Speyer Speyerer Strategien im Wahlkampf: Tabletten und TikTok

Botschaften am Straßenrand (hier am Rauschenden Wasser): Der Wahlkampf hat begonnen.
Botschaften am Straßenrand (hier am Rauschenden Wasser): Der Wahlkampf hat begonnen.

Am 9. Juni endet die Stadtratswahl. Diese Woche sind neun Bewerberlisten zugelassen worden. Sie steigen nun verstärkt in die Stimmenwerbung ein. In ihren Wahlkampfstrategien zeigt sich: Die klassische Konzentration auf Plakate am Straßenrand und einige Infostände reicht nicht mehr aus.

Wohl den Parteien, die sich auf eine breite Mitgliederbasis stützen können. Sie können den Wahlkampf breit aufziehen. Bei SPD und CDU als größten Stadtverbänden spielt zum Beispiel der aufwändige Haustürwahlkampf eine bedeutende Rolle. Auf „44 Kandidatinnen und Kandidaten und weitere zahlreiche Wahlkämpfer aus den vier Ortsverbänden“ könne sich die CDU dabei verlassen, so Kreisvorsitzende Sylvia Holzhäuser. Die Partei setze auf einen „ortsteil- und sachthemenbezogenen Wahlkampf“.

Er sei froh, für die verschiedenen Wahlkampfveranstaltungen der Sozialdemokraten auf viele Helfer zurückgreifen zu können, betont auf Anfrage auch SPD-Stadtverbandsvorsitzender Walter Feiniler. Hauptziele: Präsenz an den Infoständen und Haustüren.

Längst sind alle Parteien auch im Internet vertreten. Sie bespielen Webseiten, Facebook oder Instagram-Kanäle, „und unsere jüngeren Kandidaten probieren auch TikTok aus“, wie es die FDP-Vorsitzende Bianca Hofmann ausdrückt. „Wir stellen uns in diesem Wahlkampf breit auf“, heißt die Maxime bei den Grünen laut Sprecherin Jana Dreyer. Zu großen und kleinen Plakaten sowie Social-Media-Aktivitäten eines mehrköpfigen Teams kämen bei der drittgrößten Fraktion der Haustürwahlkampf und Infostände mit Aha-Effekt: Es gebe Spiele, Basteleien, ein ausgestelltes Lastenfahrrad und Werbegeschenke jenseits des Kugelschreibers: „Blumensamen, Seife, Kochlöffel, Stifte, Kreide, Zahnputz-Tabletten, Taschen“, erzählt Dreyer.

„Deutlich mehr“ bei Social Media

„Bei Social Media ist es nochmals deutlich mehr geworden als bei meiner Kandidatur vor fünf Jahren“, berichtet FDP-Chefin Hofmann. Sie sei froh, dass Freunde und Mitglieder für den Wahlkampf spendeten, weil vor allem Drucksachen teurer geworden seien. Dasselbe hat auch Linkspartei-Vorsitzender Floris Wittner bemerkt: Mit einem Budget von bis zu 5000 Euro seien die Möglichkeiten begrenzt. Umso glücklicher sei er deshalb, dass Info-Termine vor der Wahl ehrenamtlich gestemmt werden könnten. Als Beispiele dafür nennt er öffentliche Quartiers- und Waldbegehungen.

15 Wahlkampf-Helfer stehen Marc Vidmayer, dem Vorsitzenden der Speyerer Wählergruppe (SWG), zur Seite. Sie setzten auf „persönliche Gespräche mit den Bürgern im Straßenwahlkampf“ und planten zwei offene Dialogveranstaltungen mit Speyerer Unternehmern. Bei der Finanzierung gebe es den Nachteil, dass die SWG keine Mitgliedsbeiträge kassiere und auf Spenden, abgeführte Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen angewiesen sei. Er sei dennoch zufrieden mit dem Budget, so Vidmayer.

Eine Liste gibt’s nicht auf Plakaten

Bewusst etwas anders will Unabhängig für Speyer (UfS) agieren. Es ist der erste Wahlkampf der erst vor zwei Jahren gegründeten Wählergruppe. Sie verzichtet als einzige Liste auf Plakate im Stadtgebiet. Vorsitzende Rosemarie Keller-Mehlem: „An der Vermüllung der Stadt durch die wieder zu erwartende Plakateflut werden wir uns nicht beteiligen. Wir setzen auf persönliche Kontakte und auf die Möglichkeiten der sozialen Medien.“ Noch verbreiteter als bei anderen Listen sind bei ihr Postings mit Kandidatenbesuchen von Veranstaltungen: fotografiert und hochgeladen.

Eine gegenteilige Meinung hinsichtlich der Plakate vertritt Claus Ableiter, Frontmann der Freien Wähler. Von „Vermüllung“ zu sprechen, wenn es um Werbung für das demokratische „Hochfest“ einer Wahl geht, hielte er für unangemessen. Er war auch dagegen, als der Rat die Plakatierung auf sechs Wochen vor der Wahl und 100 Tafeln im Stadtgebiet beschränkte. Als er kürzlich die ersten Plakate ein paar Tage zu früh aufhängte, gab es prompt Ärger. Obwohl er einen Tag später alles rückgängig machte, habe die Stadtverwaltung nun ein Verfahren dazu eingeleitet, bedauert er.

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