Speyer Interessanter als das Original

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Jährlich grüßt der Speyerer Rockchor. Zu den diesjährigen Heimspielen hat man als Fan nun die Wahl: Entweder man geht in die Halle 101 oder – etwas gediegener – in die Stadthalle. Diese war am Samstagabend ausverkauft.

Mit „One Vision“ war Queen gleich zum Auftakt dran. „I Want It All“ hatte ein fulminantes Vollgasinstrumental, in dem die Begleitband auch mal ordentlich einen raushauen durfte. In der Version hatte das Stück mehr Zähne als das Original, und wenn Queen von 80 statt einer Stimme interpretiert wird, dann darf natürlich der Gassenhauer „We Will Rock You“ nicht fehlen. Auch bei dem selbstgemachten Regeneffekt zu Totos „Africa“ war das Publikum begeistert, denn mit Händereiben, Fingerschnippen, Schenkelklopfen und wellenförmigen Hüpfchoreografien schafften die Sänger eine verblüffend echte Regengeräuschkulisse. Von Joe Völker mit Elan geleitet, klang Chris de Burghs „Don’t Pay The Ferryman“ in der Interpretation des Rockchors tiefer und interessanter als das Original. Bei geradlinigen, treibenden Stücken wie „God Gave Rock ’n’ Roll To You“ von Kiss oder dem ebenfalls neu einstudierten „Poison“ von Alice Cooper verändert die Chorfassung den Charakter der Lieder ins Hymnenhafte. Solisten gibt es traditionell nicht beim Rockchor, lediglich die Instrumentalisten, besonders Gitarrist Gerald Sänger, dürfen bei den Klassikern glänzen. Auch Keyboarder Peter Antony hatte bei „Jump“ seinen Moment im Rampenlicht. Die Lichtshow, die Bühnendekoration, ja die gesamte Organisation stemmt der Rockchor selbst – auf bemerkenswert professionellem Niveau. Die Chorsätze werden größtenteils von Völker geschrieben, der außerdem als musikalischer Leiter im Nationaltheater Mannheim den neu geschaffenen Bürgerchor und noch zwei weitere große Vokalistenzusamenrottungen betreut. Die Arrangements müssen aber für jedes neu einstudierte Stück in der Regel erst selbst geschrieben werden, denn „Musik, nur wenn sie laut ist“, hat im Original nur eine, zugegebenermaßen sehr eigene Stimme – und zwar die von Herbert Grönemeyer. Um das auf 80 Personen umzusetzen, bedarf es einiger Arbeit, die trotz des eigenwilligen und unverwechselbaren Klangs des Originals sehr gelungen ist. Insgesamt war das Programm im Vergleich zu 2016 zu knapp 50 Prozent neu. Schwerpunkt waren diesmal die 80er und 90er Jahre. Die 70er-Jahre-Standards wie „Jumpin’ Jack Flash“, „Proud Mary“, „Smoke On The Water“ oder „Davys On The Road Again“ fanden sich in der zweiten Hälfte des Konzerts wieder. Ob nach dem Abend noch Karten für das Konzert am 20. Mai in der Halle 101 übrig sind, ist fraglich.

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