Speyer Eröffnungskonzert der Dommusiktage

Fahnen für das Festival vor dem Dom auf der Maximilianstraße.
Fahnen für das Festival vor dem Dom auf der Maximilianstraße.

Die Internationalen Musiktage Dom zu Speyer sind Anton Bruckner zum 200. Geburtstag gewidmet. Am ersten Abend erklingt dessen Messe in d-moll.

„Hoffnung“ steht über den Internationalen Musiktagen Dom zu Speyer, die 16 Tage nach den 200. Geburtstag von Anton Bruckner am 21. September beginnen und dem österreichischen Komponisten gewidmet sind. Der im kleinen Schulhaus in Ansfelden bei Linz Geborene war zu Lebzeiten ein gefeierter Organist und Orgelimprovisator, hat aber nur wenige kleine Orgelwerke komponiert. Es gibt drei große Messen von ihm, eine Reihe zum Teil gern gesungene Geistliche Chöre (oft Motetten genannt) und weitere Kirchenstücke. Nicht zuletzt hat er in reifen Jahren ein großes Te Deum komponiert. Warum, ist dabei noch ungeklärt. Das ist kein ganz geringes Konvolut an Kirchenmusik, aber auch kein besonders großes. Und doch gilt Bruckner als singulärer Komponist katholischer Kirchenmusik. Dass seine elf Sinfonien (zwei nicht nummerierte und neun durchgezählte) verkappte Kirchenmusik seien, war eine früher gerne kolportierte Ansicht. Natürlich sind sie das nicht, sondern große sinfonische Werke eigenen Anspruchs. Aber es gibt eben doch Bezüge zwischen den Messen und den Sinfonien.

So zitiert Bruckner unter anderem das Benedictus der f-moll-Messe im Adagio der zweiten Sinfonie. Zwischen Te Deum und Siebenter gibt es Verbindungen – und das Miserere nobis im Gloria der d-moll-Messe wird im ungeheuerlichen Adagio der neunten Sinfonie, in Bruckners letztem vollendetem Satz aufgegriffen. Es erklingt zuerst in der großen Steigerung, die schließlich zum schrecklichsten Akkord der Musikgeschichte führt, wie Michael Gielen ihn einmal nannte. Doch das besagte Adagio endet nicht im Entsetzen, sondern mit einer hoffnungsvollen, Erlösung erahnenden Musik in E-Dur.

Ein Phänomen

Und damit sind wir beim Programm des Eröffnungskonzerts der Dommusiktage, bei dem die d-moll-Messe das Hauptwerk ist. Diese Messe ist das erste große, bedeutende Werk Bruckners, das im Alten Dom in Linz uraufgeführt wurde und viel Beachtung fand. Für Domkapellmeister Markus Melchiori, der das Programm der Musiktage konzipiert hat und heute Abend am Pult steht, ist es ein Phänomen, dass Bruckner mit dieser d-moll-Messe mit einem Schlag – unter anderem nach dem Erleben von Wagners „Tannhäuser“ in Linz – ein individuelles Meisterwerk geschaffen hat und quasi über Nacht zu seinem eigenen, unverwechselbaren Stil gefunden hat. Im heutigen Programm setzt Melchiori die d-moll-Messe in Bezug zu Musik, die Bruckner aus der Tradition heraus als quasi ideale katholische Kirchenmusik vorfand.

Das ist zum einen das sagenumwobene Miserere von Gregorio Allegri aus dem 17. Jahrhundert, zum anderen Mozarts späte Fronleichnams-Motette „Ave verum corpus“ KV 618. Der ehemalige Klavierlöwe und spätere Abbé Franz Liszt hat just diese beiden Stücke in seinem Orgelwerk „Evocation à la Chapelle Sixtine“ in eben diesem Sinne aufgegriffen. Liszt war Bruckner und seiner Musik gewogen, ihm sollte die zweite Sinfonie gewidmet werden – und Bruckner ließ es sich nicht nehmen, beim Requiem für Liszt, Schwiegervater des verehrten Richard Wagner, in Bayreuth die Orgel zu spielen.

Beliebte Chorsätze

Vor der d-moll-Messe gibt es drei Geistliche Chöre Bruckners, zunächst das berühmte „Locus iste a Deo factus est“ (Dieser Ort ist von Gott geschaffen), dann das „Os justi“ und schließlich den dramatisch aufgeladenen Satz „Christus factus est“ (Text nach dem Philipperbrief, 2,8f und mit Bezug zur Passion).

Mit diesem Chor ist dann auch die Tonart d-moll des Kyrie der Messe erreicht, jener Tonart, die von alters her mit Schwermut, Ernst oder Andacht verbunden ist. Passenderweise ist das Konzert heute um 19.30 Uhr im Dom „Himmel und Erde“ überschrieben.

Auch im Abschlusskonzert wird in Markus Melchioris Konzertidee- und Konzertprogramm die Tonart d-moll wieder eine bedeutende Rolle spielen. Doch dazu in Kürze mehr.

Die Wurzeln

Der Bezug zwischen kirchenmusikalischer Tradition und Bruckner ist auch beim Nachtkonzert „Wurzeln“ der Capella Spirensis unter Domkantor Joachim Weller am 24. September um 21 Uhr in der Krypta des Doms das Thema, wo neben Werken des Jubilars auch solche aus der Gregorianik und von Palestrina erklingen, teilweise dieselben Texte vertonend. Gregorianik und Palestrina-Stil waren ja im wirkungsmächtigen Cäcilianismus des 19. Jahrhunderts das Ideal katholischen Kirchenmusik. Bruckner wusste davon, war selbst aber gewiss kein Vertreter dieser Anschauung.

Info

Vor dem Konzert heute Abend ist ab 9.30 Uhr der Studientag mit Meinrad Walter im Haus der Kirchenmusik. Morgen um 20.15 Uhr ist dann in der Krypta das Gastspiel des Festivals Via Mediaeval. Es erklingt Musik des Mittelalters aus Mailand, Florenz und Venedig. www.dommusik-speyer.de

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