Zweibrücken Erzieher fühlen sich überfordert

Aufgabe des Kindergartens sei es, die Bausteine zu legen für die schulische Entwicklung, doch bei vielen Kindern aus Migrantenfa
Aufgabe des Kindergartens sei es, die Bausteine zu legen für die schulische Entwicklung, doch bei vielen Kindern aus Migrantenfamilien fehle einfach der Wortschatz, sagt Daniela Kroiß, Leiterin des Pirmasenser Luther-Kindergartens.

Emotional haben Erzieherinnen am Montag im Pirmasenser Stadtrat Probleme in den städtischen Kindergärten geschildert. Als die rechtsextreme Wir-Fraktion versuchte, die Vertreter der Kindergärten vor ihren Karren zu spannen, wehrten sich diese mit Vehemenz. Markus Walter (NPD) kassierte einen Ordnungsruf, als er Gerhard Hussong (SPD) einen Trottel nannte.

Die Stimmung im Pirmasenser Stadtrat kippte am Montag, als Andreas Burkhardt das Wort ergriff. Der Vorsitzende der Wir-Fraktion (vorher Republikaner) versuchte, aus den Schilderungen von Erzieherinnen über Probleme mit Flüchtlingskindern in den städtischen Kindergärten Kapital zu schlagen für seine ausländerfeindliche Haltung. Seine Tiraden beschrieb Gerhard Hussong als „braune Soße“, woraufhin Burkhardt die Fassung verlor und laut herumschrie. Sein Fraktionskollege Markus Walter (NPD) eilte ihm verbal zu Hilfe und giftete Hussong an: „Dieser Trottel“ habe nichts kapiert. Daraufhin gab es von Bürgermeister Markus Zwick (CDU) einen Ordnungsruf. Auch die Vertreter der Kindergärten reagierten empört auf die Einwürfe Burkhardts. So sehr sie zuvor die Probleme in den Mittelpunkt gestellt hatten, die sie mit Migranten haben, so sehr wiesen sie nun auf die andere Seite ihrer Arbeit hin: auf die Herzlichkeit, die viele Kinder mitbringen (Sieglinde Geßner-Mlinaric, ökumenischer Kindergarten auf dem Kirchberg), und die Dankbarkeit der Familien dafür, dass ihren Kindern im Kindergarten eine Chance gegeben wird (Ingrid Zimmermann, Johannes-Kindergarten). Mathias Detzen, Leiter des protestantischen Verwaltungsamts Pirmasens, stellte klar: Für ausländerfeindliche Parolen werde man sich nicht hergeben. Dem Eklat vorausgegangen war eine emotionale Bestandsaufnahme der Erzieher über die Probleme mit Migrantenkindern in den Pirmasenser Kindergärten. Gefordert wurden mehr Personal und mehr Geld. Sieglinde Geßner-Mlinaric beschrieb die widrigen Umstände: Dass ständig zwei Erzieher in einer Gruppe sind, funktioniere nicht, weil Elterngespräche geführt werden müssen oder Entwicklungsgespräche mit Ärzten und Therapeuten; weil die Öffnungszeiten (9,5 Stunden) länger sind als die Arbeitszeiten (7,5 Stunden); weil es durch Überlastung einen hohen Krankenstand gebe; und weil Erzieher Urlaub haben, auf Fortbildung sind oder Überstunden abbauen. „Wir können das nicht mehr leisten. Wenn das so weitergeht, kippen uns die Erzieherinnen weg“, so Geßner-Mlinaric. Ingrid Zimmermann verwaltet den Mangel. „Fast täglich stehen geflüchtete Familien bei uns, die einen Platz suchen für ihre Kinder“, erzählte sie. Aber Aufnahmegespräche seien ohne Dolmetscher kaum möglich. Und bei über 100 Anmeldungen sei die Chance, schnell einen Kindergartenplatz zu bekommen, gering. Zu schaffen machten die Sprachprobleme, hinzu kämen kulturelle Dinge wie Pünktlichkeit oder Respekt vor Frauen. Auch deutsche Familien erschwerten die Integration, weil sie sich auf Ausländer nicht einlassen wollen, berichtete Zimmermann. Daniela Kroiß, Leiterin des Luther-Kindergartens, sprach Platzprobleme an: „Wir sind bis unters Dach voll!“ Über 90 Kinder stünden auf der Warteliste. Aufgabe des Kindergartens sei es, die Bausteine zu legen für die schulische Entwicklung, doch bei vielen Kindern fehle einfach der Wortschatz. Für Simone Guth, Leiterin des Nardini-Kindergartens, gibt es viele schöne Erlebnisse mit Kindern aus Migrantenfamilien. Die Sprache sei das größte Problem. „Wir behelfen uns mit Eltern, die für andere Eltern übersetzen“, denn es fehlten Dolmetscher. Hinzu kämen kulturelle Hindernisse. Ein Vater sei beispielsweise empört gewesen, dass seine Tochter mit offenen Haaren herumlief. Bettina Walnsch von der städtischen Jugendpflege wies darauf hin, dass sich die Probleme mit Migrantenkindern auf die innerstädtischen Kindergärten konzentrierten. Es habe den Versuch gegeben, diese Kitas zu entlasten, aber das Angebot, Kinder mit dem Bus in den Kindergarten in Niedersimten zu fahren, sei kaum angenommen worden.

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