Homburg Notfalltraining: Paul kann Frühchen das Leben retten

An einer Puppe den Ernstfall trainieren. Eva Schwindt (von links) begleitete die Übung von Nasenien Nourkami-Tutdibi und Lisa Sc
An einer Puppe den Ernstfall trainieren. Eva Schwindt (von links) begleitete die Übung von Nasenien Nourkami-Tutdibi und Lisa Schlosser.

Passiert bei einem Frühchen ein medizinischer Notfall, dann geht es um Sekunden um Leben und Tod. Wie die Mitarbeiter dann richtig reagieren, das können sie nun mit einer speziellen Trainings-Puppe üben.

„Paul“ heißt die hochmoderne Trainingspuppe auf der Neugeborenen- und Kinderintensivstation der Homburger Uniklinik. Mitte Juli haben die Mitarbeiter an ihr das erste Mal trainiert. „Paul“ ist ein Frühchen. Gerade auf die Welt gekommen ist er nur 35 Zentimeter groß und 1.95 Gramm schwer − kein einfacher Start ins Leben. Die Atemgeräusche der Trainingspuppe sind auffällig, plötzlich fällt die Sauerstoffsättigung in seinem Blut und Pauls Haut verfärbt sich langsam blau. Dann hört er auf zu atmen. Ein Notfall, auf den die Mitarbeiter der UKS-Kinderklinik schnell und zielgerichtet reagieren müssen.

Die Trainingspuppe, so die Uniklinik, ist extrem lebensecht gestaltet. Normales Atmen simuliert sie genauso lebensecht wie Atemstörungen, auch den Stillstand der Atmung kann er sehr detailgetreu nachbilden. Der Puls ist tastbar und die Puppe kann einen kompletten Kreislaufstillstand simulieren. Die Liste der Hightech-Funktionen ist lang. Er ist das Kernstück der Trainings-Einheit, zu der weitere Hard- und Software gehört: ein spezielles Stethoskop, das mit der Puppe agiert, wenn „Pauls“ Atem-, Herz- und Darmgeräusche abgehört oder eine spezielle Kamera, die das Trainingsgeschehen überwacht. Besonders wichtig ist das spezielle Computerprogramm, über das die gesamte Simulation sehr detailliert gesteuert werden kann und ermöglicht, lebensechte Notfallsituationen abzubilden.

Viele Eingriffe bei Frühchen besonders schwer

„Nach kurzer Zeit wirkte die Situation wie echt“, beschreibt Lisa Schlosser ihre Erfahrungen beim ersten Simulationstraining mit Paul und der Hersteller-Firma, das Mitte Juli an der UKS-Kinderklinik stattfand. Über zwei Tage wurde intensiv trainiert. Es gab pro Tag zwei Gruppen, die jeweils aus vier Ärzten sowie vier Pflegefachkräften bestand. Fünf Stunden lang wurden die Teams intensiv geschult, insgesamt nahmen 32 Personen am Training teil. „Ich konnte mein Wissen auffrischen, Dinge dazulernen und neue Ansätze kennenlernen. Besonders den Blick von außen auf unsere Abläufe empfand ich als sehr wertvoll“, so die Kinderkrankenpflegerin .

Dem stimmt Nasenien Nourkami-Tutdibi zu: „Wir wussten vorher nicht genau, was auf uns zukommt. In einem interprofessionellen Team aus jeweils einem Arzt und einer Pflegefachkraft wurden wir in die Situation geschickt und mussten rasch und professionell reagieren – wie bei einem echten Notfall“. Für die Oberärztin gab es beim Training sogar noch eine zweite sehr positive Überraschung. „Wir verfügen in der Kinderklinik jetzt über ein neues Videolaryngoskop, das ich im Training einsetzen konnte. Es wird uns in der Praxis helfen, insbesondere bei der Ausbildung von jungen Medizinerinnen und Medizinern in der Fach- und Weiterbildung.“ Ein Videolaryngoskop ermöglicht es, den Bereich im Kehlkopf videogesteuert und so etwa den Eingang zur Luftröhre sicher darzustellen, um einen Beatmungsschlauch zu platzieren. Insbesondere bei Neu- und Frühgeborenen kann die korrekte Platzierung des Beatmungsschlauches eine Herausforderung sein. Durch die Videotechnik sieht man die Anatomie und die eigenen Arbeitsschritte auf einem externen Monitor und damit noch besser. Das hilft den erfahrenen Ärztinnen und Ärzten nicht nur, wenn sie selbst mit dem Gerät arbeiten. Sie können so auch den Nachwuchs gezielter anleiten, wenn sie den Prozess über den Bildschirm genau beobachten können. „Auch weitere Fertigkeiten und Manöver können sehr gut trainiert werden“, so Nourkami-Tutdibi.

Zemlin: „Notfall ist immer eine Ausnahmesituation“

Dass mit Paul so viele Notfallszenarien geübt werden können, darüber freut sich ebenso der Direktor der Klinik für allgemeine Pädiatrie und Neonatologie Michael Zemlin. „Wir haben bei uns sehr routinierte Kolleginnen und Kollegen im Team. Aber ein Notfall ist immer eine Ausnahmesituation, besonders bei Frühgeborenen mit einem sehr niedrigen Geburtsgewicht. Solche Szenarien gezielt und lebensecht trainieren zu können, ist ein großer Zugewinn für unsere Aus- und für unsere stetige Weiterbildung.“ In einem nächsten Schritt sollen Mitarbeitende der Klinik angeleitet werden, um selbst die Simulationen an Paul steuern zu können. Damit kann die Klinik dann eigenständig Trainings durchführen.

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