Speyer „Ein Organismus mit vier Herzen“

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Zum Abschluss der Konzertreihe „Kontrapunkte“ spielt das Fauré-Quartett am Sonntag, 19. Juni, 18 Uhr, zum ersten Mal im Historischen Ratssaal Speyer. Auf dem Programm steht neben Werken von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Robert Schumann ein neues Quartett des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa. Unsere Mitarbeiterin Anne Orschiedt hat vorab mit Fauré-Bratschist Sascha Frömbling gesprochen.

Seit 1995 treten Sie gemeinsam als Klavierquartett auf. Wie hat sich ihr Zusammenspiel seit ihrem Studium in Karlsruhe verändert?

Wir haben nie die Besetzung gewechselt, das ist für die Homogenität natürlich sehr geschickt. Für die vier Instrumente unserer Besetzung ist es sehr wichtig, das Klavier in den Streicherklang zu integrieren und umgekehrt. Dadurch, dass wir Streicher alle Klavier spielen und unser Pianist auch Geige spielt, können wir uns gut in den anderen hineinfühlen. Das stunden- und jahrelange gemeinsame Musizieren, das gemeinsame Erarbeiten von Literatur war eine gute Schule, auch unter dem sozialen Aspekt. Wenn man keinen Mentor hat, mit dem man Stücke lernt und Probleme löst, dann ist das teilweise ziemlich hart. Viele andere Ensembles überstehen diesen Weg nicht. Man muss lernen, gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten, einen homogenen Klang zu erreichen, um sozusagen einen Organismus mit vier Herzen zu bilden, auch wenn es gelegentlich auch bei uns mal kracht. Neben Klassik gibt es auch ein Album mit Popsongs in Ihrem Repertoire. Was halten Sie von Ausflügen in die elektronische Musik? Mit elektronisch erzeugter Musik haben wir bisher noch keine Erfahrung. Wir sind aber immer auf der Suche nach Neuem. Das Album mit Popsongs, die von mehreren Arrangeuren für unser Klavierquartett gesetzt wurden, ist ein Beispiel dafür. Man versucht so zu zeigen, dass man nicht im Elfenbeinturm sitzt, Musik kann auch cool sein. Wir lassen auch gerne mal die Sau raus. Wir haben öfter in Clubs gespielt, da wurden wir elektronisch verstärkt, aber nur bei Crossover-Werken. Die klanglichen Neuerungen sind natürlich eine Herausforderung, die man so aus dem klassischen Konzertsaal nicht kennt. Bei einem Schumann-Quartett zum Beispiel müsste die Abmischung ganz anders sein, das spielen wir nicht elektronisch verstärkt. Wie war es im Berliner Club Berghain, der sonst eher für elektronische Tanzmusik bekannt ist? Das ist eine ziemlich coole Location, das Publikum steht während des Konzerts und ist mucksmäuschenstill, da fällt keine Colaflasche um. Die Stimmung ist dort viel gelöster als im gewöhnlichen Konzertsaal. In solchen Clubs zu spielen ist eine gute Möglichkeit, ein anderes Publikum zu erreichen. Wenn jüngere Leute nicht ins klassische Konzert gehen, versucht man einige zu erreichen, indem man die Musik eben zu ihnen bringt. Im Konzert in Speyer wird ein Auftragswerk des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa erklingen. Hatten Sie bei der Vergabe schon eine gewisse Klangvorstellung? Wir haben ihm da völlig freie Hand gelassen, wir hatten ihn einmal getroffen, und er hatte sich ein Konzert von uns angehört. Wir wollten ihn da nicht einengen, er sollte sich völlig frei austoben können. Gibt es bei dem Stück „The Water Of Lethe“ Anklänge an japanische Instrumente oder spezielle Spieltechniken? Eher nicht, wir denken nur manchmal an japanische Tempelglocken. Diese sind sehr groß und benötigen einen kräftigen Anschlag. In Hosokawas Klavierquartett kommt oft ein Abschwingen der Töne vor, ähnlich dem Abschwellen des Glockentons. Ansonsten bildet der Klang eher eine Atmosphäre ab. In dem Stück geht es um den Fluss Lethe im antiken Griechenland. Die Verstorbenen tranken laut antikem Mythos von dem Wasser dieses Flusses, um Erinnerungen an das frühere Leben auszulöschen und ihren Geist für die Wiedergeburt zu reinigen. Die Musik Hosokawas ist wie ein Fluss, der dahinfließt, ohne dass man einen Anfang oder ein Ende erkennt. Der Klang ist quasi eine Metapher für das Wasser. Man taucht in die Atmosphäre der antiken Mythologie ein und stellt sich vor, wie das in der Antike gedacht war. Ein sehr reizvolles Stück. Vorverkauf Eintrittskarten gibt es beim RHEINPFALZ-Ticketservice unter der Telefonnummer 0631 37016618 und der Internet-Adresse www.rheinpfalz.de/ticket.

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