Zweibrücken Prozess um Spundwand am Schwarzbach: Urteil Ende August

Wohnungseigentümer Wolfgang Schlachter (links) und sein Anwalt Horst Klesen am Dienstag im Zweibrücker Landgericht.
Wohnungseigentümer Wolfgang Schlachter (links) und sein Anwalt Horst Klesen am Dienstag im Zweibrücker Landgericht.

Hat der Bau einer Spundwand am Schwarzbachufer ein angrenzendes Wohnhaus einsturzgefährdet gemacht? Das Zweibrücker Landgericht entscheidet erst im Herbst.

Im Mai 2021 hatten Bauarbeiter damit begonnen, am Schwarzbach entlang der Schillerstraße eine marode Uferbefestigung, eine sogenannte Spundwand, durch eine neue Stahlbegrenzung zu ersetzen. Was folgte, waren zwei Baustopps und massive Schäden am ufernahen Mehrfamilienhaus Schillerstraße 5: Zentimeterdicke Risse ziehen sich quer über die Gebäudewände, ein Spalt hat sich im angrenzenden Hof mit Garage gebildet. Was ebenfalls folgte, sind ein Konflikt der Stadt mit der von ihr für den Spundwand-Neubau beauftragten Firma sowie ein Rechtsstreit der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) Schillerstraße mit der Stadt. Diese als Auftraggeberin der Bauarbeiten wird von der WEG als Mitverursacher der gravierenden Gebäudeschäden angesehen, die am Haus für drohende Einsturzgefahr sorgen.

Hausverwalter Wolfgang Schlachter und sein Rechtsanwalt Horst Klesen vertraten am Dienstag die WEG bei deren Klage gegen die Stadt vor dem Landgericht Zweibrücken. Weil die Versicherung der Stadt keinen Zusammenhang der Gebäudeschäden mit den Bauarbeiten erkennen will, hat die WEG die Stadt Zweibrücken verklagt. Die Hausbesitzer müssen gerichtlich beweisen, dass die Spundwand-Arbeiten derart starke Erschütterungen ausgelöst haben, dass das Erdreich sich senkte und das Haus Schillerstraße 5 dadurch demoliert wurde.

Vor dem Landgericht Zweibrücken wiesen am Dienstag drei Fachleute, die als Zeugen beziehungsweise Sachverständige aussagten, die im Raum stehende Behauptung zurück, die dicken Risse hätten angeblich längst existiert, schon bevor die neue Spundwand in die Uferböschung gerammt wurde. Denn in diesem Fall, so die Gutachter Matthias Vogler und Anke Werner vom Ingenieurbüro Katzenbach, wären die Schäden vorab von den Spundwand-Bauverantwortlichen gewiss dokumentiert worden – eben zum Beweis, dass die Risse und Senkungen ja bereits da waren.

Wurde der Baugrund nicht richtig untersucht?

Der Lauterer Bauingenieur Kai März nannte es „unerlässlich“, dass man die Beschaffenheit des jeweiligen Baugrunds vor Beginn solcher Arbeiten genau untersucht. März bezweifelt, dass dies hier im vollen gesetzlich geforderten Umfang geschehen ist. Die Baufirma habe den Auftrag gehabt, die neue Spundwand auf möglichst erschütterungsarme Weise in den Uferboden zu treiben. Den hierfür offenbar eingesetzten Hochfrequenz-Rüttler, der auf Fotos von der Baustelle zu sehen ist, hält Anke Werner keineswegs für erschütterungsarm. Und der Verdacht, dass das Erdreich, auf dem das Haus Schillerstraße 5 steht, vor Baubeginn nicht sorgfältig genug geprüft worden sein könnte, wurde von den drei Zeugen zumindest nicht ausgeräumt. „Ich hätte vorab über die gesamte Spundwand-Länge Messbohrungen im Boden gemacht“, sagte Anke Werner. Was man im Bereich des Hauses Schillerstraße 5 offenbar erst nachgeholt habe, als bereits der erste Baustopp verhängt war.

März und die beiden Katzenbach-Gutachter sind sich darin einig, dass die Senkungen von einer oder mehreren möglichen Ursachen ausgelöst worden sein könnten: durch zu starke Erschütterungen beim Einrammen der Stahl-Spundwand, durch den Einsatz von unverrohrten Befestigungsankern, der zum Nachrutschen von Erdreich und Schlamm führen kann, sowie durch die Wegnahme von Fundamenten beim Unterwasseraushub zwischen der alten und einer zeitweise eingesetzten Behelfsspundwand.

Löcher in der Spundwand

Kai März ist auch aufgefallen, dass unterhalb des Grundwasserspiegels Löcher in die Spundwand gebohrt worden seien: Durch diese dringe Flusswasser ins Ufer hinter der Wand ein. Dort staue es sich einen Meter höher als das Schwarzbach-Niveau. Was das Erdreich weiter aufweiche.

Als die Zeugen ausgesagt hatten, ging der Vorsitzende Richter Peter Ehrmantraut am Dienstagnachmittag davon aus, dass das Gericht nun bald sein Urteil werde sprechen können. Doch diese Rechnung hatte er ohne die Anwälte der Stadt Zweibrücken gemacht: Die Advokaten verlangen, dass auf Grundlage des Protokolls der Verhandlung vom Dienstag zuerst noch ein Sachverständigengutachten verfasst wird. Dies dürfte Monate in Anspruch nehmen; Richter Ehrmantraut wird sein Urteils daher erst am 30. August verkünden können.

Nach Baubeginn im Mai 2021 hatte sich der Untergrund am Schwarzbach gesenkt; zwei Baustopps wurden verhängt. Seit März 2022 steht die Baustelle still. Laut Stadtverwaltung soll sich das Erdreich seit den Baustopps nicht mehr bewegen. So seien vorerst ein weiteres Abrutschen des Ufers oder Senkungen nicht zu befürchten.

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