Speyer Ordnung und Saustall – und alles dazwischen

In Otterstadt hat das Herxheimer Chawwerusch-Theater mit den „Hempel Sisters“ am Sonntagabend für ein volles Remigiushaus gesorgt. Über die Reihe Kulturtupfer wurde die Benefizaufführung für den auf dem Weg zum Einsatz verunglückten Feuerwehrmann Ulrich Walter organisiert, die Lottostiftung hat die Aufführung finanziell unterstützt.

Die „Hempel Sisters“, das ist eine Zwei-Frauen-Revue über Chaos und Ordnung und damit über die ganze Welt. Es gibt nichts, was sich nicht zwischen diese beiden Eckpunkte stellen lässt, sei es der Sternenhimmel, Liselotte von der Pfalz, die deutsche Wirtschaft, Diktaturen, Umweltverschmutzung aber auch die schwäbische Kehrwoche und der tägliche Hausfrauenkampf gegen den Dreck mit Wischmopp und Putztuch. Frau Felix (Felix S. Felix) steht dabei für die Ordnung: „Ordnung muss sein! In der Besteckschublade und der Handtasche, wo kämen wir hin ohne Ordnung?“ Frau Kleebauer (Monika Kleebauer) hält eher zum Chaos: „Chaos muss sein! Chaos ist der Anfang von allem, Chaos ist überall!“ Und, gegen die ordentliche Frau Felix gerichtet: „Die Ordnung im Haus übertüncht den Saustall im Herzen.“ So machen sich die beiden daran, die Welt aufzuräumen – oder auch nicht. Eine Damenhandtasche, bekannt als Ort des Chaos’, wird ausgeräumt, erstaunlich ist der Inhalt: Eine Banane, ein Hummer, ein Wecker, eine Bibel. Letztere führt unweigerlich zur Schöpfungsgeschichte: Gott schafft Ordnung aus dem Chaos, im Zwiegespräch hat allerdings Goethe die besseren Worte. Und der Sternenhimmel, meint Frau Felix, sollte auch mal aufgeräumt werden. Nirgendwo scheint es so viele Wörter für Ordnung machen und saubermachen zu geben wie im Schwäbischen, da schwirrt einem der Kopf, wenn die beiden loslegen. Ein Text des Autors Wladimir Kaminer zeigt, was aus russischer Sicht deutsche Werte sind – der Wundertackerer, mit dem man alles tackern kann, ohne dass er kaputt geht. Der „Käsgasse-Blues“ bringt das Publikum wieder zur Pfälzer Heimat zurück: „Das ist die Gass, wo Chaos und Ordnung Hand in Hand spazieren gehen.“ Hand anlegen müssen in der Pause auch Zuschauer, nämlich ein dadaistisches Gedicht basteln. Wie das geht? Einige Wörterschnipsel aus Tüten sind willkürlich auf ein Papier zu kleben – fertig ist das Unsinn- oder Tiefsinngedicht, je nach Ansicht. Berührend ist besonders ein Text von Herta Müller, die während der Ceausescu-Diktatur in Rumänien aufgewachsen ist: Die Frage der Mutter „Hast du ein Taschentuch?“ als verkleidete Mutterliebe und wie die Mutter Würde gewinnt, indem sie ihre eigene Arrestzelle putzte. Aus der Sicht der Putzfrauen sieht die „Leitungsetage“ oder auch „Leidensetage“ eines Bürohauses ganz anders aus: „Das Büro stinkt nach Verachtung.“ Besonderer Höhepunkt ist der Gesang von Felix S. Felix und Monika Kleebauer: Nicht als Chanson, nein, als zweistimmige Fuge von Bach wird die Hausordnung gesungen, und Renaissance-Lieder von Michael Praetorius, allerdings mit frechen Gegenwartstexten, rahmen die Revue. Die Aufführung wurde vor allem von der Lottostiftung Rheinland-Pfalz unterstützt, der Gewinn von 2222 Euro geht an den Feuerwehrmann Ulrich Walter, der auf dem Weg zu einem Einsatz einen Unfall hatte.

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