Speyer Wild und virtuos

Daniel Spektor an der Violine und Tatjana Worm-Sawosskaja am Klavier präsentierten am Sonntag in der Speyerer Synagoge ein Programm aus lauter musikalischen Leckereien als erstes Konzert einer neuen Reihe. Gleichzeitig war es auch ein Projekt der städtischen Musikschule.

Jedes dieser „Gustostückerl“ war einzig dazu bestimmt, den Zuhörern Vergnügen zu bereiten mit großen Effekten und sensationellen Techniken, Sachen, die man sonst nur gelegentlich als Zugaben zu hören bekommt. Die Beiden begannen mit dem Scherzo e-Moll des bei Entstehung 20-jährigen Johannes Brahms. Es ist Teil eines Gemeinschaftswerks mit Robert Schumann und Albert Dietrich und entstand als Geschenk für den großen Geiger Joseph Joachim. Bei einer Abendgesellschaft im Hause Schumann überreicht, spielte er die Sonate sofort mit Clara Schumann als Pianistin und konnte die insgesamt vier Sätze gleich den jeweiligen Schöpfern zuordnen. „Frei, aber einsam“ war damals der Wahlspruch Joseph Joachims, und so wurde sie „F.A.E.-Sonate“ genannt. Das Scherzo ist ein wildes, äußerst dramatisches Stück und so richtig geeignet zum Brillieren. Das tat Daniel Spektor denn auch zusammen mit seiner Klavierpartnerin. Die Melodie op. 42 Nr. 3 von Peter Tschaikowsky machte Effekt auf ganz andere Art – mit einer süßen, etwas wehmütigen Melodik. Es ist das letzte von drei kleinen Stücken, die er „Souvenir d’un lieu cher“ (übersetzt: Erinnerung an einen geliebten Platz), nämlich das Landgut seiner Gönnerin, nannte. Das Scherzo-Tarantella von Henryk Wieniawski war dann wieder sehr tänzerisch-lebhaft. Wieniawski war ein polnischer Meistergeiger des 19. Jahrhunderts, ein Star, der ausschließlich für seine eigenen Konzerte komponierte. Entsprechend effektvoll war auch das Stück, bei dem manchmal die Geige zweistimmig zu spielen schien. Halt und Gerüst gab die Klavierbegleitung. Die Vocalise von Rachmaninov war eigentlich gedacht als Lied ohne Worte für Singstimme, klingt aber mit der Violine mindestens ebenso gut – eine romantische, einprägsame kleine Melodie. Gleich zwei Stücke von Camille Saint-Saens für Violine und Klavier spielten die Beiden. Das „Caprice d’après l’etude en forme de valse“ war wiederum ein Stück, strotzend vor spektakulären Effekten und Schwierigkeiten, zweistimmigem Spiel und rasend schnellem Tempo. Auch Introduction & Rondo Capriccioso von Saint-Saens bot Artistisches im Wechsel mit schmelzender Melodik. Pablo de Sarasate komponierte die „Zigeunerweisen“ im Stil ungarischer Kapellen – auch das ein „kulinarisches“ Werk, recht geeignet, um die Zuhörer mit Virtuosität zu verblüffen, was natürlich gelang. In der Reihe der Geigenvirtuosen des 19. Jahrhunderts fehlte nur noch Nicolo Paganini. Der kam zum Schluss mit dem „Karneval in Venedig“. Die Melodie ist als „Mein Hut der hat drei Ecken“ bekannt, und Paganini schuf zahlreiche virtuose Variationen davon. Star war hier der Geiger, aber Tatjana Worm-Sawosskaja war eine vorzügliche Begleiterin am Klavier. Wohl bedingt durch die Hitze war das Konzert nicht überfüllt. Die Zuhörer waren – kein Wunder – begeistert, und die beiden Musiker geizten nicht mit Zugaben: Vier waren es.

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