Ludwigshafen / Paris Philippe Jaroussky kommt

Die CD zu dem Programm, das am 9. Oktober im BASF-Feierabendhaus zu erleben ist.
Die CD zu dem Programm, das am 9. Oktober im BASF-Feierabendhaus zu erleben ist.

Am 9. Oktober singt der französische Countertenor Philippe Jaroussky im BASF-Feierabendhaus zusammen mit dem Ensemble L’Arpeggiata unter Christina Pluhar.

In Schwetzingen war er schon bei den Festspielen vor einigen Jahren, ansonsten eher selten in der Region: der französische Countertenor Philippe Jaroussky. Am 9. Oktober 2024 aber kommt er nach Ludwigshafen ins BASF-Feierabendhaus. Um 19.30 Uhr tritt er dort zusammen mit dem Ensemble L’Arpeggiata unter Leitung der österreichischen Lautenistin Christina Pluhar auf. Zu erleben ist das Programm „Passacalle de la Follie“, Liebeslieder von den adligen Höfen Frankreichs aus dem 17. Jahrhundert. Davon gibt es auch eine CD. Die Air de Cour in reizvollen Einrichtungen von Christina Pluhar werden von Philippe Jaroussky ausgesprochen fein und elegant, auch mal delikat und immer überaus betörend gesungen. Diese ebenso höfisch kunstvolle wie hochgradig sinnliche Musik entfaltet so ihren ganzen Zauber. Das lässt für das Live-Konzert in Ludwigshafen eine ganz Menge erarbeiten.

Auch als Dirigent tätig

Der französische Countertenor Philippe Jaroussky ist überhaupt nach wie vor sehr produktiv, wenn es um neue Aufnahmen geht. Er hat unlängst eine CD mit einem gemischten Programm und mit der Begleitung nur eines Gitarristen, nämlich Tibaud Garcia, aufgenommen. Er singt dann Dowland, Purcell, Mozart, Schubert, Rossini – und unter anderem auch ein Chanson von Barbara. Das zeigt, wie weit gespannt das Repertoire des Künstlers ist. Jaroussky dirigiert ha mittlerweile auch. Unter anderem hat er 2022 in Paris eine szenische Produktion von Händels „Giulio Cesare in Egitto“ geleitet. Wo? Im Théâtre de Champs-Elysee. Das ist nicht an der berühmten Straße in der französischen Hauptstadt, sondern nahe der Seine. Wer derzeit Olympia in ARD und ZDF schaut: Das Olympia-Studio ist in etwa dort, wo sich das traditionsreiche Theater befindet.

Kollege Orlinski an der Seine

Apropos Olympia: Bei der spektakulären Eröffnungsfeier hätte man Philippe Jaroussky durchaus erwarten können. Er war aber nicht zu sehen, wohl aber einer seiner Kollegen, den polnischen Countertenor Jakub Józef Orlinski. Dieser sang dabei aber nicht nur französische Barockmusik, sondern tanzte auch, denn Orlinski ist nicht nur ein famoser Sänger, sondern ein ebensolcher Breakdancer.

Er war bei Olympia in Paris singend und tanzend: der Countertenor Jakub Józef Orlinski.
Er war bei Olympia in Paris singend und tanzend: der Countertenor Jakub Józef Orlinski.

Jaroussky und Orlinski haben dieselbe Plattenfirma und ein durchaus vergleichbares Repertoire. 2018 erschein eine CD mit Christoph Willibald Glucks Reformoper „Orfeo ed Euridice“ mit Jaroussky in der Fassung von Neapel aus dem Jahr 1774. Nun liegt das Werk in der ersten Fassung, der von Wien 1762, mit Jakub Józef Orlinski vor, ein Herzensanliegen des polnischen Sängers, wie er im Booklet besonders betont. Er wird hierbei von dem polnischen Ensemble Il Giardino d'Amore unter Stefan Plewniak begleitet. Die anderen beiden Partien sind exquisit besetzt: Fatma Said ist Amor und Elsa Dreisig die Euridice. Überhaupt ist das eine ganz ausgezeichnete Aufnahme der bekannten und gerne gespielten, bei der die hoch singenden Männer unserer Tage gerne auf den Spuren des Kastraten Gaetano Guadagni. Orlinski zeigt bei dieser Aufgabe neben der Schönheit seiner Stimme vor allem seine bestechende Ausdrucksintensität, die der Musik des 18. Jahrhunderts in jedem Takt eine eindrucksvolle Gegenwärtigkeit vermittelt. Die universelle Geschichte des mythischen Sängers wird hier mitreißend präsentiert, wobei auch Elsa Dreisig als Euridice eine sagenhafte Intensität im Vortrag entfaltet. Sie gehört längst zu den ersten französischen Sängerinnen der Gegenwart. Auch sie hätte bei Olympia auftreten können oder sollen.

Das verbotene Adjektiv

Apropos Olympia: Bei seiner CD „Forgotten Arias“, die im Oktober 2023 erschienen ist, wurde Philippe Jaroussky von dem mitreißenden Orchester Le Concert de la Loge unter Julien Chauvin begleitet. Das Ensemble heißt eigentlich Le Concert de la Loge Olympique. So gründete es 2015 Julien Chauvin nach dem Vorbild eines Orchesters aus dem 18. Jahrhundert. Jenes Orchester wurde ursprünglich 1783 vom Grafen d'Ogny gegründet und galt damals als eines des besten Europas. Es erlangte Berühmtheit durch seinen Auftrag an Joseph Haydn, die sechs Pariser Symphonien zu komponieren.

Aber die Organisatoren der derzeit laufenden Pariser Olympischen Spiele 2024 hatten etwas gegen die Verwendung des Wortes „Olympique“. Nach einem Einspruch des Nationalen Olympischen Sportkomitees Frankreichs gegen die Verwendung des Adjektivs „olympisch“ wurde das Ensemble im Juni 2016 gezwungen, seinen Namen von „Le Concert de la Loge Olympique“ in „Le Concert de la Loge“ zu ändern. Das passt eigentlich so gar nicht zu den Reden und dem Geist der Eröffnungsfeier vom 26. Juli.

Goldmedaillen-reif

Olympisch gut und Goldmedaillen-reif ist auf jeden Fall der Vortrag auf der CD – und er war es ebenso bei der Europatournee mit diesem Programm. Zum Beispiel im Konzerthaus Dortmund. Dort glänzte Philippe Jaroussky durch seinen ungebrochen kunstvollen Gesang in gewohnt schwereloser Tongebung und dennoch mit sagenhafter Vielfalt im Ausdruck. Dazu begeisterte das furiose Spiel des Orchesters unter der animierenden Leitung von Konzertmeister Julien Chauvin.

Das Programm brachte einige der vergessenen Arien aus italienschen Opern von Anfang und Mitte des 18. Jahrhunderts. Es handelt sich dabei, was wenig verwundert, um Arien auf Texte von Pietro Metastasio. Darunter waren Nummern kaum mehr bekannter Meister, aber eben auch solche von Hasse, Jommelli oder Johann Christian Bach.

Nach unbekannten Arien gab es im Konzerthaus Dortmund, wo das Publikum am Ende zu Recht den Sänger und das Orcheste bejubelte, eine sehr bekannte: „Vedrò con mio diletto“ aus Vivaldis „Il Giustino“. Jaroussky sang sie einfach nur zum Dahinschmelzen. Von seinem Kollegen Orlinski gibt es eine Version auf YouTube, die schon über elf Millionen Mal aufgerufen wurde. Das ist nun auch wahrlich olympisch.

Neue olympische Disziplin

1733 hatte in Wien die Oper „L’Olimpiade“ von Antonio Caldara Premiere. Das Libretto, das in der Zeit der antiken Olympischen Spiele spielt, stammt von dem genialen Operndichter Pietro Metastasio und wurde über 70 Mal vertont, auch von Johann Adolf Hasse und Antonio Vivaldi. Bei den „Forgotten Aries“ singt Philippe Jaroussky Arien aus Andrea Bernasconis und Tommaso Traettas Vertonung des Textes.

Jakub Józef Orlinski hatte ja seinen Auftritt bei Olympia in Paris schon bei der Eröffnungsfeier. Er könnte auch als Athlet noch mitmachen, denn Breaking beziehungsweise Breakdance ist diesmal erstmals olympisch. Am 9. und 10. August sind die betreffenden Wettbewerbe.

Info

9. Oktober, 19.30 Uhr, BASF-Kulturprogramm im BASF-Feierabendhaus in Ludwigshafen, Philippe Jaroussky und L’Arpeggiata mit Christina Pluhar.

Ovationen im Konzert aus Dortmund für Philippe Jaroussky und Le Concert de la Loge (das nicht mehr Olympique heißen darf).
Ovationen im Konzert aus Dortmund für Philippe Jaroussky und Le Concert de la Loge (das nicht mehr Olympique heißen darf).
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