Speyer Hommage an Schlagerhelden mit Rainer Moritz und Michael Beutelspacher

Rainer Moritz
Rainer Moritz

Für den zweiten Schlagerabend in Literatur und Musik haben Rainer Moritz und Michael Beutelspacher erneut zueinander gefunden und in der restlos ausverkauften Speyerer Heiliggeistkirche begeistert.

2006 haben die beiden zum Thema „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“ zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne gestanden. Auch damals schon veranstaltet von Ulla Britt Egeland und Caren Drees, den Inhaberinnen des Spei’rer Buchladens hat der Erfolg der Premiere nach Fortsetzungen gerufen. Die erste ist jetzt mindestens so gut angekommen. „Zugaben geben wir, wenn wir wiederkommen“, hat Moritz zur Freude der Besucher am Ende angekündigt.

Heute geht es dem Literaten und dem Musiker um den deutschen Schlager nach 1945 mit Schwerpunkt auf Udo Jürgens, dem vor knapp zehn Jahren verstorbenen Komponisten, Sänger und Musiker.

„Abschied ist ein schweres Schaf“

Moritz hat indes noch den Meeres-Schlager im Gepäck und die mit ihm verbundene Rolle der Frau in Warteposition auf den Geliebten. „Ein Jahr war üblich“, berichtet er vom ungeschriebenen Gesetz in der Welt des Schlagers. Umwerfend komisch hat Moritz einen Beleg für „Verhörer“ dabei, die auch im deutschen Schlager durchaus vorkommen. Sein Einspieler einer Besucherin eines Roger-Whittaker-Konzerts schenkt den Zuhörern einen köstlichen Moment a la Loriot. Vom Radio-Reporter verunsichert, verhaspelt sich die Frau aus Neumünster mehr und mehr bei der Wiedergabe des Titels „Abschied ist ein scharfes Schwert“. Als sie einigermaßen verzweifelt zu „Abschied ist ein schweres Schaf“ greift, gibt es in der Heiliggeistkirche kein Halten mehr.

Wenn es um Udo Jürgens geht, ist Moritz froh, den Physiker und Gitarristen Beutelspacher an seiner Seite zu haben. Der gibt inklusive eigenwilliger Gitarren-Begleitung alles für „Immer wieder geht die Sonne auf“ und lässt zu, dass nahezu alle Zuhörer mitsingen. Udos „Weiße Chrysanthemen“ spielt Moritz vorsichtshalber nur kurz an. Die erste Schallplatte hat der Weltstar 1954 aufgenommen und glücklicherweise im Laufe der Jahre und Jahrzehnte viel dazugelernt.

Viel zu lernen

Die Besucher lernen viel an diesem Ausnahme-Abend, erfahren Hintergründe und Entwicklungen. Lustig ist jeder Satz, den Moritz formuliert, noch lustiger seine Gesellschaftskritik und erotischen Titel-Hinweise. Jürgen Drews Hit „Ein Bett im Kornfeld“ ist seiner Ansicht nach heute so nicht mehr möglich und zudem die Situation „im Stoppelfeld“ für den Mann ohnehin untragbar.

In aller Unbefangenheit singt Beutelspacher gemeinsam mit Moritz und dem Publikum „17 Jahr blondes Haar“, das Lied über ein Mädchen, dass im „Großstadtgetriebe“ verschwindet. „Große Kunst entsteht fast immer über den Verlust“, sagt Moritz dazu.

„Griechischer Wein“

Mit „Mein Freund der Baum“ stellt er den „ersten Öko-Song“ vor und stellt gleichzeitig fest, dass der ebenfalls von Alexandra besungene „Zigeunerjunge“ heutzutage als politisch unkorrekt gilt. Anders ist es um Udo Jürgens ersten Nummer-Eins-Hit bestellt. „Griechischer Wein“ spielt und singt Beutelspacher so großartig wie ungewöhnlich. So ungewöhnlich, dass Moritz leicht erschreckt in Richtung des Gitarristen schaut, sich aber schnell beruhigt, als der das Lied im Jazz ausklingen lässt. Immerhin konnte Udo Jürgens doch auch Jazz.

Dass er sein rosa Rüschenhemd aus dem Shop von Musiker und Schauspieler Christian Steiffen käuflich erworben hat, erzählt Moritz, bevor er zum Vergnügen des Publikums dessen „Sexualverkehr“ auflegt. Es folgt „Verliebt in den Lehrer“ von Christian Anders, ein Schlager, der schon beim Zuhören Schmerzen bereitet.

Zeit für Vorfreude

Jeder im Saal könnte dem Schlager-Duo noch stundenlang zuhören, sich weiter ausschütten vor Lachen, in Erinnerungen an Lieder schwelgen, die polarisieren und so ziemlich alle Fragen zu Liebe und Herzschmerz beantworten. Aber auch dieser Abend findet ein Ende. Moritz’ Rüschenhemd ist durchgeschwitzt, Beutelspacher hat sich seiner Anzug-Jacke entledigt. Es ist Zeit für Vorfreude auf die nächste Schlager-Revue mit Rainer Moritz und Michael Beutelspacher.

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