Zweibrücken Wenn ein Kuhhorn zur Flöte wird

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Die Geschichte der Menschheit ist stets mit Musik verbunden. Man weiß zwar, dass bereits im Altertum musiziert wurde, zuverlässige Aufzeichnungen darüber gibt es aber erst seit rund 1000 Jahren. Genau diesen Zeitraum hatte sich das Ensemble Artonal am Sonntag ausgesucht, um es den rund 70 Besuchern im Bürgerhaus Althornbach zu präsentieren. Und das unter dem Titel „Ich höre was, was du nicht siehst“.

Um es gleich vorweg zu sagen, es war ein bemerkenswerter Auftritt, den die sieben Musiker auf die Bühne brachten. Artonal ist ein Projekt rund um die Familie Pallmann aus Landstuhl. Vater Joachim sitzt am Klavier, Mutter Monika bläst diverse Flöten und Hörner, Tochter Charlotte bedient das Cello, und Sohn Max erlebt man mit Vibraphon und traditionellen Rhythmusinstrumenten. Dazu gesellen sich Sängerin Maren Syväri, Perkussionist Christoph Thomas und an der Klarinette und dem Saxophon Christine Kupperroth. Das ergab auf der Bühne in Althornbach einen eindrucksvollen Aufbau an bekannten und weniger bekannten Instrumenten. Verblüffend war an diesem zweistündigen Abend die musikalische Vielfalt. Und dass das Ensemble diese recht unterschiedlichen Stilrichtungen jeweils in Perfektion beherrschte. Eindrucksvoll schon der Auftakt mit „O ecclesia oculi tui“, das der heiligen Hildegard von Bingen (1098-1179) zugesprochen wird. Ein Stück, das ebenso wie Kompositionen aus der englischen Renaissance von Joachim und Max Pallmann neu arrangiert wurde. Zu hören waren sehr authentische Interpretationen, die für heutige Ohren eher fremd, aber dennoch spannend klangen. Der Ausflug in ferne musikhistorische Epochen endete mit dem Präludium von Johann Sebastian Bach, an dem man an diesem Abend in Althornbach ganz neue Aspekte entdecken konnte. Sängerin Maren Syväri entpuppte sich als überaus talentierte Interpretin, die mit Leichtigkeit die radikal unterschiedlichen Stücke zum Vortrag brachte. Sehr schön der Ausflug nach Irland, der neben Traditionals auch ein Stück von Loreena McKennitt vorstellte. „Penelope`s Song“, eine Ballade im keltisch-irischen Stil, gehörte mit Sicherheit zu den Glanzpunkten des Abends. Dann kurz vor Ende des ersten Teils ein Lied, das nicht enden wollenden Applaus provozierte: „Smile“ von Charlie Chaplin. Perfekt versetzen Sängerin und Ensemble die Zuhörer in die Zeit der 40er Jahre. Ein fröhliches „Mazel Tov“ als jiddisches Traditional entließ die Konzertgäste schließlich in die Pause. Zum Auftakt des zweiten Teils ging es dann in neuere musikalische Zeiten. Etwa mit Frank Zappas „Blessed Relief“ und „Molde Cantiche“ von Jan Garbarek. Nicht nur Sängerin Maren Syväri bewies dabei brillante Leistungen, auch die anderen Mitglieder von Artonal begeisterten sowohl durch ihr solistisches Können als auch durch die Fähigkeit des perfekten Ensemblespiels. So blies etwa Monika Pallmann sogar auf einem zur Flöte umgebauten Kuhhorn und erzielte erstaunliche Klangeffekte. Generell war es das große Talent der Musiker, den jeweiligen Stil einer Epoche oder einer Region auf den Punkt genau zu treffen. Christoph Pallmann etwa nutzte die Möglichkeiten seines Keyboards, von klassischem Klavierklang bis hin zur Anmutung einer Harfe die jeweils passende Stimmung zu erzeugen. Max Pallmann hingegen entlockte seinem eindrucksvollen Vibraphon ganz entrückte Klänge, bewies aber auch als Schlagzeuger auf zwei archaischen Trommeln großes Talent. Fast immer im Einsatz und dennoch in den Hintergrund verbannt war Perkussionist Christoph Thomas. Ohne seine feinfühligen Rhythmen wäre der Abend weniger reizvoll verlaufen. Ebenso ohne das einfühlsame Spiel von Cellistin Charlotte Pallmann und die Bläsereinsätze mit Klarinette und Saxophon von Christine Kupperroth. Am Ende applaudierte das Publikum im Stehen – wohlverdient für ein außergewöhnliches Ensemble mit bemerkenswerter Musikalität.

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