St. Ingbert Vor Gericht: Mit gefälschten Corona-Tests eine Million ergaunert?

Der 24-jährige Hauptangeklagte verdeckt nicht nur sein Gesicht, auch Aussagen gibt es von ihm vorm Saarbrücker Landgericht nicht
Der 24-jährige Hauptangeklagte verdeckt nicht nur sein Gesicht, auch Aussagen gibt es von ihm vorm Saarbrücker Landgericht nicht.

Es geht um einen Betrug in Millionenhöhe. Binnen acht Monate soll ein 24-Jähriger zusammen mit zwei Komplizen über 145.000 erfundene Corona-Tests abgerechnet haben. Zwei Männer schweigen vor Gericht, die mitangeklagte 38-Jährige legt ein Teilgeständnis ab.

Über eine Millionen Euro sollen sich der 24-jährige Ex-Betreiber eines Corona-Testzentrums zusammen mit einer 38-Jährigen und einem 21-Jährigen unter den Nagel gerissen haben. Nun sitzen die drei Personen beim Saarbrücker Landgericht auf der Anklagebank. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Betrug.

Die Anklage wirft dem Trio vor, von Dezember 2021 bis Juli 2022 über 150.000 Covid-19-Testungen der kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes (KV) zu Unrecht gemeldet zu haben, tatsächlich sollen davon aber nur vier Prozent − etwa 6000 Abstriche − tatsächlich durchgeführt worden sein, so die Staatsanwaltschaft. Über 145.000 Corona-Tests wären somit erfunden gewesen. Diese Tests seien „zu Betrugszwecken frei erfunden und bewusst mehrfach erfasst“, so die Anklage. Die Kassenärztliche Vereinigung zahlte dem 24-Jährigen insgesamt 1.033.152 Euro ausgezahlt. Der Betreiber habe sich auf laut Anklage auf Kosten der Gesellschaft „eine auf Dauer angelegte Einnahmequelle von nicht unerheblichem Umfang geschaffen und so seinen Lebensstandard zu erhöhen“. Die Anklage gegen ihn lautet: Betrug in acht Fällen und versuchter Betrug. Der 21-Jährige und die 38-Jährige sind wegen Betrug in vier Fällen angeklagt, beide hätten nur vier Monate in den Testzentren gearbeitet. Die Anklage berechnet die Abrechnung eines Monates als jeweils einen Fall.

„Habe gemerkt, dass da etwas nicht stimmen kann“

In den beiden St. Ingberter Testzentren − eins in der Innenstadt, das andere im Stadtteil Hassel − sollen die Angeklagten nach ihren gefälschten Angaben monatlich Beträge zwischen 170.000 und 304.000 Euro ausbezahlt bekommen haben. Die 38-jährige Ex-Mitarbeiterin habe das Testzentrum in Hassel für den 24-Jährigen in dessen Abwesenheit geleitet. Sie erstellte die Schichtpläne, wies Mitarbeiter ein und war diesen gegenüber weisungsbefugt, so der Staatsanwalt. Den Mitarbeitern habe die 38-Jährige immer wieder Stapel von Testzertifikaten und Listen mir frei erfundenen Daten und vermeintlich getesteten Personen vorgelegt. Die Mitarbeiter sollten die entsprechenden Personen und Testzertifikate wiederholt als neu durchgeführte Tests erfassen.

Im Prozess am Mittwoch legte die 38-Jährige neben ihrem Verteidiger Michael Rehberger sitzend ein Teilgeständnis ab. „Ich habe gemerkt, dass da was nicht stimmen kann, dass da ein Betrug läuft. Bei den fingierten Testpersonen wurden gefälschte Telefonnummern oder solche mit Nullen versehenen und in das System eingegeben.“ Der Richter konterte: „Trotzdem haben sie weitergemacht.“ Die Angeklagte gestand diesen Vorwurf kleinlaut mit der Begründung, sie müsse sich als Alleinerziehende um das Wohl ihres Kindes sorgen. Die Angeklagte war vier Monate von Januar bis April 2022 in dem Testzentrum tätig.

Zwei Angeklagte hüllen sich in Schweigen

Der heute 21-jährige dritte Angeklagte arbeitete ebenfalls im Testzentrum Hassel. Er wurde vom 24-jährigen Betreiber beauftragt, „bewusst Test-Zertifikate von nicht existenten Personen“ anzulegen, so die Staatsanwaltschaft. Nachdem die 38-jährige Angeklagte im April 2022 das Testzentrum verlassen hatte, sei er als rechte Hand des 24-jährigen Betreibers nachgerückt. „Er legte fortan den anderen Mitarbeitern des Testzentrums immer wieder Stapel von Testzertifikaten und Listen von fingierten Daten und vermeintlich getesteten Personen vor und wies die Mitarbeiter an, die entsprechenden Daten wiederholt als neu durchgeführte Tests zu erfassen“, sagt der Staatsanwalt. Dem 21-Jährigen sei bekannt gewesen, dass die Tests nicht so häufig durchgeführt wurden und „die Anzahl der Personen- und Testdaten willkürlich frei erfunden waren“, schreibt die Anklage. Der 21-Jährige schwieg im Prozess am Mittwoch zu den Tatvorwürfen, ebenso sein ehemaliger Chef. Für den Prozess hat die Kammer sieben weitere Verhandlungstage vorgesehen.

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