Speyer Arzt empfiehlt vorbeugende Behandlung

91-87914493.jpg

In die Kinderarztpraxis von Rainer Eickhoff in der Otto-Dill-Straße in Neuhofen kommen seit ein paar Tagen viele verunsicherte Eltern aus Waldsee: Sie haben Angst, dass sich ihre Kinder mit Tuberkulose angesteckt haben. Wie berichtet, war in dieser Woche bekanntgeworden, dass ein 17-jähriger Iraner, der im katholischen Kindergarten St. Martin in Waldsee ein Praktikum gemacht hatte, an offener Lungentuberkulose erkrankt ist.

Alle 100 Kinder, die den Kindergarten in Waldsee besuchen, sollen sich laut Simone Riedel, Sprecherin des Rhein-Pfalz-Kreises, testen lassen. „Es gibt zwar vier verschiedene Gruppen, aber im Außenbereich kommen alle miteinander in Kontakt“, sagt Riedel. Auch rund 50 Betreuer, Lehrer und andere Jugendliche, die mit dem jungen Mann Kontakt hatten, wurden aufgefordert, einen Test zu machen. Der erkrankte 17-Jährige ist als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling eigentlich in einer Vierer-Wohngruppe in Waldsee untergebracht. Die ansteckende Infektionskrankheit wurde entdeckt, als er während einer Freizeit in Oberstdorf zum Arzt ging. Behandelt wird er jetzt voraussichtlich mehrere Wochen im Klinikum Ludwigshafen. Auch im Rhein-Pfalz-Kreis wurden die Ärzte in Alarmbereitschaft versetzt. Wer Kontakt zu dem Flüchtling hatte, wurde vom Gesundheitsamt des Kreises aufgefordert, sich untersuchen zu lassen. Der ärztliche Leiter der Behörde, Thomas Leifert, sagte gestern auf Nachfrage: „Die Kinder aus Waldsee werden jetzt bei Kinderärzten getestet, das ist in stattlichem Umfang angelaufen und geht nächste Woche weiter. Perspektivisch sollte das nächste Woche abgeschlossen werden können.“ Zu dem Kinderarzt Rainer Eickhoff in Neuhofen sind bisher zehn bis 15 Eltern mit Kindern gekommen, die den Kindergarten in Waldsee besuchen. „Das beschäftigt die Eltern schon sehr“, sagt Eickhoff. Er nimmt den Kindern kein Blut ab, sondern hat sich für eine andere Testvariante entschieden, die weniger unangenehm für die Kinder ist. „Sie bekommen einen Teststoff in den Unterarm gespritzt, nach zwei bis drei Tagen kann man dann sehen, ob sie erkrankt sind.“ Ist der Test negativ, muss er nach zwei bis drei Monaten wiederholt werden, um eine Erkrankung komplett ausschließen zu können. Bei unter Fünfjährigen empfiehlt der Arzt außerdem eine vorbeugende Behandlung mit einem Anti-Tuberkulose-Mittel. „Die Gefahr, sich anzustecken, ist in diesem jungen Alter besonders hoch.“ Gestern Abend traf sich Eickhoff mit mehreren Eltern, um mit ihnen zu besprechen, ob die Kinder vorsorglich ein Medikament bekommen sollen. Eickhoff sagt: „Das Heimtückische an Tuberkulose ist, dass die Krankheit nach der Ansteckung nur sehr schleichend beginnt.“ Anders als bei einer Lungenentzündung, die sich mit schwerem Husten und hohem Fieber bemerkbar mache, dauere es nach der Ansteckung mit Tuberkulose zwei bis vier Wochen, bis man überhaupt etwas bemerke. „Und auch dann kann es nur ein leichter Husten sein.“ Die tückische Krankheit erkenne man dann erst auf Röntgenbildern. Wichtig ist dem Kinderarzt die Information, dass die Kinder aus Waldsee, auch wenn sie sich angesteckt haben sollten, selbst nicht ansteckend sind. „Im ersten Stadium spricht man von einer geschlossenen Tuberkulose, die ist nicht ansteckend“, sagt Eickhoff. Es sei generell selten, dass an Tuberkulose erkrankte Kinder ansteckend seien. Und was ist mit den Betreuerinnen aus Waldsee? Markus Herr, der Pressesprecher des Bistums Speyer, das Träger des Kindergartens ist, sagt auf Anfrage: „Wir haben nicht nur die Eltern informiert, dass sie ihre Kinder testen lassen sollen, sondern selbstverständlich auch die Mitarbeiterinnen. Viele haben sich bereits testen lassen, ein paar sind noch im Urlaub. “ Kinderarzt Eickhoff sagt: „Wenn jemand im Urlaub ist, gibt es keinen Grund, den jetzt zu alarmieren.“ Es reiche auch aus, wenn man sich in ein bis zwei Wochen testen lasse. Was für Maßnahmen noch getroffen werden? Bistums-Sprecher Herr sagt: „Der katholischen Kindergarten St. Martin in Waldsee wird jetzt ganz gründlich gereinigt.“ Insgesamt ist er überzeugt, dass jetzt alle Maßnahmen ergriffen wurden, die man in solch einem Fall ergreifen müsse. „Und die Reaktionen der Menschen in Waldsee waren sehr unaufgeregt“, sagt Herr.

x