Speyer Kribbeln im Bauch und Grobstaub in der Nase

Im Maschinenraum: Motorenschlosser Uwe Teloy (Zweiter von rechts) erklärt Besuchern die Funktionsweise der Aggregate.
Im Maschinenraum: Motorenschlosser Uwe Teloy (Zweiter von rechts) erklärt Besuchern die Funktionsweise der Aggregate.

Ein Spektakel für alle Sinne haben die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am Wochenende bei ihren Aktionstagen im Technik-Museum geboten: Mit dem Signalhorn und den drei Motoren des Seenotkreuzers John T. Essberger lockten die von Norddeutschland angereisten Lebensretter zahlreiche Besucher auf das 44 Meter lange Schiff.

Die Sonne scheint am Samstagnachmittag von einem wolkenlosen Himmel, fast 20 Grad zeigt das Thermometer schon im Schatten an. Kurz vor 15 Uhr ertönt das Signalhorn der Essberger. Bald darauf dröhnt ein Motor im Bauch des Kreuzers und grau-weißer Rauch dringt aus einer Öffnung an seiner Steuerbordseite. Der Maschinenlärm nimmt zu, auch an der Backbordseite strömen Abgase ins Freie, dort sogar an zwei Stellen – der zweite Neben- und der große Mittelmotor tun ebenfalls ihren Dienst. „Der Mittelmotor von Maybach ist eine Herzensangelegenheit von uns“, sagt Motorenschlosser Uwe Teloy (62) im Maschinenraum, nachdem die drei Aggregate nach knapp zehn Minuten von ihm und seinem Kollegen Siegfried Aßmann abgestellt wurden. Der 20-Zylinder-Motor aus den 1940er Jahren sei damals „Hightech“ gewesen. Teloy zählt auf: „sechs Ventile pro Zylinder, oben liegende Nockenwelle und Pumpe-Diesel-System“. Da es kaum noch Ersatzteile für den Koloss mit zwei Turboladern und 4500 PS gebe, würde ein größerer Schaden wohl das Aus für ihn bedeuten, verdeutlicht der Bremer. Familien mit Kindern, aber auch junge Paare ohne Anhang und Senioren tummeln sich auf und unter Deck, dabei erstmals auf der Brücke. „Viele Gäste fragten uns, wie viel Leistung und wie viele Zylinder die Motoren haben“, teilt Teloy mit. Er ist mit seinen Söhnen Arved (26) und Christian (34), ebenfalls Seenotretter, Kollege Aßmann sowie dem Ersten Maschinisten Gerd Reinhardt, dem Ersten Vormann (Kapitän) Sven-Eric Carl und Tobias Kupfer, Experte für Schiffsmotoren-Wartung, angereist. Das Wummern der Motoren verursacht ein Kribbeln im Bauch, der Geräuschpegel liegt laut Aßmann bei circa 110 Dezibel. „Wir wollen die Maschinen so lange wie möglich am Leben halten, warten sie deshalb zweimal im Jahr und lassen sie laufen – außer im Herbst auch beim Brazzeltag im Mai“, sagt Teloy. Angesichts der Diesel-Abgase beruhigt er manchen Gast: „Das ist Grobstaub, der bleibt in der Nase hängen. Wenn man sich schnäuzt, ist man ihn los.“ Zu den Gästen am Samstag zählt Michela Layher, die Frau von Museumspräsident Hermann Layher, mit ihren drei Töchtern. „ Es ist toll, dass die Seennotretter 500, 600 Kilometer wegen der Essberger hierherfahren. Sie machen das ja ehrenamtlich“, sagt sie. Dabei weist Seemann Aßmann darauf hin, dass sich die DGzRS nur über Spenden finanziere. Eine Geldbüchse in Schiffsform für Zuwendungen steht im Foyer des Museums.

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