Speyer „Kunst im Turm“ in der Johanneskirche
Den Schlussakkord haben das „Skylark String Trio“, Kabarettist Konstantin Schmidt und Albert und der Blueswolf fulminant gesetzt.
So voll ist der Gemeindesaal selten. Wie schon in den vergangenen gut 24 Jahren sind die Tische liebevoll geschmückt. Corinna Schauder hat zur Abschiedsparty geladen und dafür Künstler unterschiedlicher Genres mitgebracht. Getränke und Snacks stehen bereit, vor der Tür leuchten Kerzen.
Die Schoppengläser reichen nicht an diesem Abend. Die Besucher improvisieren gerne. Schauder schwankt zwischen Wehmut, Rührung und Feststimmung, als sie mit stürmischem Beifall in „ihrem“ Gemeindesaal empfangen wird. Die Bühne überlässt sie für eine gute halbe Stunde Christoph Stadtler (Gitarre), Assel und Stefan Beshan (Violinen). Die drei sind zu allem bereit, haben Klassik, Gypsy, Filmmusik, Oper und Swing im Gepäck. Die ganze Wehmut des Abschieds legen die Instrumentalisten in das „Wiedersehen in Sorrent“, ein Vogel zwitschert in Gioachino Rossinis Ouvertüre zur „Diebischen Elster“.
Melancholisch und fröhlich
Christoph Stadtler begleitet die beiden Violinisten dezent und gleichzeitig sehr präsent mit seiner Konzertgitarre. Stefan Beshans Position der ersten Geige ist mehr als berechtigt. Mit viel Humor, absolutem Können und musikalischem Gespür führt er das Trio auf vier Saiten durch das Konzert, lässt die Geige weinen und lachen, tanzt, hält Zwiesprache mit dem Instrument von Ehefrau Assel, wird melancholisch und wieder fröhlich.
Das Lied „Moon River“ aus dem Film „Breakfast at Tiffanys“ erklingt mindestens so emotional wie weiland Audrey Hepburn Henry Mancinis Soundtrack gesungen hat. Großartig interpretiert das Trio „Bei mir bist Du schön“, der Säbeltanz ist so manchem Besucher bekannt aus der Werbung für Kosakenkaffee.
Musik, die ursprünglich für große Orchester geschrieben wurde, klingt auf 14 Saiten grandios. Assel (Kirgisistan) und Stefan Beshan (Moldau) sind gemeinsam mit Stadtler (Speyer) perfekt aufeinander eingestimmt. Zum Abschluss lassen die Violinisten eine Lerche von der Moldau in die Johanneskirche singen.
Das Beste aus „Schmidternacht“
Musik-Kabarettist Konstantin Schmidt steht auf dem Kontrast-Programm. Das Beste aus „Schmidternacht“ bietet der Künstler aus dem baden-württembergischen Waldkirch im Minutentakt. Für seine Wahlheimat hat er eine Hymne im Gepäck. Souverän und überaus lustig besingt er seine erste Liebe, Titel: „Glourios Time“. Souverän begleitet der Kabarettist sich am Klavier, erzählt vom Urlaub in Antalya und packt folgerichtig 80 türkische Provinzen in ein Lied. Den Text halten zwei bereitwillige Besucher er in türkischer Lautschrift großformatig zum Mitsingen hoch. Der musikalische Ausflug ins Morgenland ist für Schmidt und sein Publikum ein voller Erfolg. Überversichert ist er als echter Deutscher auch. Mit Wortwitz erzählt er charmant davon, dass er „Noch einen Koffer auf Gleis acht“ hat und ist mit „Glühwein, dafür kann es nie zu früh sein“ an diesem lauen Sommerabend der Zeit um ein paar Monate voraus.
Zum Abschluss der Kunst-im-Turm-Ära stehen Albert Koch und Wolfgang Schuster alias „Albert und der Blueswolf“ auf der Bühne. Das Duo aus Speyer rockt den Gemeindesaal der Johanneskirche mit Blues vom Feinsten. Koch gilt als einer der besten Mundharmonika-Spieler Europas. Der Ruf, der ihm vorauseilt, ist gerechtfertigt. Mit „As The Crow Flies“, „I Woke Up This Morning“ oder „Mad Man Blues“ leben der Blueswolf und Albert das Genre, dem sie ein Leben lang treu geblieben sind.
Vielleicht eine Fortsetzung
Schuster hält und spielt die Gitarre wie es auch große Kollegen tun. Am Ende wird es interaktiv im Gemeindesaal: Beim berühmten „Take To Me Baby“ ist Mitwirkung des Publikums angesagt. Die Musik steht in G-Dur, kein Fuß bleibt still, der Gesang schallt aus dem Gemeindesaal heraus.
Der Beifall will nicht enden für Albert und den Blueswolf, für alle Mitwirkenden, für fast ein Vierteljahrhundert „Kunst im Turm“ und – allem voran – für Pfarrerin Corinna Schauder, die das Format an der Johanneskirche initiiert und bis zum letzten Abend einzigartig veranstaltet hat. Die Hoffnung stirbt zuletzt: Vielleicht gibt es irgendwo, irgendwann eine Fortsetzung.