Speyer Mythen auf vier Rädern

„Erfolgreichster Bentley aller Zeiten im Original“: Bei „Old Mother Gun“ aus dem Jahr 1927 geriet Moderator Michael Hagemann ins
»Erfolgreichster Bentley aller Zeiten im Original«: Bei »Old Mother Gun« aus dem Jahr 1927 geriet Moderator Michael Hagemann ins Schwärmen. Der legendäre Wagen steht sonst im Auto- und Technik-Museum Sinsheim.

Zirka 17.000 Besucher sind bei der sechsten Auflage des Brazzeltags am Wochenende im Technik-Museum Speyer gezählt worden, wie Museumssprecherin Corinna Handrich mitteilte. Viele Dutzend Oldtimer und Eigenbauten drehten auf dem „Brazzelparcours“ neben der Raumfahrthalle vor begeisterten Gästen ihre Runden – ein Erlebnis für alle Sinne. Bei einigen Vehikeln gab es begehrte Mitfahrgelegenheiten.

„ftftftft“ – ein F mit feuchter Aussprache und ein hartes T im Stakkato gesprochen – „fufufufu“ – kurzes, stimmhaftes F und langes U: so klingt „Brutus“. Das Aggregat des „Experimentalfahrzeugs“ aus dem Auto- und Technik-Museum Sinsheim ist ein Flugzeugmotor von BMW (Baujahr 1917) mit zwölf Zylindern, fast 47 Litern Hubraum und 750 PS. Ein Team um Museumspräsident Hermann Layher hat das gute Stück in ein Fahrgestell eines American LaFrance Feuerwehrwagens von 1907 eingebaut. Auf den fauchenden und in den Kurven mit dem Heck ausbrechenden „Brutus“ folgte der Bentley „Old Mother Gun“ aus dem Jahr 1927. „Der erfolgreichste Bentley aller Zeiten im Original“, wie Moderator Michael Hagemann verkündete, gewann dreimal das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. „röllröllröllröll“ – in Basslage intoniert: „Old Mother Gun“ verschaffte sich Gehör, gerade beim Gasgeben auf den Geraden. Wegen seines mächtigen Erscheinungsbilds waren solche Bentley-Rennwagen auch als „schnellste Lkw der Welt“ bekannt, wie Hagemann anmerkte. Nach der „Brutus Show“, bei der außerdem Mercedes- und Maybach-Oldtimer auf dem Parcours zu sehen und zu hören waren, ließ gestern Nachmittag ein gewaltiges „brmmbrmm“ umstehende Besucher zusammenzucken. Unter einem zum Brazzeltag für die Raritäten auf Rädern errichteten Dach auf dem Freigelände gab ein Herr mit silbergrauem Haar kräftig Standgas bei einem silbernen Sportwagen. „Das ist ein Townsend Mark 4 von 1964“, sagte Georg Gebhard, der Besitzer des Wagens, der RHEINPFALZ. Ob er das Schmuckstück auf dem Parcours fahren wird? „Nur wenn ich viel Platz habe, denn langsam fahren geht bei dem Rennwagen nicht“, erklärte er. So hielten es auch die „Fahrer“ des Jet Dragsters „Showdown“ und des Jet-Schulbusses. Die auf Hochgeschwindigkeit auf der Viertelmeile getrimmten Vehikel betrieben ihre Düsentriebwerke im Stand. Gewaltige weiße Rauchschwaden und ein ohrenbetäubender Geräuschpegel jenseits der 100 Dezibel – ein stimmhaftes „sch“ in hoher Tonlage kann davon nur einen schwachen Eindruck vermitteln – haben die beiden Dragster erzeugt. Die mehr als 20.000 PS des „Jet-Schoolbus“ brachten laut Ohrenzeugen bei dessen Premiere ein solches Getöse mit sich, dass sich viele trotz Gehörschutzes die Hände auf die Ohrmuscheln drückten. Zwischen den Programmpunkten auf dem „Brazzelparcours“ nutzen die Besucher, darunter auch am Muttertag viele Frauen, die Gelegenheit, sich die Oldtimer und Spezialfahrzeuge genau anzusehen. Manche besichtigten auch den Maschinenraum des Seenotkreuzers John T. Essberger, dessen Motoren ebenfalls liefen. Oder sie nahmen an einer Führung im Unterseeboot U9 teil. Die bot der „Verband deutscher U-Boot-Fahrer“ an. Für mächtigen Gestank und heftigen Lärm sorgte die „Streetfighter Süd Burnoutshow“. Dabei wurden die Pneus von Motorrädern im Stand derart auf dem Untergrund abgerieben, dass sie bereits nach einer bis drei Minuten platzten. Manche wurden zuvor in Brand gesetzt. Auch diese Darbietung fand ihre begeisterten Fans. Zivilisiert ging es bei der Präsentation „Museum & Friends“ auf dem Parcours zu. Präsident Hermann Layher genoss sichtlich die Fahrt in einem Mercedes S-Modell von 1928. Wenig später stiegen zahlreiche Gäste zur Mitfahrt in Lanz-Bulldogs und sogenannte Halbkettenfahrzeuge ein. Nicht nur dabei wurde laut Sprecherin Handrich – personell und technisch – ein höherer Aufwand zur Gewährleistung der Sicherheit betrieben. Bisher sei zwar noch nie etwas passiert. Doch Vorsorge sei besser als Nachsorge, meinte sie.

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