Speyer Drastische Bilder des demokratischen Systems

Beliebtes Motiv: Friedrich Ebert als Koch, hier in der Karikatur „Einheitsstaat“ der Satirezeitschrift „Simplicissimus“ vom 28.
Beliebtes Motiv: Friedrich Ebert als Koch, hier in der Karikatur »Einheitsstaat« der Satirezeitschrift »Simplicissimus« vom 28. Januar 1920.

Die Ernennung des Sozialdemokraten Friedrich Ebert zum deutschen Reichskanzler jährt sich am 9. November zum 100. Mal. Vor 99 Jahren wurde er erster Reichspräsident der Weimarer Republik. Die Ausstellung „Darüber lacht die Republik“ der Heidelberger Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte zeigt ab heute im Speyerer Landesbibliothekszentrum den Politiker und „seine“ Reichskanzler in der Karikatur.

Für 40 gerahmte Karikaturen und zahlreiche Originalausgaben aus Anfang des 20. Jahrhunderts sehr verbreiteten Satirezeitschriften wie „Simplicissimus“ und „Kladderadatsch“ war der Ausstellungsraum der Bibliothek nicht groß genug. Deshalb bezog Kurator Michael Braun für Installationen und großformatige Bilder das Foyer mit ein. Die Spannbreite der Ausstellung reicht von lustigen Darstellungen der SPD-Politiker Philipp Scheidemann, Gustav Bauer und Hermann Müller, Constantin Fehrenbach, Joseph Wirth und Wilhelm Marx von der Zentrumspartei bis zum Vorsitzenden der Deutschen Volkspartei, Gustav Stresemann, sowie den parteilosen Wilhelm Cuno und Hans Luther. Die damaligen Karikaturisten griffen Ebert und das demokratische System der Weimarer Republik in drastischen Bildern an. So verunglimpfte ein unbekannter Zeichner ihn unter dem Titel „Ein Schuft, wer Böses dabei denkt“ als dickleibigen Eber, die „Berliner Illustrirte Zeitung“ bildete den Reichspräsidenten in Badehose ab und der „Simplicissimus“ in bayerischer Lederhose. Karikaturen aus dem Ausland zeigen Ebert mit Jakobinermütze und Uniform, mit Regenschirm statt Zepter oder mit Kaiserkrone und Zigarre. Die politische Instabilität der Weimarer Zeit bringen die im „Simplicissimus“ 1923 veröffentlichten „Ikarischen Spiele“ ebenso klar zum Ausdruck wie „Das Reichtagskarussell“ in einer Ausgabe von 1919. So erzählt die Ausstellung nachdenklich und humorvoll von der Entwicklung, die 1933 in der Machtübernahme der Nationalsozialisten mündete. Ausstellung — Zu sehen im Speyerer Landesbibliothekszentrum vom 25. April bis zum 8. September, montags bis freitags, 9 bis 18 Uhr, und samstags, 9 bis 12 Uhr —Zur Eröffnung heute, 19 Uhr, spricht Kurator Michael Braun von der Heidelberger Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Stiftung.

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