Saarbrücken Im Interview: Der neue Uni-Präsident Ludger Santen

Ludger Santen studierte in Köln und forschte an der Universität in Paris. 2001 zog es ihn dann ins Saarland, seit 2006 ist er Pr
Ludger Santen studierte in Köln und forschte an der Universität in Paris. 2001 zog es ihn dann ins Saarland, seit 2006 ist er Professor für Theoretische Physik. Mit seiner Ernennung zum Hochschul-Leiter im April diesen Jahres hat er seiner akademischen Karriere die Krone aufgesetzt.

Ludger Santen gehört seit Anfang April zu den einflussreichen Saarländern. Als neuer Präsident der Universität ist er nicht nur Chef und Professor, sondern auch für die Außendarstellung des Bundeslandes verantwortlich. Die RHEINPFALZ hat sich mit ihm über seinen neuen Job unterhalten.

Seit Anfang April ist Ludger Santen neuer Präsident der Universität des Saarlandes. Er wurde im Jahr 1969 in Haren an der Ems geboren und wechselte nach seinem Studium in Köln und einer Forschungstätigkeit in Paris im Jahr 2001 ins Saarland, wo er seit dem Jahr 2006 als Professor für Theoretische Physik tätig ist. Schon zu Beginn seiner Amtszeit wartete durch die vor wenigen Wochen verabschiedete Neufassung des saarländischen Hochschulgesetzes eine große Debatte auf ihn, die Politik und Wissenschaft gleichermaßen beschäftigte. Ein großer Kritikpunkt aus der Hochschullandschaft und der Politik war dabei die Einführung von sogenannten Ziel- und Leistungsvorgaben, wodurch das Wissenschaftsministerium künftig eine stärkere Priorisierung von Zielen erreichen möchte. In der Opposition und Hochschullandschaft sorgte der Passus jedoch für Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der Wissenschaftsfreiheit.

Herr Santen, wie haben sich die ersten Monate Ihrer Präsidentschaft gestaltet?
Die Vielfalt des Amtes ist für mich sehr beeindruckend, auch wenn ich es durchaus so erwartet habe. Ich habe das Privileg, Präsident einer Universität zu sein, die ein breites Spektrum an interessanten Themen abdeckt. Es ist schwer, einen Ort zu finden, der solch eine Vielfalt mit sich bringt und einem gleichzeitig auch noch die Möglichkeit eröffnet, sich mit vielen jungen Menschen auszutauschen.

Welche Themen treiben Sie derzeit am stärksten um?
Wir haben durch den Transformationsfonds des Landes eine große Chance bekommen, die Entwicklung unserer Universität voranzutreiben. Es ist nun unsere Aufgabe, die Universität in einem relativ kurzem Zeitfenster zukunftssicher zu machen. Diese Aufgabe erfordert überlegtes Handeln auf einer kurzen Zeitskala. Wir müssen uns im Klaren sein, dass wir als mittelgroße Universität im Wettbewerb mit anderen Universitäten sind. Das ist durch die Exzellenzstrategie komplizierter geworden, da es den Reputationsvorteil „Exzellenzuniversität“ für ausgewählte Universitäten, zu denen wir nicht gehören, vorher nicht gab. Entsprechend müssen wir uns noch stärker als früher darum kümmern, dass die Universität für Studierende und Forschende weiterhin attraktiv bleibt. Dies gilt insbesondere für besonders begabte Studierende. Das trifft derzeit zu und die Menschen müssen die Universität des Saarlandes auch weiterhin als einen Ort verstehen, der das Fundament einer herausragenden Karriere legen kann.

Die Bewerbung des Informatikbereichs um den Status der Exzellenzuni ist gescheitert. Welche konkreten Bereiche sollten künftig gestärkt werden?
Das Thema „Antropic Informatics“ ist für uns ein zentrales Zukunftsthema, das sich im Exzellenzwettbewerb leider nicht durchgesetzt hat. Ungeachtet dessen halte ich den Ansatz, Methoden der Informatik zu nutzen, um sozialwissenschaftliche, politische oder wirtschaftliche Phänomene zu verstehen, für wegweisend. Das Prinzip, Informatik mit anderen Fächern zusammenzubringen, hat sich in anderen Bereichen wie der Wirtschaftsinformatik, der Computerlinguistik und Bioinformatik als Erfolgsmodell erwiesen. Diese Beispiele zeigen, welches Potenzial neue Verknüpfungen zwischen den Fächern haben. Aus diesem Grund wollen wir den Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinsaft (DFG) folgend Verknüpfungen zwischen der Informatik und unkonventionellen Anwendungsfeldern stärken.

Wie kann Forschung stärker in konkrete wirtschaftliche Anwendungen übertragen werden?
Die Universität verfügt mit der Tochtergesellschaft Triathlon über einen eigenen Innovationsspezialisten, der sich genau mit diesen Themen beschäftigt. Dieser schon seit Jahren erfolgreiche Bereich wurde jüngst noch einmal neu aufgestellt. Wir wollen mit Triathlon zunächst einmal erreichen, dass sich möglichst viele Studierende und Forschende für die Themen Gründung und Wissenstransfer interessieren. Es ist belegt, dass eine höhere Zahl von sensibilisierten Studierenden später auch zu einer höheren Anzahl von Unternehmensgründungen führt. Die langfristige Ansiedlung von Firmen bedarf aber auch einer passenden Infrastruktur. Hier spielt das neue Innovation Center in einer frühen Phase der Gründung eine wichtige Rolle. Die Nähe zum Campus hat für viele Start-ups auch noch später eine wichtige Bedeutung. Es ist daher wichtig, dass Flächen in der Umgebung des Campus vorgehalten werden, die für junge Unternehmen in der Wachstumsphase zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang ist es zu begrüßen, dass neue Entwicklungsflächen am Campus genehmigt wurden, selbst wenn dadurch eine wenige Hektar große Fläche im Stadtwald gerodet werden muss. Diese Maßnahme ist aus meiner Sicht auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt, weil einerseits eine doppelt so große Fläche aufgeforstet wird und andererseits eine Weiterentwicklung des Campus anders nicht möglich wäre.

Internationaler Austausch zwischen Studierenden ist essenziell und die Attraktivität in diesem Bereich wird für die Universität immer wichtiger. Wo sehen Sie weiteres Potenzial?
Wir haben das Privileg, dass die Universität des Saarlandes eine sehr internationale Hochschule ist, obwohl sie nicht im Umfeld einer Millionenstadt liegt. Die enge Beziehung zu Frankreich ergibt sich schon aus ihrer Gründungsgeschichte, es gibt aber auch eine große Zahl von Studierenden aus anderen Ländern. Wir müssen gleichzeitig vor Augen haben, dass der demografische Wandel gerade im Saarland eine große Rolle spielt. Allein um die Größe der Universität des Saarlandes zu erhalten, brauchen wir daher zunehmend mehr internationale Studierende. Diese sollten zudem entsprechend vorbereitet sein, um ein Studium bei uns aufzunehmen. Das bedeutet, dass wir in Aufnahmeverfahren für derartige Studierende investieren und in unseren Netzwerken stärker dafür werben müssen. Wir wollen daher bestehende Universitätskooperationen nutzen, um auf die Möglichkeiten im Saarland hinzuweisen. Dieser Wettbewerb ist intensiv und wir müssen sicherstellen, dass wir attraktive Angebote schaffen.

Was ist Ihre Auffassung zum neuen Hochschulgesetz?
Das Gesetz hat uns in einigen Bereichen neue Möglichkeiten gegeben, mit anderen Änderungen sind wir dagegen nicht so glücklich. Das Gesetz definiert aber nur den Handlungsrahmen. Wichtiger ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien. Da sehen wir uns auf einem guten Weg.

Das neue Gesetz erwähnt auch Ziel- und Leistungsvorgaben, die stärker überprüft werden sollen. Wie bewerten Sie diese Änderungen?
Natürlich gibt es Kennzahlen, die für die Steuerung der Universität von Bedeutung sind. Man muss allerdings berücksichtigen, dass Forschende in erster Linie aus eigenem Antrieb motiviert sind. Deshalb ist eine Verknüpfung von Kennzahlen mit Leistungsanreizen für einzelne Professuren wenig zielführend und in einzelnen Aspekten sogar schädlich.

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