Speyer „Das Thema ist ein Tabu, wenn es einen persönlich betrifft“

Landau. Bei Kaffee und Kuchen wird gerne über die schönen Dinge des Lebens geplaudert. Über Tod und Sterben eher nicht. Das will die Uni Landau ändern: mit einem Death-Café am Mittwoch im Lokal „Suppe mag Brot“. Jan Peter Kern hat mit dem Dozenten Sven Jennessen vorab darüber gesprochen.

Herr Jennessen, wie oft denken Sie an den Tod?

Ha, eine lustige Frage. Relativ häufig. Was daran liegt, dass ich mich beruflich mit dem Sterben und dem Tod auseinandersetze – und das schon ziemlich lange. Vor allem, was Bildung und Tod angeht, gerade mit Blick auf Kinder, die sehr krank sind und deswegen früh sterben werden. Mit Fragen wie „Wie sieht die Arbeit im Hospiz aus?“ konfrontieren wir auch unsere Studenten der Sonderpädagogik. Da beschäftigt man sich automatisch auch privat mit dem Tod. Warum reden wir nicht so gerne übers Sterben? Das ist so ein Thema, das man sich vielleicht ganz gerne anguckt, wenn es im Fernsehen bei einer Reportage präsentiert wird. Man spricht mittlerweile sogar von Todespornografie, wenn man bis in den letzten Winkel des Sterbens und Todes guckt, wenn man Menschen beim Sterben begleitet. Das Thema ist aber dann ein Tabu, wenn es einen persönlich betrifft. Dann erleben alle Menschen, dass sie nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen, dass sie keine Sprache haben, um darüber zu reden. „Mir fehlen die Worte“ – alleine so was zu sagen, das fällt schon sehr vielen schwer. Der Tod steht im Mittelpunkt des Death-Cafés ; Café des Todes – was ist das denn genau? Das ist eine Veranstaltung, die auf einer Idee des Londoners Jon Underwood beruht. Er hat sich 2011 überlegt, dass es in London viel wildes und pulsierendes Leben gibt – und wenig Raum, um auch mal über andere Fragen des Lebens nachzudenken. Da fand er es wichtig, dass Menschen zusammenkommen und gemeinsam über den Tod nachdenken. Also lud er Leute in sein Haus ein, um sich mit ihnen über den Tod zu unterhalten. Und genau darum geht’s beim Death-Café. Von England aus hat sich das Ganze dann verbreitet. Wir haben im vergangenen Jahr mitbekommen, dass es in Oldenburg so eine Veranstaltung gibt. Wir fanden das so toll, dass wir es nun auch mal in Landau ausprobieren wollen. Muss ich denn unheilbar krank sein, um zum Death-Café kommen zu dürfen? Auf keinen Fall. Jeder darf kommen, der sich in irgendeiner Art und Weise mit den Themen Sterben, Trauer und Tod beschäftigen möchte. Egal, ob er etwas sagen oder einfach nur zuhören möchte, wenn andere darüber sprechen. Das Death-Café hat vier Regeln. Zum einen: Die Teilnahme ist kostenlos. Die zweite Regel ist, dass es keine Verkaufsveranstaltung für irgendwas ist. Dritte Regel: Es gibt keine Trauerbegleitung. Menschen, die sich in akuter Trauer befinden, können jedoch vor Ort Kontakte mit Leuten von der Ökumenischen Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz knüpfen, die Kooperationspartner ist. Und die vierte Regel: Es gibt immer etwas zu essen und zu trinken. Aber es gibt keinen vorgezogenen Leichenschmaus? Nein, nein. Es tut uns einfach gut, wenn wir über schwierige Themen sprechen und dabei etwas tun, bei dem wir das Leben spüren, mit dem wir das Leben feiern. Deswegen gibt’s Essen und Trinken. Aber es wird nicht nur schwarzen Kaffee wie auf Ihren Death-Café-Werbeplakaten geben, oder? Es gibt tatsächlich Death-Cafés, die thematisch passendes Essen anbieten. Das machen wir aber nicht. Es wird alles geben, was es bei „Suppe mag Brot“ sonst auch gibt. Können wir uns eigentlich auf den Tod vorbereiten? Ja, wir können uns vorbereitend mit ihm auseinandersetzen. Wir wissen zwar nicht, wie wir sterben werden, aber wenn wir uns mit dem Tod und mit dem Leben beschäftigen, dann ist das schon eine Art Vorbereitung. Und wenn wir mit dem Wissen leben, dass alle Menschen sterblich sind, hilft uns das möglicherweise auch, den Tod anderer zu verstehen. Herr Jennessen, haben Sie eigentlich Angst vorm Tod? Vor meinem Tod nicht, nö. Wie die meisten Menschen habe ich aber Angst, nicht schön zu sterben. Und vor dem Tod anderer, von Leuten, die mein Leben ausmachen. Die möchte ich nicht verlieren. Als im vergangenen Jahr innerhalb von zwei Tagen zwei Menschen gestorben sind, die mir sehr nahe standen, habe ich übrigens gemerkt, dass mir meine fachliche Auseinandersetzung mit dem Tod erst mal überhaupt nichts bringt, sondern dass ich genauso trauere wie alle anderen auch. Zur Person Sven Jennessen ist 47 Jahre alt. Seit 2010 leitet er den Bereich „Pädagogische und soziale Rehabilitation“ des Instituts für Sonderpädagogik der Uni Landau. Termin Das Death-Café ist am Mittwoch, 1. Februar, von 15 bis 18 Uhr, im Lokal „Suppe mag Brot“, Friedrich-Ebert-Straße 15, in Landau geöffnet.

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