Speyer Musik von Himmel und Erde

Das Historische Museum heute um 19 Uhr ist ausverkauft beim Konzert von PalatinaKlassik unter Leo Kraemer mit den ersten drei Teilen von Bachs Weihnachtsoratorium. Doch es gibt ja noch die Folgeaufführung am zweiten Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember, um 16 Uhr in der Klosterkirche in Eußerthal. Dafür gibt es noch Karten. Hier ein paar kurze Gedanken zum Stück.

Früher war mehr Lametta? Falsch, die meisten der uns heute so vertrauten Bräuche zum Christfest, Adventskranz oder Tannenbaum zum Beispiel gibt es noch gar nicht so lange. Bachs Weihnachtsoratorium aber schon 284 Jahre. Wie damals Weihnachten gefeiert wurde, können wir uns deshalb nicht so recht vorstellen. Dass die Reflexion über das Geheimnis von Weihnachten sehr viel wichtiger war als heute, kann aber angenommen werden. Und daran hatte die Kirchenmusik einen nicht geringen Anteil. Das sechsteilige Oratorium, das Bach für Weihnachten, Neujahr und Dreikönig 1734/35 konzipierte und komponierte, ist jedenfalls nichts weniger als ein Mittel zur Erzeugung froher Weihnachtsstimmung, es ist – wie die ganze Bach’sche Kirchenmusik – eine klingende Predigt, Verkündigung des Evangeliums, Betrachtung und Gebet. Diese Folge in Gestalt von Rezitativ (also Sprechgesang) als Bibellesung, Accompagnato oder Arioso (freie Gesangspartie mit Instrumenten) als Betrachtung und Arie (gebundenes dreiteiliges Gesangsstück) als Gebet durchzieht das ganze Werk. Sie wird meist abgeschlossen durch den Choral. Dieses Muster der Bibellektüre geht auf August Hermann Francke zurück, den legendären pietistischen Pfarrer aus Halle und Gründer der nach ihm benannten Stiftungen. Bach hat bekanntlich für die freien Chöre und Arien im Weihnachtsoratorium Musik „recycelt“, die er zuvor für weltliche Kantaten zum Lob sächsischer Potentaten komponiert hatte. Neu geschrieben hat er dagegen alle begleiteten Rezitative – und alle Choräle. Die Sätze natürlich, denn die Choralmelodien lagen natürlich schon vor. Doch bei einigen Chorälen hat Bach instrumentale Zwischenspiele geschrieben, die von besonderer bildhafter Bedeutung sind. Hier sei auf die Schlusschoräle der Teile 1 und 2 hingewiesen, die beide auf dem Luther-Lied „Vom Himmel hoch da komm ich her“ basieren. In Teil 1 ist die Strophe „Ach mein herzliebes Jesulein“ sehr pietistisch und auf Verinnerlichung ausgerichtet, also leise zu singen. Doch zwischen die Verse setzt Bach strahlende Passagen der Trompeten und Pauken. Das betont in Fortsetzung der Bass-Arie „Großer Herr, o starker König“ mit Solotrompete zuvor den himmlischen Glanz des Kindes. Man kann sich also vorstellen: Wir stehen an der Krippe in Betrachtung des kleinen Kindes und über uns öffnet sich der Himmel und die musizierenden Engel bejubeln die Ankunft des Erlösers auf der Erde. Umgekehrt ist es am Ende des zweiten Teils, bei dem schon in der einleitenden Sinfonia die Welten der Engel und der Hirten gegenübergestellt werden und sich schließlich vereinen. Bei der Strophe „Wir singen dir in deinem Heer“ greift Bach in den Zwischenspielen zwischen den Versen die Hirtenmusik mit den Oboen aus der Sinfonia wieder auf. Auch hier vereinen sich die höchsten himmlischen Mächte mit der schlichten irdischen Welt der Hirten in der Freude über das Kind in der Krippe als den „lang ersehnten“ Messias. Kontakt www.palatina-klassik.eu, Telefon 06232 36225

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