Karlsruhe Andrei Gavrilov – ein Virtuose und seine Geschichte

Andrei Gavrilov kommt nach Karlsruhe.
Andrei Gavrilov kommt nach Karlsruhe.

Der russische Pianist Andrei Gavrilov ist ein Weltstar seiner Zunft. Vor 50 Jahren gewann er in jungen Jahren den Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb. Schon kurze Zeit später war er zum ersten Mal in Landau. Nun spielt er in 14 Tagen bei den Karlsruher Meisterkonzerten.

„Andrei Gavrilov ist ein temperamentvoller Künstler, der seine Leidenschaften nicht immer zügeln kann und in einer Art Spielwut-Crescendo ständig steigert. Der Mann rast durch die virtuosen Passagen wie ein Sausewind, der sich allmählich in einen Hurrikan verwandelt. ... Eigentlich ist Gavrilov weder ein Gewichtheber noch ein Tastenprolo, sondern ein mitunter extrem lyrisch gestimmter Künstler.“ So schrieb unser unvergessener Mitarbeiter Gerd Kowa 2008 über ein Konzert des russischen Pianisten Andrei Gavrilov mit der Deutschen Staatsphilharmonie. Eigentlich könnte man das zu jedem seiner Auftritte so sagen, auch zu jenen in der Landauer Festhalle, die nun schon fast 50 Jahre zurück liegen und an die sich vielleicht einige ältere Musikfreunde noch erinnern können. Der damalige Kulturamtsleiter Peter P. Orlob hatte den 1955 in Moskau geborenen Musiker, der schon als noch nicht Dreijähriger von seiner Mutter unterrichtet wurde, nicht lange nach seinem Gewinn des Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerbs (quasi dem Oscar oder Nobel-Preis für Pianisten) nach Landau engagiert.

Der Abend war denkwürdig: Gavrilov spielte im Pullover, weil seine Konzertrobe nicht rechtzeitig angekommen war, und begeisterte mit einem hochvirtuosen, energiegeladenen Spiel. Es gab unter anderem Chopins b-Moll-Sonate (die mit dem berühmten Trauermarsch) und als Zugabe eine umwerfende Wiedergabe von Liszts Paganini-Etüde „La Campanella“. Wenige Jahre später war Andrei Gavrilov noch einmal in der Landauer Festhalle, diesmal spielte er auch ruhigere Stücke wie Impromptus von Schubert. Ende der 1970er-Jahre war der damals noch sehr junge Pianist schon auf dem Gipfel der Klavierwelt. Ein sehr apartes Zeugnis und so gar nicht tastendonnerndes Dokument seiner Kunst aus dieser Zeit ist der Mitschnitt eines Konzertes mit Svjatoslav Richter aus Tours in Frankreich, bei dem beide im Wechsel die Klaviersuiten von Georg Friedrich Händel spielen.

Doch 1979 fiel Gavrilov beim KGB und der sowjetischen Führung in Ungnade und durfte die UdSSR nicht mehr verlassen. Erst fünf Jahre später wurde er rehabilitiert und konnte wieder im Westen Konzerte geben. Er bat damals erfolgreich bei Michail Gorbatschow um Vermittlung. Er war dann der erste sowjetische Künstler, dem die Erlaubnis erteilt wurde, im Westen zu bleiben, ohne politisches Asyl beantragen zu müssen.

Doch 1993 passiert etwas für Pianisten erstaunlich Häufiges, man denke nur an Horowitz, Glenn Gould oder Tzimon Barto: Andrei Gavrilov zieht sich schlagartig vom Konzertbetrieb zurück und sucht sich selbst neu. Erst seit 2001 tritt er wieder auf. Er war dann in den „Nullerjahren“ auch einige Male in der (Kur)Pfalz und spielte mehrfach mit der Deutschen Staatsphilharmonie (siehe das Zitat am Beginn dieses Beitrags). Mittlerweile dirigiert er bei Klavierkonzerten selbst vom Klavier aus.

Am 14. November kommt er aber in die Region zu einem Solorezital mit einem sehr spannenden Programm. In der Reihe der Karlsruher Meisterkonzerte im Konzerthaus am Festplatz spielt er um 19.30 Uhr Präludien und Fugen aus dem ersten Band des „Wohltemperierten Klaviers“ von Johann Sebastian Bach, dann die epochale, einsätzige und dennoch halbstündige Klaviersonate h-Moll von Franz Liszt und schließlich die achte Klaviersonate von Sergei Prokofjew, die dritte der sogenannten „Kriegssonaten“ aus dem Jahr 1944.

Diese ist wie die von Liszt technisch überaus anspruchsvoll, aber für gestandene Pianisten gewiss noch mehr eine gestalterische Herausforderung. Hier sind dann all die Tugenden gefragt, die in dem Ausschnitt aus der RHEINPFALZ-Rezension Andrei Gavrilov attestiert werden.

Das nächste Karlsruher Meisterkonzert ist schon am 9. November, dann spielt mit Anna Vinnitskaya eine Landsfrau von Gavrilov die Paganini-Rhapsodie von Rachmaninow. Die in Landau bestens bekannte Deutsche Radio Philharmonie begleitet. Im Lauf der Saison kommen noch Lucie Horsch, Blockflöte, Gabriel Schwabe, Violoncello, die Pianistin und neue künstlerische Leiterin des Zyklus Shin-Heae Kang und der Geiger Michael Barenboim zu den Karlsruher Meisterkonzerten.

Info

Infos zum Programm der Karlsruher Meisterkonzerte und Karten für die kommenden sechs Konzerte gibt es unter karlsruhe-klassik.de, Telefon 0721 384 86 86. Zum Künstler: www.andreigavrilov.com.

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