Speyer Welterbe: SchUM-Stätten sollen Hinweistafeln an Autobahn bekommen

Blickfang: Hinweistafel auf den Kaiserdom an der A61 kurz vor dem Autobahnkreuz Speyer.
Blickfang: Hinweistafel auf den Kaiserdom an der A61 kurz vor dem Autobahnkreuz Speyer.

Wer auf der Autobahn unterwegs ist, kennt die großen, braun-weißen Tafeln, die auf touristische Ziele entlang der Route hinweisen. Auch der Kaiserdom wird mit zwei Schildern an der A61 beworben. Die jüdischen Welterbestätten sollen folgen. Doch bringen die teuren Tafeln wirklich etwas?

Verkehrszeichen 386.3 ist ein echter Hingucker: Meist 2,4 mal 3,6 Meter groß, steht es mittlerweile rund 3400-mal am Rand bundesdeutscher Autobahnen, um auf markante Punkte entlang der Strecke hinzuweisen. „Heimatkunde im Vorüberfahren“, nennt das der ADAC. Reisende sollen damit auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam werden – und diese nach Möglichkeit auch besuchen, weshalb Verkehrszeichen 386.3 auch die Bezeichnung „touristische Unterrichtungstafel“ trägt.

Eine solche, auf der in stilisierter Form der Speyerer Dom abgebildet ist, steht seit mehreren Jahren an der A61 in Fahrtrichtung Süden bei Autobahnkilometer 375,75, das heißt: kurz vor dem Autobahnkreuz Speyer. Ihr Gegenstück in Fahrtrichtung Norden wurde auf der badischen Seite bei Straßenkilometer 385,7 aufgestellt. Einige Hundert Meter vor der Anschlussstelle Hockenheim erinnert die Tafel Reisende daran, dass demnächst die Autobahn verlassen sollte, wer die größte romanische Kirche der Welt aus nächster Nähe betrachten möchte.

Noch ohne Hinweisschild an der Autobahn: Welterbe Judenhof.
Kommentar

RHEINPFALZ Plus Artikel
Tourismus-Tafeln: Wertvoller Hingucker

Tafel zu Dom steht bereits

Während also der Kaiserdom, Welterbe seit 1972, an der nahen Bundesfernstraße sozusagen seinen eigenen Werbeblock hat, sind die jüdischen Stätten Speyers, die seit 2021 ebenfalls Welterbe-Status genießen, zumindest an der Autobahn noch gänzlich unsichtbar. Das soll sich ändern. Bereits im Sommer 2022 hatten CDU, Grüne und SWG gemeinsam beantragt, mit einem Schilderpaar für mehr Bekanntheit der jüdischen Bauten und für deren Besuch zu werben. Auch die beiden anderen der sogenannten SchUM-Städte – neben Speyer sind das Worms und Mainz – sollten mit dem Verkehrszeichen 386.3 für ihr mittelalterliches jüdisches Erbe bedacht werden.

Anfang des Jahres hakte die CDU im Stadtrat nach, wie weit denn nun die Sache gediehen sei, und erhielt die Antwort, dass die SchUM-Schilder beantragt wurden. Zuständig für die Zeichensetzung an Autobahnen indes ist die Autobahn GmbH des Bundes. Deren Niederlassung Südwest bestätigt auf Anfrage, dass der Verein SchUM-Städte mit dem Ansinnen der drei beteiligten Kommunen vorstellig geworden sei. Für eine Beschilderung in Speyer habe die Behörde „grundsätzlich eine Zustimmung in Aussicht gestellt“. Nun warte man noch auf die Zusage, dass der Antragsteller die anfallenden Kosten auch übernehme. Man benötige daher „noch etwas Zeit, um eine realistische Kostenschätzung abzugeben“.

Studie: Investition lohnt sich

Die Rede war zuletzt von 20.000 Euro für die Beschilderung – eine Summe, die die Autobahn GmbH mit den Aufwendungen für Anschaffung, Montage, Wartung und schließlich auch Entsorgung der Hinweistafeln rechtfertigt und die nicht das Ende der Fahnenstange darstellen muss. Mitunter könnten die Kosten auch höher ausfallen. Die Lebensdauer von Verkehrszeichen 386.3 schätzt die Autobahn GmbH auf rund 15 Jahre.

Angesichts der nicht unerheblichen Investitionen hat sich der Tourismusforscher Sven Groß von der Fachhochschule Harz in Wernigerode damit befasst, wie wirksam touristischen Unterrichtungstafeln in Deutschland und Österreich tatsächlich sind. In einer Mitte August veröffentlichten Studie fasst der Professor für Verkehrsträgermanagement zweier Befragungen in Deutschland (2019) und Österreich (2023) zusammen – und kommt zu dem Schluss, dass sich die Hinweisschilder „definitiv lohnen“, aus mehreren Gründen.

Erstens sorgten sie für Bekanntheit. So hätten mehr als 90 Prozent der in Österreich Befragten die Schilder an der Autobahn registriert. In Deutschland habe jeder sechste Befragte geantwortet, bereits mindestens einmal spontan von der Fernstraße abgefahren zu sein, weil ihn die Beschilderung dazu verlockt habe. Weitere hätten angegeben, sich die beworbene Sehenswürdigkeit für einen späteren Besuch vorgemerkt zu haben. „Das Potenzial für zukünftige Besuche ist demnach nicht zu unterschätzen“, sagt Groß.

SchUM-Schilder schon kommendes Jahr?

Bei der Befragung in Österreich habe sich zudem gezeigt, dass diejenigen, die aufgrund einer Hinweistafel eine Sehenswürdigkeit aufsuchten, vor Ort im Schnitt 35 Euro ausgegeben hätten, für Eintritte, Parkgebühren, Gastronomie, Andenken und Übernachtungen, führt Groß aus. Für Deutschland seien die Zahlen vergleichbar, meint der Raumplaner, der die Pfalz durch seine frühere Tätigkeit in der Bad Dürkheimer Verwaltung kennt.

Verständlich daher, dass sich die Speyerer Stadtverwaltung über die positiven Signale der staatlichen Autobahnhüter freut und die Kosten für zwei zusätzliche Verkehrszeichen 386.3 zu übernehmen gedenkt, wie sie auf Anfrage mitteilt. Derzeit suche die Autobahn GmbH zusammen mit der Autobahnmeisterei einen geeigneten Standort. Auch seien innerhalb der Stadtverwaltung noch Abstimmungen nötig. Seitens der Stadt sei man jedenfalls bestrebt, „die Schilder bereits im kommenden Jahr umzusetzen“. Allerdings könne die Autobahn GmbH „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine zeitlichen Zusagen geben“. Es wird also noch dauern, bis eine weitere Tafel den Blick auf die Attraktionen der Region lenkt, neben Schifferstadts Goldenem Hut, dem Gemüsegarten Rhein-Pfalz, dem Kaiserdom und dem Hockenheimring.

x