Speyer Alternative zu Arrest

Seit zehn Jahren gibt es beim Amtsgericht Ludwigshafen das Impulsprojekt. Straffällige Jugendliche durchlaufen dabei ein zweitägiges Programm, anstatt in Haft zu kommen. Es ist laut Gericht ein landesweit einzigartiges Projekt. Über 250 junge Menschen haben bislang teilgenommen.

Eines klärt Ansgar Schreiner, Direktor des Amtsgerichts, vorweg: Mit Tätern wie dem zwölfjährigen mutmaßlichen Nagelbombenleger auf dem Weihnachtsmarkt hat das Impulsprojekt nichts zu tun. Aus einem ganz einfachen Grund: Jugendliche unter 14 Jahren sind schuldunfähig. Das Impulsprojekt richtet sich an Menschen zwischen 14 und 20 Jahren, denen ein Arrest droht. Dem können sie entgehen, wenn sie stattdessen ein zweitägiges Programm am Amtsgericht durchlaufen. Es greift, wenn ambulante Maßnahmen – etwa Sozialstunden – nicht ausreichen, man die vorübergehende Haft aber vermeiden möchte, zum Beispiel bei Diebstahl, Schwarzfahren oder leichter Körperverletzung. Etwa zwei bis drei Jugendliche pro Monat bekommen diese Chance, wie Schreiner sagt. Seit Beginn des Projekts wurden über 250 junge Menschen betreut. Und die Erfolgsquote? Darüber, wie viele der Täter aus dem Impulsprojekt wieder ein Delikt begehen, gebe es keine Statistik, sagt Schreiner. Er schätzt, dass es etwa fünf bis zehn Prozent sind. Die jugendlichen Täter erwarten zwei vollgepackte, klar durchstrukturierte Tage, gestaltet von unterschiedlichen Vereinen. Stefan Streitel vom Pfälzischen Verein für soziale Rechtspflege bietet ein Bewegungsprogramm an. Damit die Jungs und Mädchen lernen, mit Sport abzuschalten, oder dabei Aggressionen abzubauen. Streitel joggt mit ihnen um die Parkinsel oder spielt Tischtennis. Kay Toewe von der Diakonie ist Ansprechpartner zum Thema Cybermobbing. Im Internet gemobbt zu werden, sei eine Erfahrung, die schon viele Jugendliche gemacht haben, sagt er. Mit dabei sind auch Pro Familia, der Ludwigshafener Verein für Jugendhilfe, das Caritas-Zentrum, das Ludwigshafener Haus des Jugendrechts (Jurelu) und das Jugendamt. Die Jugendlichen setzen sich mit der eigenen Biografie auseinander und markieren auf einem Zeitstrahl ihre Lebensstationen. Es gibt sexualpädagogische Angebote, Suchtberatung und kreatives Arbeiten. Auch zum Projekt dazu gehört ein Arbeitseinsatz am Gerichtsgebäude, zum Beispiel den Parkplatz kehren, Akten oder Möbel transportieren. Das Impulsprojekt zeige den Jugendlichen: „Jetzt wird es ernst!“, betont Schreiner. Es sei das einzige Projekt dieser Art in Rheinland-Pfalz. Und ein besonderes ist es zweifelsohne, da sich zwei Tage lang alles um einen einzigen jungen Menschen dreht und mindestens zehn Menschen extra für ihn zum Amtsgericht kommen. |rxs

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