Speyer Freistoss:

Zwei Speyerer treten ihre wohlverdiente Mittagspause zu Spaghetti, Pizza Funghi oder Rigatoni und natürlich einem alkoholfreien Getränk in einem Restaurant in einer Seitenstraße der Speyerer Maximilianstraße an. Unser Etablissement ist auf der Höhe der (Essens)Zeit – bietet italienische Teigwaren und Co. auch zum Mitnehmen an. Plötzlich betreten zwei Uniformierte das Lokal. Aber keine Sorge, unser bereits Platz genommen habendes wohl verdientes Mittagspausen-Duo isst nur. Ausgefressen hat es selbstverständlich nichts. Die Uniformierten nehmen die quadratischen, weißen Pizza-Pappschachteln entgegen. Aber warum muss die uniformierte Frau des Pärchens das Ganze schleppen und nicht der Kerl neben ihr? Ist er etwa nicht auf der Höhe der Zeit und das im Staatsdienst? Nein, die Frau ist nämlich Christina Spindler, ihres Zeichens auch international erfolgreiche Gewichtheberin beim Bundesligisten AV 03 Speyer, dem deutschen Meister im Gewichtheben, und somit eine starke Frau. Waren die Pizzen für ihre Kollegen? Hat sie selbst die vegetarische oder unter den fehlenden Augen ihrer Trainer doch die fettige Salami verputzt? All diese Fragen bleiben unbeantwortet. Doch beim nächsten Bundesliga-Wettkampf nur wenige Tage später in Heinsheim steht Spindler wieder ihre Frau, bleibt nur wenig unter ihren zuvor gezeigten Leistungen. Speyerer und ihre Verwandten waren zu Besuch in Barcelona: Ein Er, Fußballfan des 1. FC Nürnberg (sowas kann nun wirklich jedem passieren), eine Sie (Anhängerin von ... Arminia Bielefeld: wir versammeln uns zu einer Runde kollektiven Mitleids), ein anderer Er (kein Modefan, sondern fast schon immer Verehrer des FC Bayern), eine andere Sie und völlig Uninteressierte an der schweißtreibenden Jagd von 22 Männern in kurzen Hosen aufs Tor, und der kleine J., mit einem Jahr auf erster großer Tour. Der soll mal laut Mama ein Bielefeld-Fan werden, wogegen der Clubberer (der Papa) und der Bajuware (der Onkel) was haben, wohingegen es der Verweigerin (der Tante) Pfälzer Leberwurst ist. Parc Güell und Sagrada Familia, ins Barri Gotic eingetaucht und die Columbus-Statue hinaufgefahren, den Torre Agbar von unten bewundert und das europäische Top-Reiseziel Barcelona von ganz oben, dem Olympiaberg Montjuic, bewundert – fast alles haben unsere Speyerer gesehen, auch wenn’s mit dem Nachbarn, ä, dem Tibidabo, dem Hausberg, nicht funktioniert hat. Das Reise-Quintett ist wieder daheim. Da geschieht das Unglaubliche. Ein Waschlappen der Fußballverweigerin, er ist nach dem gemeinsamen mehrtägigen Aufenthalt in der Ferienwohnung im Consell de Cent, der Stichstraße im Herzen der katalanischen Metropole, verschwunden. Die Farbe des Stoffstückchens: blau, wie auch die Katalanen diese Farbe nennen. Schnell ist die Fahndung unter den reiselustigen Fünf ausgeschrieben beziehungsweise ausgemailt. Der Onkel nimmt sich in Speyer die hauseigene Waschlappensammlung vor, kommt auf stolze 26 Exemplare von Bayern-Rot bis Sechziger-Hellblau, Bremen-grün bis weiß und rosa. Ein plüschiger blauer Schalke-Vertreter kommt ihm nicht so bekannt vor. Schnell ist das Handy-Foto geschossen und zur Tante ins Baden-Württembergische geschickt. Pieeep, pieeep; „Ja , das ist er“, kommt es zurück. Doch bei der Gegenüberstellung mit der Textilie wenige Tage später erfolgt die Ernüchterung: „Nein, das ist er doch nicht“ – also der stoffliche, nicht der menschliche Waschlappen. Irgendwann stellt sich heraus, dass der verloren geglaubte blaue Waschlappen in Wirklichkeit ein roter war – und das ist in Zeiten der nahenden Landtagswahl in Rheinland-Pfalz nun wirklich nicht politisch gemeint. Irgendwann ist das heiß geliebte rote Teil nämlich wieder aufgetaucht. Egal ob blau oder rot – es sind und bleiben die Farben des Stolzes aller Einwohner Barcelonas, des Fußballklubs FC, und die schrieben sich auf die Fahnen mes que un club, mehr als ein Verein, mehr als Bielefeld und Bayern, Clubb und Total-Verweigerung, sondern für immer Blau und Rot, bis dass sie die Bayern in ein paar Wochen oder die Bielefelder mit dem Star J. und Nürnberger in ein paar Millionen Lichtjahren aus der Champions League schmeißen. Viel Erfolg wünscht Martin Erbacher

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