Speyer WM-Spot von der Weinstraße

«Neustadt.» Wenn ab 14. Juni die Fußball-Weltmeisterschaft über die Mattscheiben flimmert, bekommen Millionen Fernsehzuschauer auch Bewegtbilder aus Neustadt zu sehen. Die Agentur Screenday mit Sitz in der Konrad-Adenauer-Straße hat einen Sechs-Sekunden-Werbeclip in 3D für das Unternehmen Bauhaus produziert, der als Einspieler vor, nach und zwischen den WM-Partien gezeigt wird. „Auf so einer Bühne – das ist genial! Wir haben sehr viel Energie da reingesteckt, und wenn das dann viele Millionen jeden Tag sehen – das macht dich schon stolz“, schildert Tino Latzko seine Gefühle. Zusammen mit Peter Hartung betreibt er die Agentur, die seit zehn Jahren im Geschäft ist – und zwar mit wachsendem Erfolg. Bauhaus hat sich neben Bitburger, Coca-Cola und Check24 das Programmsponsoring bei ARD und ZDF gesichert. Sie wissen schon: „Die Fußball-WM in Russland wird Ihnen präsentiert von ...“ Damit sich diese für die Firmen sehr kostspielige Werbeaktion lohnt, muss ein knackiger Spot her, der gut anzuschauen ist und im Gedächtnis bleibt. Die Screenday-Macher haben bereits mit Bauhaus zusammengearbeitet und dabei deren rote Werkzeugkiste zum Leben erweckt – zum Beispiel als Fußball- und Basketballspieler sowie als Biathlet. Nun war etwas Neues gefragt, um sich gegen eine konkurrierende Agentur durchzusetzen. „Wir haben vor der Kiste gesessen und gedacht: Sieht aufgeklappt eigentlich aus wie ein Stadion“, erzählt Latzko. Die zündende Idee wurde verfeinert, herausgekommen ist eine mit 90.000 Fußballfans voll besetzte Bauhaus-Multifunktionsarena in Knallrot und in 3D, die sich in dem Sechs-Sekunden-Clip langsam aufklappt. Das Ganze wurde mit viel Liebe fürs Detail umgesetzt. Die Fans und deren Bewegungen wurden anhand von echten Menschen animiert und vervielfältigt, es gibt Parkplätze, TV-Übertragungswagen, einen See und im Hintergrund eine ganze Stadt: „Jeder Schnipsel ist per Hand gesetzt“, so Latzko. Dafür wurden einige Nachtschichten eingelegt, denn das Okay von Bauhaus kam erst vor wenigen Wochen. Und das Fernsehen saß den kreativen Screenday-Köpfen dann auch gleich im Nacken, weil es die Spots für die WM im Kasten haben wollte. „Wir hatten letztlich ein sehr überschaubares Zeitfenster von drei Wochen zur Verfügung“, sagt Latzko lachend. Zusammen mit einigen erprobten freien Mitarbeitern, die teilweise in Argentinien sitzen, wurde 24 Stunden am Tag in Schichten an dem Spot gefeilt. Das Ergebnis werden Millionen Menschen zu Gesicht bekommen. Der 3D-Bereich ist ein Weg, den die Neustadter in Zukunft verstärkt beschreiten wollen. Latzko ist begeistert von der Entwicklung dieser Technik: „Bald siehst du nicht mehr, ob es ein 3D-Mensch ist oder ein echter“, schwärmt der 40-Jährige. Die Mimik, kleine Details, Härchen, Poren – all das lasse sich immer besser am Computer animieren. „Da stecken wir viel Energie rein“, so Latzko. Dabei übersehen er und Hartung aber auch nicht die Gefahren: Vermeintliche Videobotschaften beispielsweise von Politikern können ins Netz geraten, obwohl es in Wirklichkeit 3D-Animationen seien – Stichwort Fakenews. Natürlich wollen Latzko und Hartung darüber hinaus weiterhin mit echten Menschen arbeiten – dabei ist Sport ebenfalls ein großes Thema. Seit zehn Jahren – und damit genau so lange, wie Screenday existiert – dreht die Agentur Videoclips für die Mannheimer Adler. Diese sind nicht nur regelmäßig bei den Spielen des siebenmaligen deutschen Eishockeymeisters auf dem großen Videowürfel in der SAP-Arena zu sehen, sondern auch vielfältig im Internet. Zuletzt hatten Latzko und Hartung aber einen ehemaligen Fußballer vor der Linse: Philipp Lahm. Der Ex-Kapitän der deutschen Fußball-Nationalelf unterstützt die Internetplattform „Startup Teens“, die junge Menschen mit guten Geschäftsideen fördert. Das Screenday-Team drehte mit dem Weltmeister von 2014 als Hauptdarsteller in München einen Clip für die Videoplattform Youtube: „Wir hatten sehr viel Spaß am Set, Philipp Lahm ist ein toller Typ“, so Latzko. Ebenfalls sehr spannend war für die Neustadter Kreativköpfe die Zusammenarbeit mit einem anderen, noch aktiven Fußballer: Screenday hat die neue Homepage des Bundesligaprofis Kevin-Prince Boateng von Eintracht Frankfurt neu gestaltet. „Er ist ja ein spezieller Typ und wollte was Abgedrehtes. Wir haben da fast eine eigene Welt erschaffen“, erzählt Hartung. Besucher der Webseite werden durch eine virtuelle Villa geführt, können verschiedene Räume betreten und dabei vieles über die Karriere und das Leben Boatengs erfahren. Dabei tritt der frühere ghanaische Nationalspieler immer wieder selbst auf – als aufwendige 3D-Animation. Als Grundlage dafür drehte das Screenday-Team Videosequenzen mit Boateng an seinen früheren Stationen Mailand, Berlin und Schalke – aber auch in Neustadt. Hier stand ein Drehtag in der ehemaligen Ibag-Halle in Branchweiler auf dem Programm, und wer genau hinschaut, kann sie in einigen Sequenzen auf Boatengs Homepage auch wiedererkennen. Weitere bekannte Kunden waren oder sind der 1. FC Kaiserslautern, Karamalz, Eichbaum, Kaiserdom Speyer Virtuell, Chako Habekost oder auch die Bäckerei Görtz. Dass sie ihren Standort in Neustadt und nicht in einer Metropole haben, sehen Hartung und Latzko nicht als Nachteil. Ihnen gefällt es hier, man könne nach vielen Stunden am Computer hervorragend abschalten. Allerdings sei es nicht einfach, hier geeignete Mitarbeiter zu finden. Doch das könne man ändern, glaubt Latzko: „Es gibt hier viel Potenzial, um eine innovative Industrie anzusiedeln. Neustadt könnte ein kleiner Geheimtipp werden.“ Oberbürgermeister Marc Weigel interessiere sich für solche Dinge: „Da setzen wir viel Hoffnung drauf.“

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