Speyer Briefe an die Lokalredaktion:

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Dekan Markus Jäckles Missbrauch seiner Kanzel für Stammtischgeplapper erinnert an das Lutherwort, dass „die falschen Pfaffen und Rottengeister ... immer lehren (wollen), wie man das weltliche Regiment ordnen soll“ (Auslegung des Psalms 101). Patrick Seiler hat sich mit seiner kritischen Eingangsfrage „Politik von der Kanzel – ist das nicht Seelsorge von gestern?“ um den deutschen Journalismus verdient gemacht. Ich lebe als lutherischer Theologe und Autor in Kalifornien und bin wahrhaftig kein Trump-Anhänger. Aber unsere aus den Fugen geratene Welt braucht nichts dringender als eine saubere Verkündigung des Trost spendenden Evangeliums. Andererseits verdient das 240 Jahre alte amerikanische System der „checks and balances“, der Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Justiz, mehr Vertrauen als die Hybris eines Pfälzer Pfarrers, dessen Berufsweg ihn nicht dazu qualifiziert, solche unmaßgeblichen Kommentare ex cathedra abzusondern. Ich muss mich wundern, dass über solche Anträge überhaupt diskutiert werden muss. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Grünen mal ein Bild von der Verkehrssituation in der Altstadt vor Ort machen würden, egal ob gebaut wird oder nicht. Die Straßen sind täglich verstopft, teilweise geht es weder vor noch zurück. Mittwochs kämpft sich die Müllabfuhr unter Schwerstarbeit durch die Straßen. Was ist mit den Anwohnern, denen der Verkehr teilweise direkt vor der Haustür vorbeifährt? Gehwege gibt es fast nicht. Wie sollte ein Rettungsdienst durchkommen? Nein, nein, es fällt mir schwer, die Grünen überhaupt ernst nehmen zu können. Meine Frau und ich gingen mit unseren „Mederscher Blutsverwalten“ und viel Vorfreude zur Prunksitzung, vorne weg: Es war ein toller Abend. Großer Unterhaltungswert, sehr gute Akteure, Normalbürgerpreise für Essen und Getränke, eigentlich wäre damit alles gesagt. Jedoch sehen meine Frau und ich diese Veranstaltung auch als frühere Akteure und Mitglieder der Musik und Gesangsgruppe „die Siedlungsheiler“ mit nicht geringer Auftritts und Bühnenerfahrung. Da war der pünktliche Einmarsch des Elferrates, eingerahmt durch die Garde. Ein Top-Bühnenbild inklusive des Elferrates und natürlich die liebliche Garde. Der coole Sitzungspräsident hatte alles im Griff, sehr wichtig. Die Vorträge waren ortsorientiert, aber nicht nur für Insider verständlich. Bei den Büttenreden Politik und Kokolores halten sich die Waage, kurzweilig und gekonnt. Alle Garde- und Schautänze waren Fernsehreif (Frankenthal ist nicht besser). Die Saalmusik (Keyboard und Schlagzeug) sehr gut. Der Narrenchor ein absolutes Erlebnis, musikalisch hohes Niveau. Musikgruppe mitreisend toll, Gesangsvorträge des Abends alle sehr gut. Und da war das pünktliche Ende einer ganz großen, nicht überlangen Veranstaltung. Das Format ist natürlich auch sehr abhängig von der Technik. Bei der Mechtersheimer Prunksitzung war sie ohne Makel. Kein Piepser, kein Brummer, kein Mikroausfall, kein falscher Ton, angenehme Lautstärke. An der Technik sparen, gerade was Beschallung und Licht betrifft ist der falsche Weg. Die teilweise monatelangen Proben und Vorbereitungen der Vortragenden sind dann für die Katz. Wie wissen dies aus eigener Erfahrung. Ehrenamt ist ein durch Wahl legitimiertes Engagement in öffentlichen Funktionen. Da eine Wahl von Dr. Lothar Daum als Organisator der Otterrock-Konzerte nicht stattgefunden hat, sprechen wir hier von einer Freiwilligentätigkeit. Egal, ob das Eine oder das Andere, die Person die dieses Amt ausübt wird weder zum Dienst, noch zum Einsatz von Mitteln gezwungen und hat sich, ebenfalls freiwillig, Recht und Ordnung zu fügen beziehungsweise in diesem Rahmen zu handeln. Wenn ich zum Beispiel mit einer Drohne Bilder von der Umgebung machen will, nur weil ich der Meinung bin, die Welt braucht das, kann ich nicht persönlich getroffen sein, wenn ich diese Erlaubnis (zu Recht) nicht erhalte und auf den schimpfen, der mir die für mich negative Botschaft überbringen muss, um ihn dann bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit (zum Beispiel durch Leserbriefe) öffentlich zu kritisieren. Keine Kommune möchte sich mit dem Finanzamt anlegen, eine ihr übergeordnete Behörde, die in erster Linie dafür Sorge trägt, dass Steuergelder eben nicht verschwendet werden. Ob die Veranstaltung erfolgreich zu bewerten ist oder nicht, sollten Zahlen belegen (Kartenverkauf, Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt, Verdienst der Vereine, Abgabe der Überschüsse etc.). Das Finanzamt hat von weiteren Prüfungen abgesehen, wenn die Veranstaltung nicht mehr stattfindet. Das spricht doch für sich. Durch Wegfall dieses Events wird kein in Otterstadt alteingesessenes Kulturgut mit Füßen getreten. Des Weiteren sollte man sich bewusst machen, dass auch der „Torpedierer“ Zimmermann Exekutive, Legislative und Judikative nicht auf sich vereinen kann.

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