Speyer Kulturspiegel: Vor- und Nachhören bei Mendelssohn und Bruckner

Thilo Muster ist Organist am Münster in Basel. Es spielt am 31. August Bruckners Neunte in einer Orgelfassung in Speyer.
Thilo Muster ist Organist am Münster in Basel. Es spielt am 31. August Bruckners Neunte in einer Orgelfassung in Speyer.

Hörtipps aus dem Netz nach dem fulminanten „Lobgesang“ in Speyer und vor der Orgelversion von Bruckners neunten Sinfonie im Dom.

Zu den ganz herausragenden Musikereignissen in Speyer, ja der ganzen Region, in den ersten sieben Monaten dieses Jahres gehörte ohne Frage die Aufführung des „Lobgesangs“, der Sinfonie-Kantate op. 52, von Felix Mendelssohn Bartholdy beim Musikfest der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz am 7. Juli in der Gedächtniskirche. Mit seinem Orchester und dem von Domkapellmeister Markus Melchiori einstudierten KathedralJugendChor und dem Domchor Speyer gelang Dirigent Michael Francis eine absolut packende und bewegende Wiedergabe. Das rund 70-minütige Werk wird ja nicht allzu oft gespielt und war nach frühem Erfolg lange Zeit nicht sonderlich wertgeschätzt. Immerhin kann ich mich an eine Aufführung mit den weltberühmten Wiener Philharmonikern erinnern, bei der die Gächinger Kantorei sang und Helmuth Rilling am Pult stand. 2000 war das.

In ihrem ersten Konzert bei den nun seit einer Woche laufenden Salzburger Festspielen haben die Wiener Philharmoniker das Werk wieder auf ihr Programm gesetzt. Partner am Sonntag und am Dienstag war der Wiener Singverein; ein traditionsreiches Ensemble, mit dem nicht zuletzt Herbert von Karajan die meisten seiner Aufnahmen mit chorsinfonischer Musik machte. Der Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde Wien mit 240 aktiven Mitwirkenden ist wie der Speyerer Domchor kein Profichor, auch er nimmt laufend neue Mitglieder auf, die sich bewerben können.

Der 97-jährige Maestro

Die Wiener Philharmoniker haben ja seit langem keinen Chefdirigenten, wohl aber Maestri, mit denen sie regelmäßig zusammenarbeiten. Sehr lange hat es gedauert, bis sie den schwedisch-amerikanischen Dirigenten Herbert Blomstedt eingeladen haben. Doch mittlerweile ist dieser gerade in Salzburg regelmäßig am Pult der Philharmoniker zu erleben. So auch jetzt beim „Lobgesang“, dem sehr sinnfällig Johannes Brahms’ „Schicksalslied“ vorangestellt war.

Herbert Blomstedt, der unter anderem bei der Staatskapelle Dresden, dem Gewandhausorchester Leipzig und dem San Francisco Symphony Orchestra Chef war, feierte im Juli Geburtstag: am 11. Juli wurde er 97 Jahre alt. In ungebrochener geistiger Frische und sagenhafter Gestaltungskraft bot er eine kongeniale Wiedergabe des „Lobgesangs“. Das war zu hören bei der Live-Übertragung des Österreichischen Rundfunks. Das Gute: Der Mitschnitt ist auf www.oe1.orf.at noch nachzuhören.

Die Neunte - von Bruckner

Und wer schon mal auf diesem Kanal ist: Dort gibt es auch die Aufnahme eines Konzertes an Blomstedts 97. Geburtstag mit dem Bamberger Symphonikern über Anton Bruckners Sarg in der Stiftskirche von St. Florian bei Linz in Oberösterreich. Wie Blomstedt da die neunte Sinfonie Bruckners interpretierte, war in seiner hellsichtigen Klarheit schier unglaublich.

Beim „Lobgesang“ kann das Hören des Salzburger Konzertes zeigen, wie man das Werk auch machen kann, bei Bruckner ist der Mitschnitt aus St. Florian mit dem Hören des Originals der ideale Einstieg in das übernächste Konzert der „Kathedralklänge“ im Dom zu Speyer, wo am 31. August um 19.30 Uhr der Baseler Münsterorganist Thilo Muster das unvollendete Werk in der Orgelfassung von Eberhard Klotz spielen wird. Muster hat seine Version auch schon auf CD aufgenommen und war mit ihr schon 2017 europaweit auf Tournee. Im Bruckner-Jahr spielte er sie schon in Duisburg und ist vor Speyer am 6. August im Freiburger und am 25. August im Ulmer Münster damit zu hören.

In Speyer gibt es vor der Neunten mit Thilo Muster am 10. August um 19.30 Uhr bei den „Kathedralklängen“ im Dom die siebente Sinfonie mit Christian von Blohn aus St. Ingbert (www.dommusik-speyer.de).

Der 97-jährige Herbert Blomstedt dirigiert Mendelssohns „Lobgesang“. Es spielen die Wiener Philharmoniker mit Konzertmeister Rai
Der 97-jährige Herbert Blomstedt dirigiert Mendelssohns »Lobgesang«. Es spielen die Wiener Philharmoniker mit Konzertmeister Rainer Honeck im Großen Festspielhaus in Salzburg.
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