Speyer Raumfahrer Klaus-Dietrich Flade im Interview

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Meinung am Montag: Raumfahrer Klaus-Dietrich Flade (64) hat am Samstag erstmals das Technik-Museum besucht.

Herr Flade, wir sind gerade im Nachbau des Swesda-Moduls der Internationalen Raumstation ISS . Fühlen Sie sich zurückversetzt in das Jahr 1992? Swesda ist ja das weiterentwickelte Basismodul der Mir.

Im Großen und Ganzen sieht das fast noch genauso aus. Nur diese schönen Panels, die man hier sieht, die haben wir damals noch nicht gehabt. Da gab es Ecken und Kurven drin. Aber dieser Tisch, zum Beispiel, ist fast genauso, wie wir ihn damals hatten. Letztendlich würde man reinkommen und sagen, okay, ich bin hier trotzdem noch zu Hause. Heißt das, die Präsentation kommt dem Original sehr nah? Sie ist echt super gemacht. Auch hier, das Quartier der Jungs mit den Schlafsäcken. Das ist ihr Heimbereich im Prinzip. Heute hat man natürlich Zusatzgeräte wie Laptops dran. Man hatte zwar früher auch einen, den man für, sagen wir mal, Amateurfunk genommen hat. Man hat dort auch Messages (Nachrichten; Anm. d. Red) bekommen. Das ist damals schon da gewesen. Also, die waren schon ziemlich weit. Wie finden Sie die Raumfahrtausstellung insgesamt? Die ist wirklich genial. Ich bin heute das erste Mal hier. Die Zeit ist nur viel zu kurz, um sich diese ganzen Sachen anzukucken. Wir haben einen großen Überblick bekommen. Aber jetzt muss man dann halt in diesem Jahr ein paar Mal hierherkommen, um sich solche Sachen richtig anzukucken. Sie planen Ihren nächsten Besuch? Das ist so wie im Deutschen Museum. Man muss eine Woche lang hinkommen, dann kann man den Überblick finden. Das Gleiche haben wir jetzt hier. Es gibt ja nicht nur Raumfahrt, es gibt auch andere Ausstellungen, Motorräder und so weiter. Zurück zum Weltraum. Welche Art von Experimenten führten Sie durch? Man möchte sehen, wie man bestimmte Sensoren des Menschen durch den Vorzug der Schwerelosigkeit entkoppeln kann. Dort kommt einem sofort das Vestibularsystem (Gleichgewichtsorgan; Anm. d. Red.) in den Sinn. Da haben wir zwei Sensoren, die man auf der Erde nicht entkoppeln kann. Durch Unfälle oder Kälteeinflüsse kann es sein, dass Krankheiten entstehen, von denen man aber nicht klar sagen kann, woher sie kommen. Das Auge ist der Austritt für diese Sensoren. An den Bewegungen des Auges, so unser Forschungsergebnis, kann man sehr gut erkennen, woran es liegt. Wie fühlt sich Schwerelosigkeit an? Wenn man sich abgeschnallt hat in der Sojus-Kapsel, dann schwebt man auf einmal und die Hände gehen ganz anders. Man hat dort nicht drei Kilogramm am Arm oder so was, sondern die schweben dann halt vor einem. Das ist genial. Was haben Sie von der Station aus gesehen? Wir haben am Anfang probiert, Städte zu erkennen, das ist mir wegen der Wolken mit München nicht gelungen. Aber das ist so unwesentlich. Man kuckt beim nächsten Umlauf, wo das eigene Land ist. Man hat die größten Schwierigkeiten, die Landesgrenzen abzustecken. Irgendwann fragt man sich: Grenzen, wozu eigentlich? Man versteht, dass wir diese Borniertheit ablegen sollten, über Grenzen zu reden. Das Schöne ist, dass unsere Jugend das wahrscheinlich besser hinkriegt. Wie war Ihr Empfang auf der Mir? Äußerst gut. Man kennt diese Herzlichkeit, die man mir auch in Russland entgegengebracht hat, obwohl ich als Militärpilot eigentlich der Feind von früher war. Auf der Station habe ich dann meinen Freund Sergej Krikaljow wiedergetroffen. Seine Familie hatte ich zu den Videokonferenzen am Boden begleitet. Sergej und ich treffen uns bis heute fast jedes Jahr. Was bedeutet Ihnen Ruhm? Ruhm können Sie einfach vergessen. Weil es keinem Menschen gut tut, dass er immer aufs Podest gestellt wird und er anfängt zu glauben, dass er dort hingehört. Wenn er beizeiten wieder absteigen kann und sagt, „ich bin ein ganz normaler Mensch“, dann ist das für jede Psyche besser. Als Astronaut möchte man sein Wissen transportieren, dass wir unser Mutterraumschiff Erde – alle Menschen sind ja eigentlich Astronauten – pflegen sollten, um es gut an unsere Kinder weiterzugeben. Haben Sie eigentlich noch Verbindungen nach Rheinland-Pfalz? Wir haben in Bad Dürkheim Verwandtschaft von meiner Frau. Wir kommen schon deshalb immer wieder in die Pfalz zu Besuch.|tbg

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