SPEYER Der Gitarrensommer

Laute beim Gitarrensommer: Andreas Martin spielt in Speyer.
Laute beim Gitarrensommer: Andreas Martin spielt in Speyer.

Wenn sich der Sommer schon im Altweibermodus einnistet, dann flammt er Speyer noch mal so richtig auf. Angeheizt wird er von Christian Straube, der vor 28 Jahren den Gitarrensommer aus der Taufe hob. Von 15. bis 22. September ist es wieder soweit.

Seit fast drei Jahrzehnten darf die Gitarre in all ihren Facetten und mit all ihren Fans in Speyer eine Ausnahmewoche feiern. Zelebriert werden ihre sechs Saiten in sämtlichen Stilrichtungen von international renommierten Künstlern in einem – zumindest nach Festivalgesichtspunkten – fast familiären Rahmen. Kein Wunder, dass es Musikfreunde gibt, die dafür eine Woche Urlaub in Speyer buchen, und das Sightseeing zwischen Rhein und Römern, jüdischem Weltkulturerbe und Technikmuseum mit einem Hörgenuss der Extraklasse krönen.

In diesem Jahr reicht die Bandbreite des Saitenspiels von Flamenco bis Blues, von Jazz bis Weltmusik und von einem Musikprojekt mit umgestimmten Gitarrensaiten bis zu Bach in quasi historischem O-Ton auf der Laute. Freunde der Gitarre – was wollt ihr mehr? Geradezu mustergültig wird hier die erstaunliche Bandbreite der Gitarre aufgezeigt und genau das ist es auch, was Christian Straube, dem Begründer und künstlerischen Leiter dieses Festivals und selbst Profi-Gitarrist von Anfang an am Herzen lag. Der gebürtige Ludwigshafener, der nach seinem Gitarrenstudium an der Musikhochschule Frankfurt und Musikakademie Kassel zum Start seiner berufliche Laufbahn an die damalige „Pfälzische Akademie der Musik“ nach Speyer kam, wollte seinen Schülern über den Unterricht hinaus die Vielfältigkeit des Instruments darlegen „und die Möglichkeit bieten, professionelle Gitarrenmusik zu erleben“. Was lag da näher, als die eigenen Kontakte zu nutzen und die Szenen in die Domstadt zu locken?

Familiäre Betreuung

„Von Anfang an war eine ganze Woche geplant und in den ersten zehn Jahren bin ich auch noch selbst aufgetreten,“ blickt Straube fast ein bisschen staunend zurück. Denn der Aufwand war enorm und wuchs mit der tollen Resonanz schnell in Dimensionen, die die Gründung eines Vereins nötig machten. Dieser Kulturring stemmt das Festival bis heute, und zwar nicht nur, was das die finanzielle und logistische Basis, sondern auch die legendäre familiäre Betreuung der Musiker anbelangt, die bei ihrem Auftritt an Ort und Stelle bekocht, beklatscht und betreut werden und – darauf ist Straube sehr stolz – stets gerne wiederkommen. Ohne diese freundschaftlichen Bande wären Stars wie beispielsweise Rafael Cortes gar nicht bezahlbar. Straube erinnert sich schmunzelnd noch gut an dessen erstes Speyerer Gastspiel – 2002, als der gebürtige Gelsenkirchener mit Wurzeln in Granada noch nicht weltweit tourte. Weil ein Bandkollege zu spät am Frankfurter Flughafen ankam, musste das Publikum in Speyer über eine Stunde lang auf die Musiker warten und für den Soundcheck sogar noch einmal den Saal verlassen. Aber dann! Diesen furiosen Flamencoabend – jetzt auch noch zu adäquat andalusischer Nachtzeit – hat niemand vergessen, der ihn erlebte – auch nicht Cortés selbst, der von der Stimmung überwältigt war und den Veranstaltern ewige Treue schwor. In diesem Jahr kommt der Meister des „Flamenco-Nuevo“, der schon mit dem legendären Paco de Lucia, aber auch mit den Fantastischen Vier gemeinsame Sache machte und kein Crossover scheut, mit seinem Ensemble in den Alten Stadtsaal.

Rasante Mischung

Ebenfalls ein Wiedersehen gibt es mit dem Tausendsassa Ali Neander, der sich mit dem Organisten und Keyboarder Robert Schippers, dem versierten Studio- und Live-Drummer Ralf Gustke und der gefeierten Jazz-Sängerin Caro Trischler zum Organ Quartett vereint und eine rasante Mischung aus Jazz, Soul, Funk, Fusion und Lateinamerikanischem verspricht. Und auch der Algerier Pierre Bensusan ist ein willkommener Bekannter. Exklusiv wird der Mann der magischen Töne mit seinem auf „DADGAD“ gestimmten Instrument beim Speyerer Gitarrensommer sein neuestes Album „Azwan“ vorstellen.

Zudem gibt der Ausnahmemusiker während des Festivals einen Workshop. Diese Einladung an alle, die Gitarre lernen, ist Gastgeber Straube besonders wichtig und gehört seit jeher zur Seele des Festivals, das Begegnung und Austausch ermöglichen will – auch wenn, die gesetzlichen Auflagen immer strenger werden. „Früher, vor dem Umbau, haben sich nach dem Motto „Nei, was nei geht“ 350 Leute in den alten Stadtsaal gequetscht und nach jedem Konzert gab es mit den Musikern eine „Après-Party“. Das sei heute undenkbar, bedauert der Gitarrist, der einen zweiten Wohnsitz in der Schweiz hat, wo er seit 2002 an der Musikschule Ebikon und der Pädagogische Hochschule Luzern unterrichtet. Trotzdem will man den kleinen Rahmen der stimmungsvollen Location beibehalten. „Die Leute haben das Gefühl, sie sitzen mittendrin. Das ist auch für die Gitarristen viel persönlicher und genau dieses Ambiente zeichnet unser Festival aus.

Info

28. Speyerer Gitarrensommer vom 15. bis 22. September. 15. September, 19 Uhr: Mojo, Ringo und Blueswolf: Blues lokal! 18. September, 20:30 Uhr: Pierre Bensusan: Speziell gestimmt. 19. September, 20:30 Uhr: Ali Neander Organ Quartet. 20. September 20.30 Uhr: Dikanda: Weltmusik-Verschmelzung. 21. September, 20.30 Uhr: Rafael Cortés & Ensemble: Meister des Flamencos. 22. September, 19 Uhr: Andreas Martin: Lautenklänge aus dem Barock von Bach. Donnerstag, 19. September, 10 bis 13 Uhr: Workshop mit Pierre Bensusan Anmeldung und Infos über kulturing@web.de. Tickets: www.kulturing.com

Pierre Bensusan kommt nach Speyer.
Pierre Bensusan kommt nach Speyer.
Festivalleiter ist Christian Straube.
Festivalleiter ist Christian Straube.
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