Bipontina-Berichte Was ein Pergament von der Geistlichen Geißel erzählt

Auf Grundlage der Zweibrücker Handschrift 33 hat Alrun Frings zur Geistlichen Geißel promoviert.
Auf Grundlage der Zweibrücker Handschrift 33 hat Alrun Frings zur Geistlichen Geißel promoviert.

Ein Schatz in den Beständen der Bipontina ist die Zweibrücker Handschrift 33. Studentin Alrun Frings berichtet über das Dokument spätmittelalterlicher Klosterkultur.

Die Zweibrücker Handschrift 33 ist eine Pergament-Handschrift aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Diese Sammelhandschrift enthält verschiedene deutschsprachige Texte zur spirituellen Erbauung im Kloster: Neben Betrachtungen über das Leiden Christi oder eine Aufzählung von Dingen, die Sterbende zur Erlangung des ewigen Lebens tun sollen, gehört dazu auch die Abhandlung von der Geistlichen Geißel. Dieser Text ist Gegenstand meines Dissertationsprojekts.

Im Text wird eine Geißel sinnbildlich im Hinblick auf die Tugenden gedeutet, nach denen ein Mensch im Kloster leben soll. Zur Verdeutlichung enthält die Handschrift eine Illustration: Der geflochtene Stab der Geißel steht für die eng miteinander verknüpften Tugenden der Gottes- und der Nächstenliebe, die Schnüre für Demut, Geduld, Gehorsam, Armut, Mäßigung und Keuschheit. Die Beschäftigung mit diesen Tugenden soll eine ähnliche Qual wie die körperliche Geißelung sein. Mit dem Unterschied, dass statt des Körpers die Seele gezüchtigt wird und statt Blut die Todsünde aus dem Menschen fließt.

Abkehr von der Mystik

Damit wendet sich die Abhandlung gegen die körperliche Selbstgeißelung, wie sie einige Geistliche im Zuge der dominikanischen Mystik praktizierten. Um solche spirituellen Praktiken zu unterbinden, entstand im 15. Jahrhundert eine klösterliche Reformbewegung, die eine Rückkehr zum ursprünglichen Gelübde – mit Gehorsam, Armut, Keuschheit – und eine weitgehende Abkehr von der Mystik forderte. Um diese Inhalte einem breiten klösterlichen Publikum zu vermitteln, wurden sie häufig in der Volkssprache anhand bereits bekannter Konzepte oder Gegenstände aufbereitet.

Die Zweibrücker Handschrift 33 sticht aus den 14 Handschriften heraus, die den Text überliefern: Als einzige ist sie nicht auf Papier, sondern auf dem deutlich teureren (aber auch haltbareren) Pergament geschrieben. Das deutet darauf hin, dass sie von vornherein als wichtiges Buch konzipiert war, das robust sein musste, um häufiger Benutzung standzuhalten.

Wichtiges Dokument der Reformbewegung

Durch mein Dissertationsprojekt möchte ich die Abhandlung von der Geistlichen Geißel der Forschung als wichtiges Dokument der Reformbewegung zugänglich machen. Dabei ist die Zweibrücker Handschrift von großer Bedeutung: zum einen als bedeutender Textzeuge, zum anderen aber auch, weil ich durch die Kooperation der Universität des Saarlandes mit der Bibliotheca Bipontina mit dem Text überhaupt erst in Berührung gekommen bin. Ohne den gut erreichbaren Altbestand der Bipontina wären solche Projekte viel schwieriger umzusetzen oder würden erst gar nicht mehr entstehen.

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