Speyer Politik-Pension Speyer

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Januar:

Überraschung am Dreikönigstag – Donald und Tochter Ivanka Trump sind zum Einkaufen in Speyer. Schnell bilden sich Trauben von Badenern um den Volkstribun mit pfälzischen Wurzeln, der vom Saumagen-Essen in Kallstadt kommt. Den Abstecher nach Speyer erklärt der Milliardär, dem bekanntlich nichts heilig ist, so: Er habe das noch schnell vor seiner Vereidigung als US-Präsident erledigt. „Sonst hätte ich hier mit Angela Merkel in den Dom gemusst.“ Februar: Auftakt für die Brandschutz-Arbeiten am Hans-Purrmann-Gymnasium. Aus einem sollen drei Treppenhäuser werden – eigentlich. Die Sicherheitsauflagen sind aber erneut verschärft worden, und so kommen nochmals vier Treppenhäuser hinzu. Die Meistersportler aus dem nahen Judomaxx nutzen die Treppen-Herrlichkeit für Konditionstraining. Auch der gesamte Schulsport wird dorthin verlegt. Der bisherige Sportplatz wird mit einer Mensa für Speyers erstes Ganztagsgymnasium überbaut. März: Speyers Kirchenregierungen im Jubiläumsrausch. Die Protestanten feiern 500 Jahre Reformation, die Katholiken 200 Jahre für das Bistum in heutiger Form. Miteinander? Fehlanzeige! Die beiden Seiten der christlichen Medaille versuchen eher, sich gegenseitig zu überbieten. Zu allem Überfluss schluckt das protestantische Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus das katholische „Vinzenz“. Bischof Karl-Heinz Wiesemann und Kirchenpräsident Christian Schad predigen dennoch: „Gelebte Ökumene.“ April: Die touristische Saison läuft an. Die Stadt hat auf die Schnelle sowohl eine GmbH zur Tourismusförderung, als auch eine Fremdenverkehrsabgabe eingeführt. Und nichts läuft mehr. Buchungen landen im Nirwana. Die Hoteliers treten in Streik. Die Stadt reaktiviert das „Tor zur Pfalz“ in der Maximilianstraße als Hotel. Die dort untergebrachten Flüchtlinge werden in die neue Purrmann-Mensa umquartiert. „Doppelte Wertschöpfung“, jubelt Oberbürgermeister Hansjörg Eger: Die Stadt kassiere für Vermittlung wie Unterbringung. „Dient alles der Haushaltssicherung.“ Mai: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lobt das Speyerer Tourismusmodell: „So schafft man die schwarze Null.“ Weil es ihm als Badener auf dieser Seite des Rheins so gut gefällt, kündigt er an, den Ruhestand nach der Bundestagswahl im September in Speyer zu verbringen. Er kauft sich ein Appartement im Erlus-Bauprojekt „Am Fluss“. „Nicht ganz billig, aber das hol’ ich durch den billigeren Wein wieder rein“, sagt der strenge Haushälter. Kanzlerin Angela Merkel nimmt Eger als möglichen neuen Finanzminister in ihr Wahlkampfteam. Juni: Eger startet als eine seiner letzten Amtshandlungen in Speyer einen neuen Anlauf für ein schöneres Stadtlogo. Diesmal sollen – anders als bei der Pleite 2016 – alle, wirklich alle, beteiligt werden. Die Facebook-Gemeinde, alle Speyerer Schüler und unzählige Erwachsene werden aktiv. Bei Drogerie Müller sind die Schreibwaren ausverkauft. Als Kompromiss unter den 23.412 Einreichungen kristallisiert sich ein Regenbogen über dem Dom heraus. Auf Wunsch der Grünen wird noch ein Gender-* hinzugefügt. Juli: Unter der neuen Oberbürgermeisterin Monika Kabs erschließt die Stadt Wohnbau-Potenziale. Baggerseen werden trockengelegt, Logistikzentren mit Pfahlhäusern überbaut, an der Flugplatz-Landebahn entstehen zweimal 300 Reihenhäuser. Links wie rechts. Für die rechte Seite lässt sich die CDU feiern, für die linke die SPD der zur Bürgermeisterin aufgerückten Stefanie Seiler. Speyer wächst. Rund ums Doppelgymnasium werden drei weitere Mensen gebaut. August: Verkehrskollaps und Fahrverbote im superheißen Sommer. Die SPD bekommt ihren Güterumschlag am Ölhafen plus Personenfähre, die CDU ihren Bahnhaltepunkt Süd als Alternative zum Verkehr auf der Straße. Dazu kommen 20 weitere Leihfahrrad-Stationen und fünf Fahrrad-Parkhäuser. Ganz Speyer fährt ohne Auto. Eine Musterstadt. Ex-CDU-Fraktionschef Gottfried Jung steigt gerührt wieder in die Politik ein. Angela Merkel und Sigmar Gabriel kommen, um zu lernen, wie große Koalition klappt. September: Bei der Bundestagswahl verliert die große Koalition. Warum nur? Zur Regierung gegen Merkel & Co. reicht es aber nur für ein buntes Bündnis von Grünen, AfD, FDP und Linken. Cem Özdemir wird Bundeskanzler, Frauke Petry Vize. Beim Speyerer Ergebnis liegen jedoch CDU und SPD vorn. „Man muss auch die kleinen Erfolge feiern“, sagt Angela Merkel bei der Party mit Brezel und Ruländer. Oktober: Merkel und Gabriel sind zur Rente ebenfalls nach Speyer gezogen. Alt-Bundespräsident Joachim Gauck ist im Martin-Luther-King-Haus als Cheforganisator der Reformationsfeiern tätig. Ex-Presbyter und Fast-Finanzminister Hansjörg Eger, ebenfalls wieder in der Heimatstadt, fällt beim Kirchenfest durch so salbungsvolle Reden auf, dass er doch nach Berlin weggelobt wird: Weil Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zurücktritt, wird Eger Staatsoberhaupt. November: Nach zwölf Spieltagen der Fußball-Bundesliga führt der frühere FC Speyer 09 vor Bayern und Schalke. Der Klub heißt jetzt „Red Bull Speyer“, hat die Lizenz von Meister Leipzig übernommen. Grund: Brause-Milliardär Dietrich Mateschitz will neue Märkte erschließen. Dietmar Hopp, dessen Stiftung den FC unterstützt hat, wechselt verschnupft zum TuS Mechtersheim, der inzwischen an die Tür zur Dritten Liga klopft. Dezember: Schon wieder Donald Trump in Speyer. Zwei Tage zuvor ist er wegen Steuerhinterziehung seines Amts in den USA enthoben worden, jetzt zündet er vor Maria im Speyerer Dom eine Kerze an. „Einen einzigen reuigen Sünder liebt Gott mehr als 99 Gerechte“, zitiert er die Bibel und gelobt Besserung. Er wolle heim zu den Wurzeln und in die Pfalz ziehen. Nach Kallstadt oder Speyer. Ob er sich eine Wohnung im Viertel „Am Fluss“ leisten könne, müsse er nach all den Steuerrückzahlungen aber erst prüfen.

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