Speyer Bach auf dem Elektro-Trip

Dass Musik – ganz gleich, welchen Genres – eine Genusssache ist, hat ein Trio gestern Nachmittag im Historischen Ratssaal Speyer bewiesen. Geigerin Julia Czerniawska, Pianist David Serebryanik und Kontrabassist Johannes Alisch gestalteten ein Konzert unter dem Motto „Klassik trifft Improvisation“.

Im Heidelberger Jazzclub „Cave“ jammen und jazzen die drei immer wieder gerne zusammen. Gestern zeigten sie, dass auch klassische Musik sehr viel mit Improvisation zu tun hat. Julia Czerniawska, die im Orchester des Mannheimer Nationaltheaters bei den Ersten Violinen spielt, war in der Nachmittagskonzert-Reihe schon im Duo mit dem Gitarristen Wolfie Mayr zu erleben. Diesmal belebte sie auch einen Bach und mischte ein Violinsolo des Meisters improvisatorisch auf. Czerniawska variierte Motive daraus und reicherte sie mit modernen Rhythmen an, die sie selbst spontan dazuspielte und über eine elektronische Loop-Station abrief – Bach auf dem Elektro-Trip sozusagen. Auch der Komponist Astor Piazzolla hat einst mit Klassischem und Populärem jongliert. Das Trio weitete dies gestern noch aus: Themen aus Piazzollas „Herbst“ und „Winter“ wechselten zwischen Melancholie und Vitalität. Da wurde der Notentext ebenso gerne und stimmungsvoll aufgelockert. Die virtuose Geigerin entlockte ihrem Instrument gefühlvolle Elegien und genussvoll gleitende Töne. Dass Frederic Chopin seine Mazurkas aus polnischer Volksmusik adaptiert hat, wurde klar, als die drei Musiker eine davon zum Ausgangspunkt ihrer Improvisation machten und Dreierrhythmen sowie kräftige Melodien aus Masuren hören ließen. Mit Beethoven ließ sich gleichfalls swingen und jazzen: Bei seinem „Für Elise“ fuhr David Serebryanik sein Faible für pianistische Spätromantik ebenso aus wie seine Begabung für lustvolle Jazzrhythmen. Eine Instrumenten-Rarität hatte Johannes Alisch mitgebracht: sein Campunola – eine Celloart. Ihr entlockte er ein farbenreiches Bach-Solo und glänzte darauf improvisatorisch ebenso wie am Kontrabass. Das Trio schuf in seinem Programm fließende Übergänge von romantisch träumerischen Improvisationen und gefühlvoll ausgekosteter Melodik zu Klassischem. Mit am Ende stehenden Nummern von George Gershwin bestätigten die drei noch einmal vollends, was das begeisterte Publikum schon während des ganzen Konzerts bemerken konnte: Musik ist eine Sache zum Genießen.

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