sehen, dass Menschen zu solcher Brutalität fähig sind. Wir hoffen, dass die Menschheit aus diesen Hinrichtungen und den vielen unschuldig Verstorbenen gelernt hat, und sich so ein brutales Ereignis niemals wiederholt.

An unserem letzten Tag haben wir Straßburg besucht. Die Geschichte von Straßburg hat uns sehr fasziniert, da man beim Aufbau der Stadt den deutschen und französischen Einfluss sieht. Das Elsass war sehr lange ein Zankapfel deutsch-französischer Geschichte. Es konnte sein, dass jemand, der zwischen 1870 und 1945 geboren wurde, im Laufe seines Lebens mehrmals die Staatsangehörigkeit wechseln musste. Die Hauptstadt Europas wurde nicht umsonst nach Straßburg gelegt, denn man wusste: Nur wenn Frankreich und Deutschland ihre lange Feindschaft überwinden, kann wahrer Frieden für Europa aufgebaut werden. Als wir selbst Zeit hatten, die Altstadt zu erkunden, waren die Straßen relativ leer. Wir konnten die schönen Fassaden, Denkmäler und Geschäfte sehen. Im Anschluss fuhren wir mit dem Bus weiter zum EU-Parlament mit dem großen Plenarsaal, den man sonst nur aus den Nachrichten kennt. Dort wurde uns bewusst, wie komplex und aufwendig der Austausch zwischen den Ländern ist – allein schon die Dolmetscherleistungen bei den Sitzungen sind bewundernswert.

Nach diesen ereignisreichen Tagen, vollgepackt mit Wissenswertem bis zu tief Berührendem, fuhren wir zurück nach Schifferstadt. Einige dieser Eindrücke werden wir ganz sicher immer in Erinnerung behalten.

Bearbeitung: Britta Enzenauer

„Im EU-Parlament wurde uns bewusst, wie komplex und aufwendig der Austausch zwischen den Ländern ist“, schreiben die Schüler in
»Im EU-Parlament wurde uns bewusst, wie komplex und aufwendig der Austausch zwischen den Ländern ist«, schreiben die Schüler in ihrem Bericht.
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