Zweibrücken Muezzin-Rufe, Glockenspiele, humorvolles Grauen

Das Homburger Sinfonieorchester präsentierte sich am Samstagabend im Saalbau in glänzender Form. Dabei mussten die 70 Musiker, die sich regelmäßig aus dem Bereich von Saarbrücken bis Kaiserslautern zu ihren Proben treffen, Schwerstarbeit leisten.

Denn sie hatten sich nicht nur mit dem Notenmaterial der mächtigen Sinfonie Nr. 5 von Peter Tschaikowsky auseinander zu setzten. Vielmehr bildeten sie vorher den orchestralen Hintergrund bei drei Uraufführungen, den Ergebnissen des Kompositions-Wettbewerbs „Gratwanderung“ der Stadt Homburg und des Orchesters . Dabei erklangen erstmals Werke von jungen Komponisten, deren Qualität die Jury mit zwei ersten und einem dritten Preis auszeichneten. Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind überreichte den Komponisten die Preisurkunden. Es spricht für die inspirierende, hilfreiche, raumgreifende und mitreißende Arbeit des Dirigenten Jonathan Kaell, dass sich das Orchester mit großer Intensität und sicherem Klanggefühl den ungewohnten Klangräumen aussetzte. Zusammen mit dem bravourösen Saxofon-Interpreten Guy Goethals, Professor für Saxofon am Konservatorium in Luxemburg, entstanden so stimmige, eindringliche, mit ungewohnten klanglichen Möglichkeiten versehene Interpretationen, die sowohl von den Musizierenden als auch von den 500 gespannt lauschenden Besuchern viel Konzentration verlangten. Martin Sadowskis „Concertino“ (erster Preis) imponierte durch das weite Klangspektrum, durch Rhythmus und Klangfarben und den Einsatz verschiedener Saxofone. Nach Aufschreien des Orchesters und starker Einsätze der Schlaginstrumente führte eine kleine Solomelodie des Saxofons in die Stille. „Hora“ von Maximilian Guth (erster Preis) ging auch mit einem leisen Schluss-Solo in die meditative Szenerie. Zuvor erlebte man eine musikalische Gratwanderung zwischen dem gemeinsamen Erleben der Schriftreligionen, meinte Muezzin-Rufe und viele Glockenspiele zu vernehmen. „Groteske“ (dritter Preis) von Moritz Lassmann, eine originelle, rhythmisch-melodische „Vereinigung von Komik und Grauen“ (so steht es im ausführlichen Programmheft) erhielt den Publikumspreis. Das Konzert hatte mit der „Candide“-Ouvertüre von Leonard Bernstein schwungvoll begonnen, nahm dann die drei Uraufführungen in die Mitte, um das Publikum mit der klangprächtigen fünften Sinfonie von Tschaikowsky, einem der Schlachtrösser der Sinfonik, in den nasskalten Abend zu entlassen. Kaell hatte sein Orchester intensiv vorbereitet auf diese für Amateure außerordentlich anspruchsvolle und anstrengende Aufgabe . Er konnte sich dabei auf ein in allen Stimmen sehr gut besetztes Ensemble verlassen, das auf seine Hinweise spontan reagierte und sie in Klang umsetzte. Es entwickelte sich eine aufregende fünfte Sinfonie, bei der das Orchester schlank, warm und ausdrucksvoll blieb – auch im Getümmel des Finalsatzes. Die Wiedergabe wirkte sehr sicher, in allen Phasen genau überlegt und kontrolliert, gesund und urwüchsig. Kaell stellte absolute Musik vor, belastete nichts mit einem Programm und kam so zu einer durchaus auch scharfkantigen Wiedergabe. Die Zuhörer freundeten sich schnell mit diesem klangschönen Tschaikowsky an und dankten mit stürmischem Beifall für diese großartige Leistung. Radio Der Saarländische Rundfunk hat das Konzert für SR2 Kultur-Radio aufgenommen. Der Sendetermin steht noch nicht fest.

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