St. Ingbert Betrug mir Corona-Tests: Der Ferrari ist weg

Der Hauptangeklagte pocht auf einen Softwarefehler als Ursache für den Betrug.
Der Hauptangeklagte pocht auf einen Softwarefehler als Ursache für den Betrug.

Es geht um Betrug in Million-Höhe. Ein 24-Jährige soll binnen sieben Monate Geld für knapp 150.000 gefälschte Corona-Tests erbeutet haben. Der Vorwurf: Hauptangeklagter und Mittäter sollen Tests und Getestete erfunden haben. Der 24-Jährige hat eine ganz andere Begründung.

Am dritten Verhandlungstag gegen die drei Angeklagten, die sich wegen Corona-Test-Betruges zu verantworten haben, sagten am Montag Ermittler des Dezernates für Wirtschaftskriminalität beim Landeskriminalamt als Zeugen aus. Dem 24-jährigen Hauptangeklagten wirft der Staatsanwalt vor, als Betreiber zweier Coronatest-Zentren in St. Ingbert, von Dezember 2021 bis Juli 2022 durch gefälschte Covid-19-Testungen der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes (KV) gemeldet und fast eine Million Euro in die eigene Tasche ergaunert zu haben. Eine 38-jährige Frau und ein damals 18-jähriger junger Mann sitzen wegen Beihilfe auf der Anklagebank.

Bevor die Ermittler als Zeugen aussagen, präsentierte der Vorsitzende Richter Thomas Emanuel das Ergebnis der Verständigung zwischen den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft. Nach den Geständnissen des Trios habe man für den 24-jährigen Hauptangeklagten auf einen Strafrahmen zwischen vier Jahren und sechs Monaten und vier Jahren und zehn Monaten geeinigt. Verteidiger Walter Teusch erklärte, dass sein Mandant dieses Angebot annehme. Die beiden Mitangeklagten könnten mit einer Bewährungsstrafe unter zwei Jahren davonkommen.

Für den 24-jährigen Ex-Betreiber käme es dann knüppeldick. Ferrari weg – Geld weg – Geständnis und über vier Jahre Haft. Denn: Die Polizei habe Vermögenswerte über 700.000 Euro einziehen können, darunter auch sein Ferrari, erklärte einer seiner drei Verteidiger.

Immer gleiche Namen auf den Testzertifikaten

Die beiden Kriminalkommissarinnen und ein Kollege schilderten gestern das Ergebnis ihrer Ermittlungen. Sie besichtigen die beiden Testzentren in der Hans-Wilhelmi-Straße in St. Ingbert und in der Ruwer Straße im Stadtteil Hassel. Die Beamtinnen führten Vernehmungen von Mitarbeitern der Zentren durch. Sie bestätigten, dass sie von dem 24-jährigen Betreiber der Zentren und der 38-jährigen Angeklagten, die von ihm als Stellvertreterin eingesetzt wurde, ständig unter Druck gesetzt wurden. Sie legten wiederholt Stapel von Testzertifikaten und Listen mit frei erfundenen Testpersonen den Mitarbeitern vor. Es erschienen immer wieder dieselben Namen und dieselben Geburtsdaten. Diese Aussagen wurden von den ermittelnden Kommissar bestätigt, der die sichergestellten Festplatten auswertete. „Von 100 Zertifikaten waren 96 gefälscht und nur vier echt“, sagte der Ermittler. In der Gesamtsumme waren von den über 151.472 Testungen lediglich 6000 Tests echt. Darüber wurde eine Summe von 1.033.152 dem zuständigen Leistungsträger, Kassenärztliche Vereinigung des Saarlandes vom Hauptangeklagten gemeldet. Es flossen demnach über 991.826,75 Euro in die private Schatulle des 24-Jährigen.

Dieser heuerte im Januar 2023, nachdem der Schwindel aufgeflogen war, einen IT-Forensiker an. Er sollte anhand der ihm übergebenen Unterlagen feststellen, dass ein Softwarefehler zu dieser Höhe der von ihm angegebenen Gesamtsumme ursächlich sei. Der IT-Spezialist stellte fest, dass im ihn übergebenen Datenträger immer wieder dieselben Personen mit denselben Geburtsdaten aufgefallen seien. Es seien häufig Personendaten mit Geburtsdatum 1.1.1990 aufgefallen. Der Spezialist spricht von einer geschätzten Quote von über 90 Prozent, die ihm auf diese Weise auffiel. Er habe sich verpflichtet gefühlt, der Polizei hierüber zu berichten, weil nach seiner Einschätzung der Betrugsverdacht vorliegen könne.

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