Speyer Unendliche Variationen der Liebe

„Wo Musik erklingt, da lass’ dich nieder“: Unter diesem Motto veranstaltet das Speyerer Seniorenbüro im Historischen Ratssaal regelmäßig Konzerte, die besonders für Demenzkranke geeignet sind. Gestern war das ein Chanson-Nachmittag mit der deutsch-französischen Sängerin Anabelle Hund, begleitet von Alexander Pfeiffer am Klavier.

Französische Chansons, besonders von Jacques Brel oder interpretiert von Yves Montand, waren vor allem in den 50er und 60er Jahren auch in Deutschland sehr bekannt und dürften die Jugendjahre vieler Zuhörer begleitet haben. Aber auch deutsche Lieder aus der großen Zeit des Musikfilms der 30er und 40er waren im Konzertprogramm. Vielen waren sie im Gedächtnis geblieben, sodass bei Zarah Leanders „Kann denn Liebe Sünde sein“ die meisten Zuhörer den Refrain mitsingen oder mitsummen konnten – ganz zu schweigen von „Lili Marleen“. Da wurde das Publikum zum leisen Chor. Marlene Dietrichs „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ gab es ebenso zu hören wie „Sag mir wo die Blumen sind“, das sie über dreißig Jahre später gesungen hatte. Den Großteil des Programms gestalteten Hund und Pfeiffer mit den französischen Klassikern. Von „Sous le ciel de Paris“ ging es über „C’est si bon“ – dafür setzte der Pianist eigens einen Zylinder auf – bis zu Gilbert Bécauds „L’important c’est la rose“. Anders als ein einfaches Lied erzählt jedes Chanson in Wort und Ton eine kleine Geschichte. Fast alle handeln von den unendlichen Variationen der Liebe. Jacques Brels „Chanson des vieux amants“ erzählt von einem alten Liebespaar. In „Ne me quitte pas“ hatte der Belgier sich den Schmerz einer Trennung von der Seele geschrieben – so offen und verletzlich, wie sich das damals sonst kein Mann getraut hatte. „Vesoul“ ist eine Art Bekenntnis eines Pantoffelhelden: Die Frau will irgendwohin – nach Vesoul, Hamburg, Paris oder zu einem Konzert von Jacques Dutronc – also fahren sie. Sie gibt den Ton an, und er folgt. Mit ihrer hellen und strahlenden Stimme, der die klassische Ausbildung anzuhören ist, fand Anabelle Hund den jeweils passenden Ausdruck für diese Geschichten. Alexander Pfeiffer gab ihr am Klavier den richtigen Hintergrund und Rhythmus. Eine intime, zärtliche Stimmung liegt in diesen Liedern, die die Zuhörer im Ratssaal – besonders die kranken – gestern Nachmittag ganz ruhig und aufmerksam werden ließ.

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