Zweibrücken Schornsteinfeger Gießen hängt den Zylinder für immer an die Wand

Wolfgang Gießen (rechts) wurde am 27. Juni nach 30 Jahren als Bezirksschornsteinfeger im Zweibrücker Rathaus in den Ruhestand ve
Wolfgang Gießen (rechts) wurde am 27. Juni nach 30 Jahren als Bezirksschornsteinfeger im Zweibrücker Rathaus in den Ruhestand verabschiedet. Links neben ihm steht sein Mitarbeiter Christian Bernd.

Nach 50 Jahren als Schornsteinfeger ist Wolfgang Gießen statt an den Zweibrücker Kaminen nun in seinem Wohnmobil anzutreffen. Im Beruf hat er manchen Wandel mitgemacht.

Genau dort, wo Wolfgang Gießen vor 30 Jahren zum Bezirksschornsteinfeger in Zweibrücken ernannt worden war, wurde er vergangene Woche von Oberbürgermeister Marold Wosnitza und der Beigeordneten Christina Rauch in den Ruhestand verabschiedet. Nämlich im Kleinen Sitzungssaal des Rathauses. Für Gießen fand die Verabschiedung aus noch zwei anderen Gründen an symbolträchtiger Stelle statt. Denn dort steht ein historischer Kachelofen, der laut Gießen bei ordentlichem Kaminanschluss und Feuerstättenschau sogar heute noch betrieben werden dürfte – mit Bestandsschutz. Und neben dem Kachelofen hängt ein Porträt des ehemaligen Oberbürgermeisters Werner von Blon, der Gießen vor 30 Jahren verpflichtet hatte.

Der heutige Oberbürgermeister Wosnitza überreichte Gießen im Beisein von dessen Mitarbeiter Christian Bernd die Entlassungsurkunde. Den Ruhestand weiß Gießen gut zu nutzen: Neuerdings besitzt er ein Wohnmobil. Mit dem fährt er mit seiner Familie und ab und zu auch mal mit den Enkeln in Urlaub. An der Mosel war er damit schon. Und ein Enkel lebt in den USA – ihn möchte er demnächst mal wieder besuchen. Zudem fährt er gerne und viel Fahrrad.

Der Herr des Kehrbezirks II

50 Berufsjahre hat Wolfgang Gießen, der in Contwig wohnt, vollgemacht. Der gebürtige Stambacher begann seine Schornsteinfegerlehre 1974 in Eppenbrunn. Nach mehreren Stationen in Windsberg zog es ihn nach der Meisterprüfung 1991 erstmals nach Zweibrücken, dann als Bezirksschornsteinfeger nach Kirchheimbolanden. Nach drei Jahren dort wurde er am 1. März 1995 in Zweibrücken zum Bezirksschornsteinfeger des Kehrbezirks II ernannt.

„Wolfgang Gießen erlebte in einem halben Jahrhundert in seinem Beruf den Wandel der Heiztechniken und damit auch die Auswirkungen des Klimawandels hautnah mit. Von Holz und Öl über Gas bis zum Vormarsch der Wärmepumpen. Mit Wolfgang Gießen verlieren wir große Expertise in diesem Berufsfeld“, meinte Wosnitza. Ein Nachfolger für Wolfgang Gießen steht noch nicht fest.

Besondere Erlebnisse

Besondere Erlebnisse hatte der Schornsteinfeger öfter. Kam er zum Beispiel zufällig in eine Geburtstagsrunde, hätten sich die Leute sehr gefreut und den Besuch als glückliche Fügung für das Geburtstagskind gewertet. „Ich habe in den vielen Jahren viele Menschen kennengelernt, zu denen ich bis heute private Kontakte pflege“, sagt Gießen. Auch eher unerfreuliche Momente gab es zu meistern, etwa mehr als einen Kaminbrand, und das auch mal nachts oder am Wochenende.

In seinen 50 Berufsjahren hat sich vieles geändert. „Es wird immer schlimmer. Ist man früher, als ich in Kirchheimbolanden war, abends nach Hause gekommen, hatte man seinen Quittungsblock, machte einen Strich darunter und war fertig. Heute schreibt man nach dem Außendienst noch zwei Stunden Rechnungen, Feuerstättenbescheide und so weiter. Der bürokratische Aufwand wird immer größer“, berichtet Gießen. Das wisse auch der Nachwuchs: Den gebe es in seinem Bezirk noch, aber in anderen Bezirken seien heute keine jungen Mitarbeiter mehr zu finden.

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