Speyer / Zweibrücken Oratorienchor der Pfalz mit selten zu hörendem Oratorium

Der Evangelische Oratorienchor der Pfalz 2023 in der Gedächtniskirche in Speyer.
Der Evangelische Oratorienchor der Pfalz 2023 in der Gedächtniskirche in Speyer.

Der Evangelische Oratorienchor der Pfalz singt in Zweibrücken und Speyer das Oratorium „Groß ist die Herrlichkeit Gottes“ von Gerard Bunk.

Musik in Zeiten des Krieges: Mit dem wenig bekannten aber überaus gehaltvollen Oratorium „Groß ist die Herrlichkeit Gottes“ holt Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald am Pult des Evangelischen Oratorienchors der Pfalz einen bedeutenden Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus dem Winkel des Vergessenheit; Aufführungen gibt es nach guter Tradition in Zweibrücken und Speyer.

Jochen Steuerwald steht am Pult.
Jochen Steuerwald steht am Pult.

Mit seinem aktuellen Projekt und zwei Aufführungen in Zweibrücken und Speyer holt der Evangelische Oratorienchor der Pfalz eine Komponisten-Persönlichkeit aus der weitgehenden Versenkung der kulturpolitischen Doktrin der Nachkriegsjahre. Da nämlich setzte man als deutliches Fanal gegen die Nazi-Selektion der sogenannten „entarteten Musik“ in fast ebenso unerbittlicher und nahezu ausschließlicher Weise – damit kaum weniger doktrinär - auf Atonalität.

In der Tonsprache der Spätromantik

Das 1943 uraufgeführte Oratorium „Groß ist Gottes Herrlichkeit“ von Gerard Bunk (18888 bis 1958), entstanden in den Wirren des Zweiten Weltkriegs, jedoch ist fest in der Tonsprache der Spätromantik verankert. Und zählte damit in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts quasi zum No-Go des Aufführungszyklus. Das Libretto stammt von der Dichterin Martha Heinemann und der 1888 in Rotterdam geborene Bunk verarbeitet in dem Werk auch ein Stück weit die Zerstörung seiner Heimatstadt am 14. Mai 1940 durch deutsche Truppen. Die Aktualität des Werks angesichts der derzeitigen Weltlage braucht wohl kaum eigener Betonung.

Maria Hilmes ist die Alt-Solistin.
Maria Hilmes ist die Alt-Solistin.

Der Text gründet auf Worte des Alten Testaments (Sirach 43) und ist ein Lobbekenntnis zur einzigartigen Schöpfung Gottes. Ein Glaubensbekenntnis auch seines Schöpfers, wenn man so will. Bunk reiht sich zu Lebzeiten in die Riege der großen Klavier- und Orgelvirtuosen seiner Epoche. Er komponiert unzählige Chor- und Orgelwerke, veranstaltet hochreputierte Kirchenmusiken, u. a. an seinem Dienstsitz Dortmund, ist als Liedbegleiter von mehr als zwei Duzend international konzertierenden Sängerinnen und Sänger begehrt, und im Orgelbau seines Zeit wird seine Stimme ebenfalls gehört. In engem Kontakt steht es mit Albert Schweitzer. Der glaubt in seinem Orgelwerk die Einflüsse Felix Mendelssohns und César Francks zu entdecken.

Hohe Qualität und Fasslichkeit

„Mir selbst ist Gerard Bunk zuerst als Orgelkomponist begegnet“, erläutert der künstlerische Leiter des Evangelischen Oratorienchors, Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald. „Sein Stil ähnelt durchaus dem von Richard Strauß, den er um ein knappes Jahrzehnt überlebt hat.“ Dass diese Stilistik gerade in der Kirchenmusik nach dem Zweiten Weltkrieg vehement abgelehnt wurde, habe sicher wesentlich dazu beigetragen, dass „Groß ist Gottes Herrlichkeit“ kaum mehr aufgeführt wurde, so Steuerwald.

Daniel Schreiber ist der Tenor-Solist.
Daniel Schreiber ist der Tenor-Solist.

„Die Musik ist jedenfalls durchgehend von außerordentlich hoher Qualität und Fasslichkeit. Ihre klaren Satzstrukturen und die meist regelkonforme Architektur mit achttaktigen Perioden tragen wesentlich dazu bei. Die raffinierte Harmonik und ein ausgeprägter Klangsinn sorgen andererseits dafür, dass das Werk nie ins Banale abgleitet“, beschreibt es der Chorleiter. Der Singgemeinschaft habe sich rasch begeistern lassen für das Werk. „Wir alle haben einfach großes Vergnügen daran.“

Opernerfahrene Vokalsolisten

Nach Bunks Idealvorstellung werden die vier Solo-Partien mit „opernerfahrenen“ Vokalsolisten besetzt. Dies sind diesmal Franziska Zwick, Sopran, Maria Hilmes, Alt, Daniel Schreiber, Tenor, und Martin Berner, Bass. Das große romantische Orchester nebst Harfe und Orgel bedient die Kammerphilharmonie Mannheim. Der große Oratorienchor ist unter anderem in vier Sätzen als Frauenchor und zwei weiteren als Männerchor konzipiert. Sechs Akte umfasst der Plot bei einer Gesamtdauer von knapp zwei Stunden.

Martin Berner ist der Bass-Solist.
Martin Berner ist der Bass-Solist.

„Alle bisherigen Aufführungen – etwa 2005 in Schwerte, 2008 in St. Reinoldi in Dortmund, einst Bunks „Hauskirche“, und 2019 bei den Greifswalder Bach-Wochen“ - „wurden aus dem sehr schön geschriebenen und gut lesbaren, jedoch zeitbedingt sehr gedrängt notierten handschriftlichen Notenmaterial bestritten“, so Jochen Steuerwald. Während der Corona-Restriktionen habe er in zahllosen Arbeitsstunden sowohl den Klavierauszug als auch die Partitur in einen Computersatz überführt. Dadurch wurden sowohl die vokalen als auch die instrumentalen Anteile erstmals aus gedrucktem Notenmaterial musiziertbar.

Info

Gerard Bunk, „Groß ist Gottes Herrlichkeit“; Franziska Zwick, Sopran, Maria Hilmes, Alt, Daniel Schreiber, Tenor, und Martin Berner, Bass, Kammerphilharmonie Mannheim, Evangerlischer Oratorienchor der Pfalz, Leitung: Jochen Steuerwald; 16. November, Alexanderskirche Zweibrücken, 17. November, Gedächtniskirche Speyer, jeweils 17 Uhr; Tickets unter www.reservix.de

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