Zweibrücken Mit dem Rad von Reparaturcafé zu Reparaturcafé

Michel Heftrich tourt mit einem Rad durch Europa, von Reparaturcafé zu Reparaturcafé, um die Idee bekannter zu machen.
Michel Heftrich tourt mit einem Rad durch Europa, von Reparaturcafé zu Reparaturcafé, um die Idee bekannter zu machen.

Michel Heftrich tourt seit März mit einem Fahrrad durch zehn europäische Länder, um ein Reparaturcafé nach dem anderen zu besuchen. Mehr als 50 sollen es insgesamt werden. Im Juni schaut er beim Zweibrücker Reparaturcafé vorbei.

„Ich glaube, es ist mir in die Wiege gelegt, mich mit dem Reparieren zu befassen, aus der Not heraus“, erzählt Michel Heftrich. „Ressourcenschonend“ sei er groß geworden, erinnert sich der 65-jährige Luxemburger, aufgewachsen in einer Arbeiterfamilie mit sechs Kindern. Die Kleidung sei vom Ältesten nach unten durchgereicht worden, und neues Spielzeug hätten die Eltern auch nicht kaufen können. Heftrich: „So habe ich ganz früh angefangen, mir aus alten Sachen was Neues zu basteln oder kaputte Sachen wie ein altes Fahrrad so zu reparieren, dass ich es benutzen konnte. Das hat sich wie ein roter Faden durch mein ganzes Leben gezogen.“

Zunächst habe er als Metalldreher gearbeitet, dann aber mit 30 Jahren umgeschult und den Beruf gewechselt. 27 Jahre lang, bis zu seiner Rente, habe er in einem Luxemburger Sozialprojekt seine Berufung gefunden, ein Projekt, „das die Landstreicher von der Straße holte und ihnen Arbeit gab“, etwa mit dem Instandsetzen von Gebrauchsgegenständen, fasst Heftrich zusammen. Nebenberuflich habe er sich in kulturellen Projekten engagiert und 2013 zusammen mit einem Freund „das erste Reparaturcafé in Luxemburg gegründet“.

Mehr Leistung , als die Polizei erlaubt

„Es geht nicht nur ums Reparieren, es geht darum, dass man etwas gemeinsam macht, zusammen mit dem Kunden“, erklärt Heftrich. Das sei besser, als wenn der Kunde sein Gerät nur abgebe und es dann wieder abhole. Zusammen zu reparieren sei eine „wohltuende Geschichte“. Manchmal freue er sich mehr als der Kunde über eine gelungene Reparatur. Bei seiner Tour wolle er auch zeigen, dass Reparieren der Kreislaufwirtschaft diene, Rohstoffe, die Umwelt und den Geldbeutel schone.

Insgesamt 5555 Kilometer will Heftrich auf seinem Rad durch zehn europäische Länder – Österreich, Deutschland, Dänemark, Holland, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Schweiz, Liechtenstein, Italien – unterwegs sein. Gestartet ist er im März in Wien – Österreich ist seit acht Jahren der Liebe wegen seine neue Heimat – und dort will er Anfang August auch wieder ankommen. Mit einem E-Vollkabinenfahrrad sei er losgezogen, dann aber schon ziemlich bald von der deutschen Polizei angehalten worden, er dürfe sich mit 600 Watt Dauerleistung nicht in den deutschen Straßenverkehr begeben, da seien nur 250 Watt Dauerleistung erlaubt. Also habe er das Vollkabinenfahrrad stehen lassen müssen. „Das ist in der Nähe von Coburg passiert, aber ein Mann hat mir sein Lastenfahrrad mit Dach drüber vermietet. Das war ein Glücksfall“, ist Heftrich dankbar für das Ersatz-Gefährt, „mit dem ich hoffentlich auch die Berge hochkomme“.

Cafés machen Sondertermine

Voller Begeisterung erzählt er von den Begegnungen unterwegs, etwa in einem Kinderreparaturcafé in Amstetten bei Linz, in München mit jungen Fahrrad-Reparateuren, die bei eisigen Temperaturen im Freien werkelten, mit einem „extrem hilfsbereiten Mann mit einem großen Wissen. Allein dafür hat sich die Reise schon gelohnt“. Eine Frau habe aus alten Textilien neue Sachen genäht, das habe ihn beeindruckt. „Upcycling“ nenne man das, quasi der moderne Begriff für „Aus Alt mach Neu“. Er selbst sei eher auf der mechanischen Seite zuhause, seine Stärke sei die Improvisation, er wolle aber „unbedingt dazulernen, besonders im elektrischen Bereich“, sagt Heftrich.

Wenn er zu den Reparaturcafés komme, dann lege er im Regelfall nicht selbst Hand an, sondern schaue nur zu. „Außer, wenn nicht genug Leute da sind und viele Kunden“. Ihm gehe es darum, bei seiner Tour fürs Reparieren zu sensibilisieren, die Idee bekannter zu machen, mehr Leute dafür zu begeistern. Viele Reparaturcafés, so auch das in Zweibrücken, gewährten ihm Sondertermine, weil es sonst gar nicht möglich gewesen wäre, eine vernünftige Tour zusammenzustellen; die meisten Treffs öffneten nur einmal im Monat.

Pionierarbeit

Heftrich geht davon aus, „der Erste zu sein, der eine solche Tour macht“. Schon 2019 habe er die Idee dazu gehabt, doch Corona habe ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht und er habe seinen Aufbruch mehrfach verschieben müssen. Die Tour könne er sich nur erlauben, weil er Rentner ist. Dass es sich um ein zeitlich befristetes Projekt handele, sei ihm sehr recht, denn er habe sich zuvor mit seinen vielen nebenberuflichen sozialen Projekten „zu viel aufgeladen“. Zudem sei er auch noch im Gemeinderat und in der Gewerkschaft aktiv gewesen. Er habe „bremsen müssen“. Außerdem warte im Südburgenland „das nächste große Ding“ auf ihn, eine alte Mühle, die er restaurieren wolle, „um dort eine offene Werkstatt zu machen“, kündigt Heftrich an.

Info

Michel Heftrich ist am Donnerstag, 22. Juni, von 17 bis 20 Uhr beim Zweibrücker Reparaturcafé im Hauptbahnhof zu Gast. Anmeldungen für den Reparatur-Termin sind über das Kontaktformular möglich kontakt@reparaturcafe-zw.de oder telefonisch unter 06332/50132.

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