Speyer Fünf Euro fürs Eincremen

Die „Harthäuser Tabakernte“ ist entgegen des etwas irreführenden Namens keine landwirtschaftliche Leistungsschau oder Kettenraucherveranstaltung, sondern reizvolle Kleinkunst, die am Samstagabend im historischen Tabakschuppen geboten worden ist.

Der Kultur- und Heimatverein hat mit dieser Bühne für Anfänger und semi-professionelle Kabarettisten und Comedians ein Format geschaffen, das begeistert. Der Tabakschuppen war jedenfalls voll besetzt – und das, obwohl man vorher nicht genau weiß, wer denn nun aus der Wundertüte springen wird, wie Initiator und Conférencier Gabriel Salzmann betonte. „Musikprofessor“ Bertram von Freispitz, mit bürgerlichem Namen Christoph Burdette, machte den Anfang. In seinem Kurzprogramm machte er sich Gedanken über die Missverständlichkeit englischsprachiger Liedtexte. Allerdings macht in seiner Sichtweise der Text zu „Everybody“ von den Backstreet Boys endlich Sinn – nämlich als kritischer Beitrag zum Schutz der vom Aussterben bedrohten guatemaltekischen Königskrabbe. Anita Billhardt als schrille blonde Ulknudel führte den musikalischen Unterton sehr gelungen fort. Egal, ob sie über ihre angestrebte Trennung von unschönen Dellen am Gesäß sprach oder etwas nachdenklicher auftrat – die Dame kann Texte schreiben und auch singen. Allerdings stellte sich hier die Frage, ob man in Harthausen vertraglich verpflichtet wird, das Publikum zum Sitztanz zu animieren. Diese Einleitung zum Programm schien für die Künstler das Aufwärmprogramm der Wahl zu sein. Nach der Pause konnte man die Arme aber unten lassen, denn Andreas Heck und seine Partnerin Vanessa Bannasch präsentierten ihren Beitrag in Form einer Lesung mit verteilten Rollen. Heck berichtete knochentrocken über die Tücken einer Bestellung beim China-Imbiss und einer Einkaufstour ins Elsass. Bannasch gab die jeweils weiblichen Wortbeiträge – sei es die Chinesin am Telefon, die französische Fleisch- und Wurstwarenverkäuferin oder die sächsische Kundin. Spätestens beim chinesisch-deutschen Schnellsprech gab es Lachkrämpfe nicht nur vor der Bühne. Kättl Feierdaach ist beileibe keine Newcomerin mehr. Diese Kunstfigur steht und gewinnt ihren Charme durch die „Fish out of the water“-Komik, die sich einstellt, wenn eine mittelalterliche Pfälzerin im Sexshop einen Vibrator für einen Milchaufschäumer hält oder der feurige Urlaubsspanier nach kurzem Blick fünf Euro fürs Eincremen verlangt.

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