Speyer Eine Marke als Lebensgefühl

Treffen zum Start in die Saison: Besonders viel los ist in Ruchheim bei speziellen Veranstaltungen.
Treffen zum Start in die Saison: Besonders viel los ist in Ruchheim bei speziellen Veranstaltungen.

Politik und Motorradfahren hatten bisher nicht viel miteinander zu tun. Dann drohte die EU, Strafzölle auf Harley Davidson zu schlagen. Das würde die ohnehin nicht billigen Maschinen noch teurer machen. Ein Besuch bei Harley Davidson Rhein-Neckar in Ruchheim zum Start in die Saison.

Das tiefe Brummeln und Brabbeln der hubraumstarken Zweizylinder ist allgegenwärtig. Dutzende Harleys rollen Richtung Ruchheim. Am Herrschaftsweiher feiert der Harley-Stützpunkt an diesem Tag nämlich den Beginn der Motorradsaison. Viele Fahrer sitzen tief, strecken die Beine auf vorverlegten Fußrasten aus, manche halten einen Hochlenker. „Achselfrisch“ nennen den die Fahrer anderer Typen spöttisch, weil der Fahrtwind bei dieser Haltung dort für Kühlung sorgt. Dann gibt es noch Modelle, die ein bisschen an rollende Fernsehsessel erinnern: mit breiten Sitzen, Lehne, Trittbrettern statt Fußrasten, am Heck große Koffer und vorne große Cockpitverkleidung. Da kann man locker endlose Highways entlangrollen, Mitfahrer und den halben Hausrat dabei haben. Und es gibt viele weiterer Modelle und Umbauten, denn das Customizing, das Verändern nach Kundenwunsch, gehört hier dazu. Harley Davidson, das ist nicht einfach ein Motorrad – die Marke steht für ein Lebensgefühl. Die vermutlich beste Reklame für die Firma war der Film „Easy Rider“ in dem Peter Fonda und Dennis Hopper auf zwei Harley Choppern durch die USA fahren. Biker, Rocker und Hippies werden als Gegenkultur zum Establishment gezeigt. Für die früher in der Pfalz ansässigen Rocker des MC Bones war eine Harley Pflicht. Das Image der harten Kerle klingt heute noch nach – aber es geht mehr um Individualismus und den Spaß, ein mächtiges Urvieh von Motorrad zu fahren, das man nach eigenem Geschmack umbauen kann – beziehungsweise umbauen lässt. Harley Davidson Rhein-Neckar bietet nicht nur die Motorräder, sondern alles an, was aus einem „Modell von der Stange“ das persönliche Traumgefährt macht. Pascal Vergnaud war hier lange Werkstatt-Chef, vor einem Jahr hat er die 1976 in Edigheim gegründete Firma von seinem Vorgänger Thomas Gärtner übernommen. In Ruchheim arbeiten heute 25 Mitarbeiter, aufgeteilt auf die Bereiche Verkauf und Vermietung, Werkstatt, Merchandise, Lager und Büro. Zum Umsatz möchte sich Vergnaud nicht äußern, spricht aber von über 200 verkauften Harleys pro Jahr. An diesem Nachmittag schwirrt er durch 2500 Quadratmeter Ladenfläche und über die 10.000 Quadratmeter Freigelände seiner Firma und ist ständig im Gespräch mit Harley-Fahrern und solchen, die es werden wollen. Die Kundschaft sei sehr gemischt, erklärt er. Und dass es angesichts der stolzen Preise nur Rechtsanwälte und Zahnärzte seien, die heute Harleys fahren, sei ein längst überholtes Vorurteil. Als die Strafzölle auf Harley-Importe in der Luft lagen, habe es einige wenige besorgte Nachfragen von Kunden gegeben. Er selber sieht die Lage „total entspannt“. „Das ist ja schon wieder vom Tisch und da wird auch nichts passieren“, ist er überzeugt. Tatsächlich wird die amerikanische Regierung Strafzölle auf EU-Importe vorerst nicht erheben und so hat auch die EU die angedrohten Strafzölle auf Harleys, Whiskey und Erdnussbutter bleiben lassen. Doch ist – mit Twitter-Trampel Trump als Präsident – der „American Way of Life“ vielleicht nicht mehr cool? Da schaltet sich mit Vehemenz Vergnauds Frau ein, die selber ganz und gar vom Harley-Virus angesteckt ist. „Nur weil Trump jetzt gerade Präsident ist, kann man doch die amerikanische Geschichte nicht einfach vergessen!“, betont sie. Am Harley-Gefühl werde sich nichts ändern, selbst wenn Trump eine zweite Amtszeit antreten werde. Tatsächlich hat man in Ruchheim den Eindruck, es ist eher ein Idealbild von Freiheit und Nostalgie der Vereinigten Staaten, das zum Harley-Kult gehört. Stars and Stripes gibt es als Aufnäher und Bandanas – aber noch häufiger gibt es das Harley-Davidson Logo, nicht nur auf Motorradkleidung und Zubehör. Es gibt auch Kaffeetassen, an denen man dann im Büro den coolen Harley-Fahrer erkennt.

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